Bundeskanzler Karl Nehammer geht bei "ZiB 2"-Anchor Armin Wolf in Vorlage.

Foto: ORF ZiB 2

"Wir gehen jetzt in verschiedene Richtungen": Was Karl Nehammer in der "ZiB 2" mit Armin Wolf über die nächsten Anläufe der Regierung gegen die Teuerung sagte, galt nicht nur für seine Hände, die praktisch Wort für Wort variantenreich und ausholend unterstrichen. "Wir gehen in verschiedene Richtungen" wurde auch zum Motto für das – trotz häufigen Lächelns – härter und härter werdende Gespräch am Mittwochabend.

"Sonst können Sie mit sich selbst sprechen"

Als Wolf des Kanzlers Ausführungen mit Hinweisen mehrfach unterbricht, dass Nehammer etwa "nix" für Menschen in Armut und Arbeitslosigkeit habe: Da klingt Nehammer erstmals, als würden die beiden oder jedenfalls er das Studio bald "in verschiedene Richtungen verlassen".

"Wenn Sie gestatten, dann kann ich's ausführen, dann kann ich's auch erklären. Ansonsten können Sie mit sich selbst sprechen, aber ich halte das nicht für effizient und auch für die Zuschauer nicht besonders informativ", lächelt Nehammer über den Punkt in den Studio-Luftfechtübungen mit Fingern und Händen.

"Keine Ausreden mehr"

Gemeinsam oder vielleicht eher gegeneinander arbeiten sich Nehammer und Wolf durch die jüngsten Maßnahmen gegen die hohen Preise.

"Es gibt keine Ausreden mehr", sagt der Kanzler. Das bezieht sich aber nicht auf seine Studioperformance, sondern auf die Lebensmittelkonzerne. Die könnten sich nun ja bald nicht mehr auf die Energiepreise "ausreden", wenn die Regierung den Energiekonzernen mit Abschöpfung von Übergewinnen droht, so diese die Endkundenpreise nicht rascher mit den Großhandelstarifen für Energie senken.

Warum sollen die Handelskonzerne sinkende Energiepreise an die Konsumenten weitergeben, nicht aber eine Mehrwertsteuersenkung? Garantie gebe es keine, räumt Nehammer ein. Man werde beobachten und weitere Maßnahmen ergreifen, wenn nötig. Aber: "Energie ist Wurzel allen Übels", noch einmal gibt es "dann keine Ausrede mehr" und: "Wir wollen einen Dominoeffekt auslösen."

Doch er werde "nicht dem Druck von Schlagzeilen und Co nachjagen und den Menschen nicht versprechen, was wir als Politik so nicht versprechen können". Ziel bleibe, dass "kein Kind in Österreich hungert, das ist verrückt, wenn das tatsächlich in Österreich der Fall ist, dann müssen Maßnahmen gesetzt werden", sagt Nehammer.

"Alles andere ist unseriös"

Versprechen könne er, "alles zu tun, die Wirtschaft zu entlasten, damit Wirtschaftswachstum möglich ist und Arbeitslosigkeit verhindert wird". Achten will er, keine "Inflationstreiber" mit nationalen Maßnahmen zu "etablieren".

"Das ist das, was ich als Bundeskanzler versprechen kann, alles andere ist unseriös", sagt Nehammer. Folgerichtig will er auch nicht versprechen, ob die ÖVP FPÖ-Chef Herbert Kickl nach der nächsten Wahl per Koalition zum Kanzler machen wird – oder nicht.

"Bisschen billig" und "vermessen"

"Mein Ziel ist, dass ich 2024 Bundeskanzler bleibe und die ÖVP Nummer eins", nimmt Nehammer nicht zum ersten Mal die Kurve. Die Frage sei "spekulativ", und "die Wählerinnen und Wähler entscheiden". "Herr Bundeskanzler, das ist ein bisschen billig", kommentiert Armin Wolf das Manöver. "Das ist eine direkte Wertung gegen mich", lächelt der Kanzler zurück: "Sie meinen, dass meine Antwort billig sei."

Man habe doch zuvor schon 15 Minuten über "spekulative Fragen" zur Inflationsbekämpfung gesprochen, gibt Wolf zurück und versucht es noch nicht zum letzten Mal: "Ist es denkbar, dass die ÖVP Herbert Kickl zum Bundeskanzler macht?" Diese Frage nun findet Nehammer "vermessen".

Wenn die Wirklichkeit anders wird

Ihn beschäftigten als Bundeskanzler Zahlen über Inflationsentwicklung und Arbeitslosigkeit, nicht Umfragen, erklärt Nehammer dem "ZiB 2"-Anchor. Und er fügt an: "Mag sein, dass es in Ihrer Wirklichkeit anders ist. Ich möchte das so sagen, auch wenn Sie mich ständig unterbrechen."

Nach einigen Anläufen schließt Wolf, dass Nehammer sich die K-Frage offenlasse. "Nein, gar nicht", entgegnet der. Und spricht noch einmal vom "Respekt vor der Wählerin und dem Wähler". Die wurden damit allerdings auch nicht schlauer, mit wem ein ÖVP-Obmann Nehammer nach der nächsten Wahl koalieren würde.

Die "ZiB 2" mit Nehammer zum Nachsehen

ORF

(fid, 11.5.2023)