Migranten auf einem Holzboot im Mittelmeer
Migranten auf einem Holzboot im Mittelmeer (Archivbild).
AP/Joan Mateu Parra

Athen/Rom/Lampedusa – Vor der griechischen Mittelmeerinsel Kalymos hat ein Frachter am Montag 68 Migranten gerettet, deren Boot in Seenot geraten war. Die Menschen seien von der türkischen Küste aus in See gestochen, um in die Europäische Union zu kommen, berichtete der Nachrichtensender Mega unter Berufung auf die Küstenwache. Sie seien alle unversehrt und nun auf die Nachbarinsel Leros gebracht worden. Dort gibt es ein Registrierlager für illegal eingereiste Migranten.

Nach Angaben der Regierung in Moskau beteiligte sich auch ein russisches Kriegsschiff an der Rettung. Die Admiral Gorschkow habe in der Nacht zum Montag einen Notruf des Schiffes Avalon erhalten, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. In einer gemeinsamen Aktion mit dem Frachter Pizhma seien dann 68 Menschen von der Avalon gerettet worden. Bei der Avalon handle es sich um ein "jachtähnliches Schiff" unter griechischer und deutscher Flagge.

Im Mittelmeer versuchen Schlepper immer wieder, Menschen aus der Türkei und nordafrikanischen Staaten in die EU-Länder Griechenland, Zypern oder Italien zu bringen. Dabei kommt es häufig zu Unglücken. Am Mittwoch vergangener Woche ertranken beim Untergang eines völlig überfüllten Fischkutters etwa 50 Seemeilen vor der griechischen Küste hunderte Menschen. 

Mehr als 600 Migranten auf Lampedusa eingetroffen

In Italien kommen weiter fast täglich hunderte Migranten nach gefährlichen Überfahrten über das Mittelmeer an. 14 Boote mit rund 600 Menschen an Bord sind seit Sonntag auf Lampedusa eingetroffen. Die meisten Boote starteten aus Tunesien. Die angekommenen Migranten wurden im Hotspot der Insel untergebracht, wo sich derzeit 454 Personen aufhalten. Weitere 80 Migranten gingen an Bord einer Fähre in Richtung Sizilien, teilten die italienischen Behörden am Montag mit.

Das spanische Rettungsschiff Open Arms ist inzwischen mit 117 geretteten Migranten in Richtung des toskanischen Hafens Livorno unterwegs. Die spanische NGO Open Arms beklagte, dass der von den italienischen Behörden zugewiesene Landehafen vier Tage Fahrt entfernt sei. Damit setze man die bereits erschöpften Bootsflüchtlinge weiteren Strapazen aus, hieß es.

Seit Beginn dieses Jahres haben nach Angaben des Innenministeriums in Rom mehr als 55.000 Migranten Italien auf dem Seeweg erreicht. Das ist ein deutlicher Anstieg gegenüber dem Vorjahr, als im selben Zeitraum rund 23.500 Ankünfte registriert wurden. Nach Angaben des Uno-Flüchtlingskommissariats UNHCR kam die Mehrheit der in Italien registrierten Migranten zuletzt von Tunesien aus über das Mittelmeer. Häufigste Ursprungsländer der Schutzsuchenden waren in den ersten Monaten dieses Jahres Cote d'Ivoire (Elfenbeinküste), Guinea und Ägypten.

Mehr als 100.000 Minderjährige seit 2014 in Italien angekommen

Mehr als 100.000 unbegleitete ausländische Minderjährige sind seit 2014 nach Seefahrten über das Mittelmeer in Italien angekommen, 6.000 davon allein in diesem Jahr, wie das Uno-Kinderhilfswerk Unicef am Montag mitteilte. Dies sei jedoch eine unvollständige Zahl, weil sie die minderjährigen Flüchtlinge aus der Ukraine und unbegleitete minderjährige Migranten, die über die Landgrenzen – hauptsächlich über die Balkanroute – nach Italien kamen, nicht berücksichtige, so Unicef.

"Viele Reisen gehen nicht gut aus, wie die jüngsten Schiffsunglücke vor Kalabrien im Februar und vor wenigen Tagen vor Griechenland zeigen. Allein auf der zentralen Mittelmeerroute – nach wie vor eine der gefährlichsten – sind seit 2014 schätzungsweise mehr als 21.000 Menschen ums Leben gekommen, mehr als 1.000 allein in diesem Jahr, darunter viele Kinder", hieß es im Bericht.

Obwohl Italien über einen soliden Rechtsrahmen für den Schutz alleinstehender Kinder und Jugendlicher verfüge, gebe es immer noch Lücken und regionale Unterschiede beim Zugang zu Dienstleistungen, Bildung und Ausbildung und bei den Prozessen der Anhörung von minderjährigen Migranten und Flüchtlingen, kritisiert Unicef. (APA, red, 19.6.2023)