Die Angstpropheten-Industrie zur Sprengkraft der künstlichen Intelligenz hat Hochkonjunktur. Konkret derzeit auch für den Arbeitsmarkt. 300 Millionen Jobs sieht etwa Goldman Sachs in einer allumfassenden Transformation demnächst ersetzt. In der sichersten Zone befinden sich demnach nicht Menschen mit viel Bildung oder hohem Status oder etwa Kreative oder Beziehungsarbeiter, sondern bis auf weiteres schütze lediglich die menschliche Arbeit in Unvorhersehbarkeit. Also etwa handwerkliche Reparaturdienste oder die schnelle Wiederherstellung eines eher verwüsteten Hotelzimmers.

Was kann ich anders?

Grundsätzlich ändert sich jetzt das Selbstverständnis im Job: Was ist meine komplementäre Fähigkeit in diesem Umfeld? Und weniger grundsätzlich, aber imperativisch für alle, die künftig mitspielen wollen: Wie kann ich diese Werkzeuge für die Weiterentwicklung meiner Arbeit nützen?

Unternehmen bekommen da jetzt auch einen Schubs. Denn Umfragen (Wakefield Research) zufolge nutzt ein Viertel der Generation Z in den USA bereits KI-Bots für das Texten von Bewerbungsunterlagen, und fast die Hälfte der Bachelor-Studierenden plant das zu tun. Linkedin und nun auch Karriere.at stellen ihren Inserenten KI-Systeme zum Generieren von Stellenanzeigen zur Verfügung.

Gut, scheint vieles leichter und schneller zu machen. Das einstige Märchen aus dem Silicon Valley marschiert schnurstracks ins Alltagsleben. Kondolenzschreiben, Vorträge? Frag den Bot.

Für Unternehmen und ihre Recruitingabteilungen heißt das derzeit vor allem: Was mache ich damit? Wie dient mir dieser nächste Automatisierungsschritt, und wie will ich ihn verwenden? Vielleicht gar nicht als nicht weiter hinterfragte Digitalisierung, sondern um das gute alte Bewerbungsgespräch zwischen Menschen aufzuwerten. Oder um meine Stellenanzeige bewusst völlig anders zu gestalten und mich endlich wirklich abzuheben vom Mainstream.

Da sind jetzt viele gute Ideen gefragt, die tief in die Unternehmenskulturen und in die Positionierung am Markt greifen.

Firmen können in dieser Übergangszeit drei große Fehler machen:

1. Ignorieren nach dem Motto: Es geht vorbei und ist ein Hype für Menschen ohne soziale Fähigkeiten und echtes Leben. Wir beschäftigen ein paar Berater und lassen das Thema halt pro forma auf die Agenda für Geschäftsführungssitzungen schreiben.

2. KI zur Generationenfrage stilisieren und eine Spaltung in die Organisation managen: Wir lassen Junge mit KI herummachen und Ältere halt die klassische Arbeit erledigen. Das wird sich dann schon zusammenfinden, wenn es so weit ist.

3. KI als Angstinstrument zwecks vermeintlicher Motivation einsetzen, Weiterbildungsbudgets und Medienkompetenzschulungen auslassen oder wie bisher laufen lassen und Führung nur nebenbei betreiben. (kbau, 8.6.2023)

Sollen halt die Jungen machen? Ganz falsch als Managementgedanke.
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