Petra-Maria Dallinger liest "Die Mansarde" von Marlen Haushofer.
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Beide Eltern waren berufstätig, daher hatte sie als Kind viel Zeit "ohne Ansprache", die sie mit Lesen verbrachte. An "Sommerferien, verregnete Tage, kein Fernseher" erinnert sie sich gerne. Als Schülerin in OÖ kam sie dann bald mit Stifter in Kontakt: Mit der Brigitta ("Pupertätsthema: zu schiarch für diese Welt!") hat sie sich "zwar identifiziert, aber dann doch auch wieder nicht". Und wie das alles in der ungarischen Tiefebene verhandelt wurde, das gefiel ihr gar nicht. Und Abdias blieb ihr einfach fremd.

Zu ihrer großen literarischen Liebe wurde Tschechow, doch mittlerweile und berufsbedingt findet sie auch Stifter "außergewöhnlich. Für ein Forscherinnenleben ist er sehr kommod, weil man immer wieder neue Zugänge finden kann." Auch das Forschungsfeld eines Kurt Palm (Stifters Essgewohnheiten und Verdauung) ist ihr nicht fremd, und die Selbstbeobachtung seiner Krankheiten findet sie hochinteressant! "Wie er offen über alles spricht, worüber man üblicherweise nicht spricht!" Der Meister der Selbstdiagnose wollte sich mit "Schweizer Alpenluft" heilen, zog "Kirchschlager Wasser" dem "Linzer Jauchewasser" vor, und auch die damals hoch im Kurs stehende Homöopathie sagte ihm zu.

Die Mansarde gehört zu ihrem kleinen Privatkanon bester Bücher, der jeder Überprüfung standhält. "Haushofer hat etwas von Tschechow, und das vermittelt sich in diesem Buch am besten." Dass eine Frau 17 Jahre nach einem erzwungenen Exil per Flaschenpost mit ihrer Vergangenheit in Form der eigenen Tagebuchaufzeichnungen konfrontiert wird – "ein fantastischer Kunstgriff!". Und dann: "Das nur oberflächlich kaschierte Abgeschobenwerden; die erzwungene Trennung auch vom kleinen Sohn; der offen gewalttätige Jäger in der Hütte; das Schuldigwerden im NS-Regime; das Zerbrechen einer Welt und von Beziehungen und dass man das trotzdem aushalten kann – das beschreibt Haushofer mit einer gewissen Ironie, die sie eben in die Nähe von Tschechow rückt." Sie liest es daher als heiteres Buch. "Aber diese Meinung teilen nur wenige mit mir!"

Buchtipp: Marlen Haushofer, "Die Mansarde". € 12,90 / 224 Seiten. Ullstein, Berlin 2019 (Manfred Rebhandl, 20.5.2023)