Von einer "Missachtung des Rechtsstaats" sprechen Richterinnen und Richter, von einem "unzumutbaren Zustand" die Opposition: Die Spitze des Bundesverwaltungsgerichts (BVwG), das heikle Themen wie Asyl und Umwelt verantwortet, ist seit einem halben Jahr unbesetzt. ÖVP und Grüne können sich nicht auf eine neue Leitung einigen.

Erstgereiht, muss aber weiter warten: Sabine Matejka, Präsidentin der österreichischen Richtervereinigung.
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Grund dafür dürfte ein Junktim mit der offenen Nachbesetzung in der Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) sein. Aus Sicht der Grünen blockiert die ÖVP die bestgereihte Kandidatin für das BVwG. Aus Sicht der ÖVP blockieren die Grünen den bestgereihten Kandidaten für die BWB-Spitze.

Das Patt ist perfekt – allerdings mit einem gewichtigen Unterschied: Für das BVwG wurde die renommierte Richterin Sabine Matejka ausgewählt – von einer Kommission, der die Präsidenten der Höchstgerichte und Wissenschafter angehörten. Bei der BWB war das Verfahren dagegen umstritten: Eine Kommission des Wirtschaftsministeriums suchte Michael Sachs aus, den Exkabinettschef von Wolfgang Schüssel (ÖVP). Dass die interimistische BWB-Chefin Natalie Harsdorf-Borsch nur auf Platz zwei kam, bezeichnen Insider als Fehlentscheidung.

In einem Rechtsstaat sind derartige Vakanzen jedenfalls nicht tragbar. Wer wie die Regierung für eine Stärkung von BWB und Justiz eintritt, muss dem auch Taten folgen lassen. Alles andere zeugt von purer Ignoranz und Machtpolitik. (Jakob Pflügl, 15.5.2023)