Herbert Kickl, FPÖ
Herbert Kickl findet es "unglaublich traurig, in welch desolatem Zustand sich die SPÖ als angeblich staatstragende Partei befindet".
Reuters / Leonhard Forger

Wien – Auf das Auszählungsdebakel beim SPÖ-Sonderparteitag haben die politischen Mitbewerber der Sozialdemokraten am Montag teils mit Häme reagiert. "Wer keine Wahlen organisieren kann, wird auch keine gewinnen", meinte Neos-Generalsekretär Douglas Hoyos via Twitter. Für die Neos hat sich die SPÖ mit der Auszählungspanne "völlig disqualifiziert". "Die Österreicher:innen haben Besseres verdient", findet Hoyos.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger wunderte sich über das Bild, das die "Altpartei SPÖ" derzeit abgebe. "Wie kann die SPÖ erwarten, dass man ihr ein Land anvertraut, wenn sie nicht einmal in der Lage ist, intern eine Wahl zu organisieren."

Grünen-Generalsekretärin Olga Voglauer schickte kurzerhand eine Korrektur der OTS von Samstag aus, in welcher lediglich Hans Peter Doskozil durch Andreas Babler als neuen Parteichef ersetzt wurde. Der restliche Text blieb inklusive Gratulation zum Parteivorsitz und Aufruf an die Sozialdemokratie, wieder zur Sachpolitik zurückzukehren, gleich. Die SPÖ müsse die Blockade von Zweidrittelmaterien im Nationalrat beenden und "an den Verhandlungstisch zurückkehren", so Voglauer.

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) fehlten die Worte. "Ich bin ja schon länger in der österreichischen Politik unterwegs. Das ist immer noch nicht kommentierbar", meinte Kogler am Rande einer Veranstaltung.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker sagte via Twitter: "Die SPÖ versinkt im völligen Chaos. Mit einer Bewertung warten wir zunächst ab, ob dieses Ergebnis endgültig ist, womöglich kommt es zu weiteren Auszählungen oder Wahlwiederholungen oder Untersuchungen zu möglichen Manipulationen. Wenn die SPÖ nicht einmal in der Lage ist, eine ordnungsgemäße und korrekte Wahl auf einem Parteitag abzuhalten, dann ist sie mit Sicherheit nicht in der Lage, ein Land zu führen."

FPÖ-Chef Herbert Kickl sagte indes: "Ich werde mich nicht an der Häme und Schadenfreude über das SPÖ-Chaos beteiligen. Das in der Öffentlichkeit entstandene Bild ist ohnehin für jeden erkennbar desaströs, und es ist eigentlich unglaublich traurig, in welch desolatem Zustand sich die SPÖ als angeblich staatstragende Partei befindet, wenn man selbst an einfachen Aufgaben wie der Wahl eines Bundesparteivorsitzenden scheitert."

Für den Wiener FPÖ-Chef Dominik Nepp hat die SPÖ "auf Bundes- und auf Wiener Landesebene jegliche Regierungsfähigkeit verloren". Er forderte deshalb Neuwahlen in der Bundeshauptstadt.

Christian Kern, ehemaliger SPÖ-Kanzler, gratulierte Babler. "Der Ablauf des ganzen Vorgangs ist allerdings eine eindrückliche Bestätigung, dass man es in der Politik nicht so dumm denken kann, wie es hinterher kommt."

Hans Peter Doskozil, der sich von Samstag- bis Montagnachmittag als SPÖ-Vorsitzender fühlen durfte, hatte auf einer Pressekonferenz die jüngsten Ereignisse als "Tiefpunkt" für die österreichische Sozialdemokratie bezeichnet. "Es wird Häme geben, es wird Spott geben, aber es wird wieder schönere Zeiten für die Sozialdemokratie geben", zeigte er sich überzeugt.

Auch aus der Partei selbst gab es Kritik: "Mir fehlen selten die Worte, jetzt ist es so weit. Das ist ein Super-GAU, ich kann mir das nicht erklären. So etwas kannst du nicht einmal für ein Drehbuch erfinden. Dennoch: An der Ausgangssituation hat sich nichts geändert, an der Einigung der Partei führt kein Weg vorbei", sagte Kärntens Landeschef Peter Kaiser, der sich zuvor nicht deklariert hatte. Max Lercher, Nationalratsabgeordneter und Doskozil-Unterstützer der ersten Stunde, sagte, er sei "ehrlich gesagt fassungslos". 

Der stellvertretende Klubchef der SPÖ, Jörg Leichtfried, sprach auf Twitter von einem "Tiefpunkt für die Sozialdemokratie". Man könne "nur um Entschuldigung bitten für das Bild, das die SPÖ abgibt. Er gratulierte Babler zur Wahl.

Gemischte SPÖ-Reaktionen aus Ländern

Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig hat Babler via Twitter gratuliert: "Er ist ein engagierter, dynamischer Sozialdemokrat und neuer Bundesparteivorsitzender der SPÖ". Er sprach Babler seine Unterstützung aus, ebenso wie die SPÖ Oberösterreich und Salzburg. Der Salzburger SPÖ-Vorsitzende David Egger sagte: "Der Fehler in der Auszählung ist peinlich, aber wo Menschen arbeiten passieren Fehler."

Eine "herzliche Gratulation" gab es aus der niederösterreichischen SPÖ an Babler. Die SPÖ brauche "nun Geschlossenheit, um zu neuer Stärke zu kommen", betonten der designierte Landesparteivorsitzende Sven Hergovich und Landesgeschäftsführer Wolfgang Zwander.

Vorarlbergs SPÖ-Parteivorsitzende Gabi Sprickler-Falschlunger zeigte sich hingegen fassungslos, sprach von unglaublichem Dilettantismus und sagte: "Ich schäme mich."

Der steirische SPÖ-Landeschef Anton Lang wollte die Entwicklungen ebenso wie Tirols Landeshauptmannstellvertreter und Landesparteichef Georg Dornauer vorerst nicht kommentieren.

Filzmaier: "Super-GAU"

"Es gibt nichts, was es nicht gibt." Der in der Panne zutage getretene "Dilettantismus" komme einem "Super-GAU für die Vertrauenswürdigkeit" der SPÖ gleich, findet Politikwissenschafter Peter Filzmaier. "Furchtbar peinlich ist das. Excel ist ein wunderbares Programm, aber man muss sich auskennen", sagt Statistiker Erich Neuwirth. Fehlern müsse nachgegangen werden, "bevor man sich mit Ergebnissen an die Öffentlichkeit wendet". (muz, bri, cms, ste, ruep, cms, mro, ag, APA 5.6.2023)