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Der Betriebsrat des zum Verkauf stehenden viertgrößten österreichischen Mobilfunkbetreibers tele.ring hat am Mittwoch in einem der APA vorliegenden offenen Brief an Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (V) und Vizekanzler Hubert Gorbach (B) appelliert, den durch den Verkauf von tele.ring an T-Mobile Austria drohenden Verlust von 1.000 Arbeitsplätzen abzuwenden. Der Betriebsrat favorisiert einen Verkauf an die US-Fondsgesellschaft Permira.

Arbeitsplätze gefährdet

Bei tele.ring selbst würden durch den Verkauf an T-Mobile 500 bis 550 Mitarbeiter kurz- und mittelfristig ihren Job verlieren, bei den Zulieferfirmen "ungefähr ebenso viele", heißt es in dem Schreiben, das auch an Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (V), Finanzminister Karl Heinz Grasser (V), den Wiener Bürgermeister Michael Häupl (S), den NÖ-Landeshauptmann Erwin Pröll (V) und Wirtschaftskammer Österreich-Präsident Christoph Leitl gegangen ist.

Sozialplan, Technikabbau und die Stilllegung

Der von T-Mobile gebotene Kaufpreis sei mit kolportierten 1,3 Mrd. Euro zwar höher als der der von Permira (1,23 Mrd. Euro), der zu erwartende Sozialplan, Technikabbau und die Stilllegung von Sendeanlagen würden allerdings einen dreistelligen Mio. Euro-Betrag kosten, was das Permira-Angebot wieder interessanter scheinen lasse, argumentiert der Betriebsrat in dem Schreiben. Die Aufhebung der niederösterreichischen Handymastensteuer könnte zu einer Erhöhung des Permira-Angebots führen. Eine "rasche und eindeutige Botschaft" der Regierung an T-Mobile, dass diese Übernahme nicht ohne weiteres genehmigt werde, könnte ebenfalls die Chancen eines Finanzinvestors erhöhen.

Alternativen

Jedenfalls sollte ein Zeitraum von drei bis vier Wochen gewonnen werden, um Alternativen zum T-Mobile-Angebot zu erarbeiten, meint der Betriebsrat. Zeit könne auch durch eine persönliche Kontaktaufnahme von Schüssel und Co mit dem Chef des amerikanischen tele.ring-Eigentümer Western Wireless, John Stanton, gewonnen werden. Stanton könnte auch signalisiert werden, dass die Übernahme durch einen Mitbewerber nicht gutgeheißen und mit allen rechtlichen Möglichkeiten zu verhindern versucht werde.

Die Steuerleistung von tele.ring betrage jährlich 35 Mio. Euro und werde sich bis 2015 auf mehr als 400 Mio. Euro belaufen, rechnet der Betriebsrat vor. Durch die Übernahme durch T-Mobile würden dem österreichischen Finanzamt rund 150 Mio. Euro an Steuerleistung verloren gehen, zumal tele.ring hohe Gewinne schreibe und T-Mobile 2004 Verluste geschrieben habe, meint der Betriebsrat.

"Empfindliche Preiserhöhung"

Nach einer Übernahme tele.rings durch T-Mobile sei auch mit "empfindlichen Preiserhöhungen" bei allen Mobilfunkbetreibern zu rechnen, so der Betriebsrat. Nach der Zerschlagung der schlanken tele.ring-Verwaltung werde T-Mobile die Preise erhöhen müssen, wenn tele.ring nicht mehr am Markt sei, stehe einer Preiserhöhung bei allen Anbietern nichts mehr im Wege. Bei einer Übernahme würden auch nur 40 bis 60 Prozent der tele.ring-Kunden bei T-Mobile bleiben, der Rest werde zu anderen Anbietern wechseln, glaubt der Betriebsrat.

SPÖ und Grüne

Für SPÖ-Wirtschaftssprecher Johann Moser ist der geplante Verkauf des Handynetzbetreibers tele.ring auf Grund der zu erwartenden Preiserhöhungen "sehr bedenklich". Die Grünen sehen in diesem Zusammenhang den Erhalt der Arbeitsplätze von 640 Mitarbeitern "genauso zentral" wie die Wettbewerbsstruktur am österreichischen Telekommunikationsmarkt.

Diebstahl am Kunden

Der tele.ring-Verkauf sei "letztlich ein drohender Diebstahl von Geld aus den Taschen der Kunden", meinte SPÖ-Wirtschaftssprecher Moser. Die Kunden müssten durch den abnehmenden Wettbewerb künftig mehr für das mobil-telefonieren bezahlen als bisher. Dadurch werde das Wirtschaftswachstum weiter schwach bleiben. Die Bundeswettbewerbsbehörde und das Kartellanwalt seien aufgefordert, den Deal schon im Vorfeld kritisch unter die Lupe zu nehmen, damit es hier nicht zu einem Marktmachtmissbrauch komme. Kritisch sei auch der drohenden Verlust von Arbeitsplätzen.

"Brisante Aufgabe"

Den Wettbewerbsbehörden in Wien und Brüssel falle eine "brisante Aufgabe" zu. Die Behörden diese müssten strenge Entscheidungskriterien anwenden, meint auch die Telekomsprecherin der Grünen, Gabriela Moser. Schließlich verliere die Republik Österreich durch den Verkauf von tele.ring auch einen potenten Steuerzahler. Außerdem müsse die Regierung Einspruch gegen die niederösterreichische Handymastensteuer einlegen, fordert die Grüne.(APA)