Am Dienstag soll nun endlich eine Österreichische Bodenschutzstrategie im Rahmen einer Sitzung der Österreichischen Raumordnungskonferenz (ÖROK) im Landwirtschaftsministerium beschlossen werden. Wie zielgerichtet und verbindlich diese Strategie aber sein wird, ist fraglich. Naturschutzorganisationen wie der WWF machen seit Wochen gegen eine allzu laxe Strategie mobil. Auch für Dienstag sind Proteste des WWF vor dem Landwirtschaftsministerium angekündigt worden. Schon am Montag hatte Greenpeace mit einem Betonmisch-Lkw vor dem Ministerium protestiert. Die ÖROK ressortiert zum Landwirtschaftsministerium, Norbert Totschnig (ÖVP) ist deshalb der verantwortliche Minister. Dieser sagte am Montag, er wolle auf der Sitzung am Dienstag jedenfalls nochmals "ausführlich diskutieren".

Eine Strategie für die Reduktion des Flächenfraßes ist in Ausarbeitung.
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Das Ziel lautet, den viel zu hohen Bodenverbrauch in Österreich pro Tag von derzeit rund zehn bis 2030 auf maximal 2,5 Hektar zu reduzieren. Verantwortlich für die Raumordnung sind die Länder und die Gemeinden; Letztere haben die Widmungskompetenzen auf Grundlage der Vorgaben der Länder über Raumordnungsgesetze und überörtliche Raumplanungen.

Grüne wollen "verbindliche Ziele für alle"

Vizekanzler Werner Kogler (Grüne), der sich am Montag in Berlin bei einem Pressefrühstück zur Thematik äußerte, kündigte gegenüber den österreichischen Bundesländern an, die Regierung werde sich mit dem "verkrusteten Föderalismus" und manchen Ländern mit Blockadehaltung anlegen. Das gelte auch für Maßnahmen zur Energiewende, wie auch beim Thema "Flächenfraß" – hier sei Österreich negativer Europameister; es werde klare Zielvorgaben geben: "Wir werden uns von den Bundesländern nicht die österreichweiten Ziele verwässern lassen."

"Eine wirksame Bodenstrategie braucht verbindliche Ziele für alle", unterstrich die Umweltsprecherin der Grünen, Astrid Rössler, in einem Statement gegenüber der APA die Aussage Koglers, es gelte daher, noch an notwendigen Verbesserungen zu arbeiten. Bodenschutz sei zudem auch eine der drängendsten Frage im Kampf gegen die Klimakrise, aber es sei klar, dass der jetzige Entwurf zur Bodenschutzstrategie für die aktuelle ÖROK-Sitzung aus Sicht der Grünen noch nicht ausreiche. Deshalb wird nun auch nach Informationen des STANDARD bis zuletzt darum gerungen, das verbindliche 2,5-Hektar-Ziel in der Strategie noch zu verankern.

"Ich hoffe, dass alle Beteiligten sich ihrer Verantwortung bewusst sind. Es muss alles dafür getan werden, dass ein guter und wirksamer Entwurf zur Abstimmung gelangen wird. Es geht mit den Böden schließlich um unsere Lebensgrundlage", so Rössler.

Auch Finanzausgleich wäre ein Hebel

Aus einer Analyse des Umweltbundesamts (UBA) geht hervor, dass in Österreich die tägliche Flächeninanspruchnahme der vergangenen drei Jahre pro Tag 11,3 Hektar gelegen war, der versiegelte Anteil lag in diesem Zeitraum bei 41 bis 58 Prozent der jährlichen Flächeninanspruchnahme. Greenpeace kritisiert, dass schon 2002 in der Nachhaltigkeitsstrategie des Bundes das 2,5-Hektar-Ziel genannt wurde, ein politischer Beschluss aber bis heute fehle. "Regierung und Landeshauptleute müssen jetzt handeln und die unzureichende Strategie verhindern. Sonst sehen wir schwarz für den Schutz unserer kostbaren heimischen Böden", appellierte Olivia Herzog, Biodiversitätsexpertin bei Greenpeace in Österreich, an die Verantwortlichen in Bund und Ländern. Gefordert wurde etwa eine Leerstands- und Baulandmobilisierung, eine flächensparende Raumordnung und die Anpassung steuerlicher Instrumente.

Totschnig bestätigte gegenüber dem ORF, dass Adaptierungen im Finanzausgleich zwischen Bund, Ländern und Gemeinden ebenfalls zur Diskussion stünden. Hier kritisierte jedoch der WWF vergangene Woche, dass eine solche im Entwurf sogar erst für 2030 anberaumt werde. Dabei ist auch heuer wieder ein Jahr des Finanzausgleichs, bei dem von Bund, Ländern und Gemeinden für mehrere Jahre die Aufteilung von Steuereinnahmen sowie die Aufgaben der jeweiligen Gebietskörperschaften vereinbart werden. Somit könnten auf Bundesebene Anreize gegen Flächenverbrauch gesetzt werden.

Das Umweltbundesamt entwickelt derzeit im Rahmen der österreichischen Bodenstrategie und im Auftrag der ÖROK ein neues Datenmodell, das alle bundesweit verfügbaren, sektoralen Daten berücksichtigt und künftig auch differenzierte Auswertungen ermöglichen soll; neue Daten sind im Laufe des Jahres 2023 angekündigt. (mapu, APA, 20.6.2023)