Als ich vergangenen Sommer in meine neue Wohnung mit Balkon zog, war der erste Gedanke: Endlich draußen sitzen! Der zweite: Scheiß Gelsen. Der dritte: Ich brauche einen Griller! Wenn man schon ein Stück Freiraum bekommt, dann will man diesen auch nutzen. Nicht nur zum Suhlen, Bräunen und Pflanzen-gießen-Vergessen, sondern auch zum Grillen. Will man im Sommer in Wien auf der Donauinsel auf den Grillplätzen grillen, muss man sich schon im Jänner vor den Computer setzen und die Website wie blöd refreshen, um einen Platz zu bekommen. Denn der Andrang ist extrem und die Termine innerhalb kürzester Zeit ausgebucht. Ausgerechnet an dem Tag dann regnet es wahrscheinlich.

Auf dem eigenen Balkon ist das egal, hier kann gegrillt werden, wann man will und egal wie viel Platz man hat. Ein Mini-Tischgriller hat selbst auf einem zwei Quadratmeter großen Altbau-Balkon Platz. Je nach Hausordnung und Mietvertrag ist Grillen auf den Freiflächen unterschiedlich geregelt. Holzkohlegrills sind meistens untersagt, Elektro- und Gasgriller dagegen erlaubt – solange die liebe Nachbarschaft nicht mit Gerüchen und Rauch massiv belästigt wird.

Als energieeffizient beschreibt Manuel Weyer das Grillen auf dem Balkon. Der Deutsche ist Grillexperte und veröffentlichte im Frühjahr das Buch Grillen auf dem Balkon. Kleinere Griller kommen rascher auf Temperatur, dadurch grillt es sich schneller, sagt er. Die Miniaturausgaben der Gas- und Elektrogriller müssen sich vor ihren großen Gegenstücken in Sachen Grillleistung nicht verstecken. Wichtig, sagt Weyer, sei das Vorheizen, damit vermeide man das Ankleben am Grillrost und nerviges Reinigen nach der Grillaction. Uns hat er weitere zehn Tipps fürs Grillen auf kleinem Raum verraten – die auch auf Terrasse, Garten und Donauinsel funktionieren.

Grillen am Balkon Illustration
Grillstation: Balkon.
Illustration: Tobias Burger

1. Lesen und planen

Wann geht das Grillen wirklich los? Zehn Minuten bevor die Gäste kommen, morgens, wenn man die Einkäufe erledigt hat, oder kann ich bereits am Vortag mit den Vorbereitungen beginnen? Wer nach der Arbeit grillen will, viele Gäste zu einer Grillparty erwartet oder noch auf Kinder aufpassen muss, bei dem ist die Planung der Grillerei das A und O. Wichtig ist, die Rezepte genau durchzulesen. "Dort sind Vorbereitungszeit, Grillzeit und Ruhezeiten genau festgehalten, damit kann man besser planen", sagt der Grillexperte. So sollte man auch nicht ins Trudeln geraten oder irgendwas vergessen – im Idealfall.

2. Richtig einkaufen

Wenn verschiedene Gerichte in Menüabfolge oder nacheinander gegrillt werden, sollte man darauf achten, Rezepte mit einer ähnlichen Zutatenliste auszuwählen, rät Weyer. Ansonsten hat man pro Gericht zig Zutaten auf dem Einkaufszettel stehen, die man so schnell gar nicht aufbrauchen kann. Sollte dann doch etwas übrig bleiben, sucht man sich am besten Rezepte für die angebrochenen Lebensmittel heraus, kauft Zusätzliches nach und grillt am nächsten Tag noch einmal. Will man zum Beispiel Süßkartoffel-Pommes mit Avocado-Spalten grillen, verwendet man das Gemüse am nächsten Tag für ein Rösti mit Avocado-Creme. "Bei Gewürzmischungen und -ölen empfiehlt es sich, gleich mehr davon zu machen", sagt Manuel Weyer. Das spart Zeit bei der nächsten Grillerei. Dazu die Gewürzmischungen dunkel und kühl beziehungsweise luftdicht verpackt lagern, dann halten diese mehrere Wochen.

3. Alles schnippeln!

Die allermeisten Vorbereitungen können bereits am Vortag oder zumindest ein paar Stunden vor der Grillerei getroffen werden. Das heißt, alles, was geschnippelt gehört, sollte so früh wie möglich geschnippelt werden. Dann hat man auch mehr Zeit, am Grill zu stehen. Am Vortag lassen sich die meisten Grillsalate vorbereiten. Vor allem empfiehlt sich das bei Erdäpfel- oder Nudelsalat, damit das Dressing länger einziehen kann, sagt Grillexperte Weyer. Blattsalate werden klarerweise erst kurz vor dem Essen abgemacht, die Vinaigrette kann aber vorher angerührt werden. Vorbereitete Salate immer auf Raumtemperatur bringen und nicht kühlschrankkalt servieren.

