Andreas Babler
Sorgt mit seinem Team für eine Überraschung: Klubchef wird Andreas Babler selbst.
APA/HELMUT FOHRINGER

Andreas Babler versteht es zu überraschen. Keiner der Namen, die zuvor in den Medien kolportiert wurden, hat gehalten. Dass die Medien nachher maulen, haben sie sich selbst zuzuschreiben. Für das neue Team in der SPÖ ist es ein gutes Zeichen, dass vorab nichts nach außen gedrungen ist.

Als die richtigen Namen schließlich bekannt waren, waren die Reaktionen in der Partei durchwegs positiv. Tatsächlich wurde alle gut bedient: Jung und Alt, links und eher rechts, Wien und die Länder, oben und unten.

Babler als Klubchef

Die größte Überraschung betrifft Babler selbst: Er wird Klubchef. Das ist so logisch wie ungewöhnlich. Logisch ist es, weil noch jeder Chef oder die eine Chefin der SPÖ entweder Kanzler oder Klubchef(in) war. Das ist eine zentrale Machtposition, über die viel interne Kommunikation und Abstimmung läuft. Ungewöhnlich ist es, weil Babler selbst nicht Abgeordneter zum Nationalrat, sondern zum Bundesrat ist. Das heißt, er kann Klubsitzungen koordinieren, aber nicht im Nationalrat reden oder an Präsidialsitzungen teilnehmen. Dafür kann er vorläufig Bürgermeister von Traiskirchen bleiben, was mit einem Nationalratsmandat unvereinbar wäre.

Geschäftsführender, also echter Klubobmann wird Philip Kucher, der im internen Wahlkampf im Team von Hans Peter Doskozil anzutreffen war. Insgesamt fällt auf, dass Babler darum bemüht war, die Jobs gut über die Lager innerhalb der Partei zu verteilen, ohne Extreme zu bedienen oder gekränkte Eitelkeiten zu provozieren. Es sind Vertraute von Doskozil im Team, aber keine seiner Scharfmacher, es sind Vertraute von Pamela Rendi-Wagner an Bord, und auch das Establishment kann beruhigt aufatmen: Die Sozialistische Jugend ist stark im neuen Führungsteam vertreten, die beiden Bundesgeschäftsführer Sandra Breiteneder und Klaus Seltenheim haben dort gelernt, werden aber nicht das Haus anzünden.

Was ein bisschen verwundert: dass Julia Herr, die als die große Zukunftshoffnung und das vielbeachtete Talent in der Partei gilt, nichts geworden ist. Sie galt als Fixstarterin für eine Führungsposition, jetzt wurde sie nur ins Klubpräsidium befördert. Da sie eine enge Vertraute von Babler ist, dürfte das aber mit ihr abgesprochen sein.

Eine andere SPÖ

Ja, die Partei ist ein Stück nach links gerückt. Das war von Andreas Babler zu erwarten, das entspricht auch den Erwartungen seiner Anhänger. Die SPÖ ist mit dieser personellen Neubesetzung eine andere geworden. Jünger, progressiver, kantiger. Politischer und mehr von Ideologie getrieben. In der SPÖ sind wieder mehr Politiker am Wort und weniger die PR-Beauftragten.

Es gibt ein pointiertes Programm, das nicht allen gefällt und auch nicht allen gefallen soll: Das ist das Wesen des politischen Wettbewerbs, ein Wettkampf der Ideen und Wertvorstellungen. Die anderen Parteien wären gut beraten, sich auf diese neue Kantigkeit einzulassen und ebenfalls ihrer Botschaft auf den Grund zu gehen. Den Markenkern schärfen, könnte man auch dazu sagen.

Dass wieder mehr über Inhalte diskutiert wird und nicht bloß über Befindlichkeiten, ist Babler jedenfalls anzurechnen. Wenn nicht bloß die Migration skandalisiert wird, sondern über soziale Gerechtigkeit, über Einkommen, das Gesundheitswesen und die Leistbarkeit von Wohnen diskutiert wird, wäre das schon ein enormer Fortschritt. Darum geht es nämlich, das ist das echte Leben. (Michael Völker, 13.6.2023)