Es ist ein bizarres Bild, das der US-Bankensektor gerade bietet. Eine Regionalbank nach der anderen gerät ins Taumeln. Die US-Einlagensicherung muss regelmäßig eingreifen. Angeschlagene Banken wechseln teils via Notrettung die Eigentümer, Kunden ziehen massenhaft Geld aus den wackelnden Instituten ab. An den Börsen stürzen die Kurse der Häuser ab, Shortseller wetten gegen die strauchelnden Banken. Und was macht die Politik? Sie betont laufend, wie stabil der Sektor ist. Zuletzt tat dies Jerome Powell nach der Zinssitzung am Mittwoch. Das Bankensystem sei "robust und widerstandsfähig", sagte der Chef der US-Notenbank Fed.

Bank gerettet, Problem vertagt: eine Filiale die Silicon Valley Bank.
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Dabei hat sich bei den Regionalbanken ein Risiko aufgebaut, das nicht mehr negiert werden kann. Sie sind es, die auf die Finanzierung von Gewerbeimmobilien spezialisiert sind. Laut der Bank of America halten die US-Regionalbanken fast 70 Prozent dieser Kredite in ihren Büchern. Vergeben wurden viele dieser Finanzierungen im Nullzinsumfeld – heuer müssen Kredite von rund 450 Milliarden Dollar refinanziert werden. Und das in einem Zinsumfeld, das plötzlich zwischen fünf und 5,25 Prozent liegt. Es liegt auf der Hand, dass es hier zu Problemen kommt. Die Leerstandsquote bei Büros oder im Einzelhandel ist noch dazu so groß wie zuletzt in den 1980er-Jahren. Die Allianz schätzt, dass die Werte von US-Gewerbeimmobilien seit der Zinswende um 30 Prozent eingebrochen sind.

Problem der Staatsanleihen

Hinzu kommt das Risiko in den Büchern der Banken durch deren hohen Besitz an Staatsanleihen. Mit den Zinserhöhungen sind die Kurse dieser Papiere gefallen – also weniger wert geworden. Die Banken sitzen aktuell auf hypothetischen Verlusten von 600 Milliarden Dollar, wie Bloomberg errechnet hat. Muss eine Bank die Anleihen verkaufen, wie es bei der Silicon Valley Bank (SVB) der Fall war, werden die Verluste realisiert.

Die Lösung der Politik? Sie verschiebt das Problem auf später. Nach der SVB-Rettung, die das Problem der Staatsanleihen als stille Lasten offenbart hat, beschlossen die US-Regulierer, dass Staatsanleihen trotz ihres Verfalls zum Nominalwert (also nicht zum aktuellen Marktwert) weiter als Sicherheit für Kredite hinterlegt werden dürfen.

Vor dem Risiko, das sich hier aufbaut, die Augen zu verschließen ist verantwortungslos. Eine Rezession, die ob der hohen Zinsen erwartet wird, wird wie ein Brandbeschleuniger wirken. Dann fallen die US-Banken wie Dominosteine. Ein regionales Problem wird es dann nicht mehr bleiben. (Bettina Pfluger, 5.5.2023)