Von Dienstag bis Donnerstag finden die ÖH-Wahlen statt. Bei der letzten Wahl im Jahr 2021 gingen nur rund 16 Prozent der wahlberechtigten Studierenden zur Wahl.

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Nur jede oder jeder Sechste hat bei der letzten Wahl der Österreichischen Hochschülerschaft im Jahr 2021 eine Stimme abgegeben. Für Kritikerinnen und Gegner schwächt dieses Desinteresse der Studierenden die Legitimation der Interessenvertretung – manche rufen sogar nach deren Abschaffung oder wollen zumindest das Ende der Pflichtmitgliedschaft.

Aber diese Forderung ist grundfalsch. Zu den Wahlen der Arbeiterkammer und der Wirtschaftskammer gehen ähnlich wenige. Ihre Berechtigung als Vertretung wird selten hinterfragt. Dabei hat die ÖH eine ähnlich wichtige Rolle wie die Sozialpartner. Immerhin ist sie die einzige politische Lobby der rund 350.000 Studierenden.

Besonders bekannt ist die ÖH allerdings für ihre Beratungsangebote. Auch wenn Oppositionsfraktionen oft Gegenteiliges behaupten. Sie kritisieren, dass es den Studierenden an Serviceleistungen mangle oder diese zu unbekannt seien. Das entspricht nicht der Realität.

Geht es nach den Angaben von rund 30.000 Studierenden in einer ÖH-Umfrage, sind sie mit der Beratung weitestgehend zufrieden. Drei Viertel kennen die Studienvertretung, also das ÖH-Personal an den Fakultäten, das etwa bei Problemen hinsichtlich der Anrechnung einer Prüfung hilft. Abseits davon ist die ÖH vor allem bekannt für ihre Partys, Broschüren und den Corona-Härtefonds.

Gerade das Engagement der Studierendenvertreter in der Pandemie war durchaus relevant. Denn nicht alle Hilfsmaßnahmen der Regierung während der Corona-Pandemie oder in der aktuellen Teuerung greifen für (alle) Studierende. Ohne die ÖH würde niemand auf diese Lücken hinweisen. Und vielen Studierenden wäre durch den Corona-Härtefonds der ÖH – unter anderem mit Mitteln des Ministeriums – nicht geholfen worden.

Wichtiges Sprachrohr

Und auch bei der aktuellen Teuerungskrise ist die ÖH ein wichtiges Sprachrohr für die Studierenden. Derzeit fallen etwa Studierende, die in Wohnheimen leben, um die Strompreisbremse oder den Energiekostenausgleich um – gleichzeitig steigen die Preise für ihre Zimmer. Die Teuerung belastet die Jungen stark. Manche ziehen wieder bei den Eltern ein oder gar nicht erst aus, essen mehrmals pro Woche Nudeln mit Pesto, duschen kalt. Oder sie überlegen sich sogar, ob sie sich das Studium plus unbezahlte Praktika überhaupt noch leisten können und was die Zukunft eigentlich für sie bereithält, wenn der Klimawandel voranschreitet.

Dabei steht außer Frage, dass die großen politischen Themen Wohnen, Arbeit oder Klimawandel auf dem Zettel der Bundes-ÖH stehen – und dass die politische Arbeit der ÖH nicht nur auf Beratung beschränkt sein darf. Die Lobby übernimmt zumeist die ÖH-Bundesvertretung. Zwar kann sie keine Gesetze mitentscheiden, dafür kann sie den Bildungsminister auf seine blinden Flecken hinweisen – und bestenfalls so Verbesserungen erzielen.

Die Legitimation misst sich also nicht nur an den Wählerstimmen: Letztlich zeigt sich die Durchschlagskraft der Interessenvertretung in ihren Errungenschaften. Eine Chance für die ÖH könnte da ihre Rolle als Krisenmanagerin der letzten Jahre sein – immerhin verbindet Hilfe in Notlagen. Allerdings: Was die ÖH am Ende durchbringt, hängt auch vom politischen Willen des Bildungsministers ab. Eine höhere Wahlbeteiligung würde der ÖH aber auch nicht schaden. (Selina Thaler, 10.5.2023)