4. Das Werkzeug macht’s

Für den Grillexperten Manuel Weyer gehören nicht nur gute Messer und Grillzangen zur perfekten Grillerei: "Gerade beim Handling von kleinerem oder feinem Grillgut, das leicht auseinanderfallen könnte, zum Beispiel Grillkäse oder Fischfilets, helfen die richtigen Tools." Seine Top-drei-Werkzeuge sind das Räucherbrett aus Zedernholz, die keramische BBQ-Backform und die gusseiserne Pfanne. Gerade Letztere ist ein richtiger Allrounder: Darin lassen sich der Belag für Burger, Gemüse-Schaschlik, Fischfilets aber auch ein Apfelkuchen auf dem Grill zubereiten. Auch wichtig: Haben Sie Veganerinnen und Vegetarier unter den Gästen, immer eine extra Grillzange für deren Gerichte bei der Hand haben.

5. Aufs Thermometer schauen

Bei Elektro- und Gasgrillern sollte man bei der Grilldauer nicht auf die Vorheizzeit vergessen. "Diese beträgt in der Regel acht bis zehn Minuten", sagt Weyer und fügt hinzu: "Je kleiner der Grill und je höher dessen Leistung, umso schneller ist der Grill auf Betriebstemperatur." Das häufige Öffnen des Deckels sorgt dafür, dass der Grill immer wieder auf die erforderliche Temperatur erhitzt werden muss. Beim derzeitigen Trend, auch im Winter zu grillen, dauert es klarerweise länger, den Grill auf Zieltemperatur zu heizen als im Hochsommer.

Auch auf kleinstem Raum lässt es sich ordentlich grillen.
imago/Westend61

6. Gemeinsamkeiten nutzen

Um auf wenig Platz und energieeffizient zu grillen, sollte man ähnliche Grilltemperaturen ausnutzen, weiß Weyer. So könne man nicht nur parallel Speisen zubereiten, man verhindere auch Temperaturschwankungen bei der Zubereitung und dadurch minderen Geschmack.

7. Warm Halten

Mit wenig Platz auf dem Grill und dem Balkon steht man vor dem Problem, dass man nicht alle hungrigen Mäuler gleichzeitig füllen kann. Um gemeinschaftlich zu essen, kann Gegrilltes kurz im Backofen warm gehalten werden. Dabei reicht eine Temperatur von 40 bis 50 Grad, sagt der Grillexperte. Viele Gerichte verlangen ohnehin nach einer kurzen Ruhephase, Fleisch zum Beispiel, so Weyer, wird dadurch nur besser. Währenddessen kann man noch die letzten Kleinigkeiten auf den Tisch stellen oder Getränke nachschenken.

8. Stay calm and grill on

"In der Regel haben die Gäste keine Ahnung, wie das Gericht ausschauen soll", sagt Weyer scherzhaft. Was er meint: Ruhe bewahren, falls etwas schiefgeht, und sich nichts anmerken lassen. Man kann ja immer sagen, das muss genau so sein. Die häufigsten Fehler passieren laut dem Grillexperten bei zu hohen Temperaturen und Ungeduld. "Deckel zu, vertraut dem Grill", und im schlimmsten Fall gibt man das am meisten verbrannte Kotelett sich selbst.

9. Richtig sauber

Auf einer Skala von eins bis zehn, wie viel Lust empfinden Sie nach dem Grillen den Grill auch noch sauber zu machen? Genau, null. Die meisten werden die Gasflasche abdrehen oder den Stecker ziehen und den Deckel zu machen. Aus den Augen, aus dem Sinn. Aber damit man bei der nächsten Grillage gleich losstarten kann, sollte der Grillrost gleich abgebürstet und die Tropfschale geleert werden. Bei gusseisernen Rosten empfiehlt Weyer Küchenrolle mit Pflanzenöl oder einem geeigneten Pflegemittel zu benetzen und damit den Grillrost einzureiben.

10. Quo vadis, Grill?

Gerade wenn man keine Garage oder keinen Keller besitzt, kommt die Frage auf: Wohin nur mit dem Griller? Will man ihn im Freien stehen lassen, gehört er unbedingt mit einer Abdeckhaube geschützt, sagt der Grillexperte. Generell sollte der Griller immer von der Stromquelle getrennt bzw. die Gasflasche zugedreht und abgeklemmt werden. Dann kann nichts Unvorhergesehenes passieren. (RONDO, Kevin Recher, 23.6.2023)