Justizministerin Alma Zadić.
IMAGO/SEPA.Media

 "Die Pressefreiheit ist ein unumstößliches Grundprinzip unserer demokratischen Ordnung. Sie stellt sicher, dass Journalistinnen und Journalisten frei arbeiten können und ihre Quellen geschützt werden. Das ist in einer Demokratie unerlässlich, damit Medien ihre Kontrollfunktion als vierte Gewalt im Staat und als Public Watchdogs ausüben können." Justizministerin Alma Zadić sah sich zu dieser Klarstellung angesichts des Vorgehens der Staatsanwaltschaft in Klagenfurt veranlasst.

Dort wurden auf Antrag der Staatsanwaltschaft dem Journalisten Franz Miklautz dessen Handy und Computer abgenommen. Gegen ihn wird wegen des "Beitrags zu Verletzung des Amtsgeheimnisses und Verletzung des Datenschutzgesetzes" ermittelt. Journalistenorganisationen sehen darin einen Anschlag auf die Pressefreiheit und haben bereits heftig protestiert.

Aufdeckerstorys aus Kärnten

Miklautz ist ein freier Journalist mit Sitz in Klagenfurt, er betreibt unter anderem die Homepage Mediapartizan und schreibt für verschiedene Medien, auch für überregionale Magazine. In Kärnten ist er für seine Investigativrecherchen bekannt und für seine Aufdeckerstorys bei den politischen Parteien auch gefürchtet.

Angezeigt wurde Miklautz wegen kritischer und für die Verantwortlichen unangenehmer Recherchen über Überstundenabrechnungen, Gehälter und Nebentätigkeiten im Klagenfurter Rathaus. Miklautz habe geheime Dokumente veröffentlicht und damit einen Beitrag zur "Verletzung des Amtsgeheimnisses" geleistet, so die Ansicht der Staatsanwaltschaft. Jetzt findet der Inhalt der Recherchen erst recht breiten medialen Widerhall.

Miklautz hatte im Kärntner Monat über Überstunden, Provisionen und Nebentätigkeiten im Klagenfurter Rathaus berichtet. Im Dezember 2022 soll Magistratsdirektor Peter Jost auf ein Bruttoeinkommen von 40.834 Euro gekommen sein. Miklautz konnte auch den Gehaltszettel vorlegen.

Gegen den Journalisten Franz Miklautz wird ermittelt.
Miklautz/LinkedIn

Auswertung nicht möglich

Medienrechtlich konnte man gegen Miklautz offenbar nicht ankommen, jetzt wird das Strafrecht bemüht. Es scheint auch darum zu gehen, den Informanten des Journalisten ausfindig zu machen. Gegen die Beschlagnahme von Computer und Handy, dem Arbeitsgerät von Miklautz, hat sein Anwalt Einspruch erhoben, derzeit können diese Geräte also nicht ausgewertet werden. Aber Miklautz kann auch nicht arbeiten, da er nicht auf seine Unterlagen und Kontakte zugreifen kann. Eine Auswertung der Geräte sei bis zu einer gerichtlichen Überprüfung nicht möglich, stellt die Justizministerin dazu fest. Zadić hat der Staatsanwaltschaft einen dringenden Berichtsauftrag erteilt, um die Sach- und Rechtslage zu prüfen. Der Justiz, so heißt es im Hintergrund, sei die Brisanz der Vorgänge durchaus bewusst, man versuche, so schnell wie möglich zu handeln und Ergebnisse zu erzielen.

Es sei die Aufgabe aller Institutionen in einem Rechtsstaat, dafür zu sorgen, dass Journalistinnen und Journalisten ihre Kontrollfunktion auch ausüben können, hielt Zadić dazu fest. "Diese wichtige Aufgabe des Journalismus ist auch durch besondere rechtliche Bestimmungen geschützt, wie etwa durch das Redaktionsgeheimnis und die Pressefreiheit. Diese Bestimmungen müssen von den Staatsanwaltschaften in jedem Fall geachtet und die Pressefreiheit geschützt werden", stellte die Ministerin klar.

Branche verurteilt Vogehen

Der Verein der Chefredakteur:innen und der Presseclub Concordia übten heftige Kritik an der Klagenfurter Staatsanwaltschaft. Das Vorgehen der Justiz sei ein frontaler Angriff auf das Redaktionsgeheimnis, rote Linien würden hier überschritten. Die Journalistenvertreter wiesen im Zusammenhang mit der Causa auch auf die Dringlichkeit eines Informationsfreiheitsgesetzes hin.

Massive Kritik äußerte die Organisation Reporter ohne Grenzen (RSF), die jährlich einen Pressefreiheitsindex herausgibt. "Die Vorgehensweise ist ein extremer Schlag gegen die Pressefreiheit. Wenn das Schule macht, müssen sich alle Journalisten fragen, ob sie künftig noch Informationen bekommen", sagte RSF-Österreich-Präsident Fritz Hausjell. "Es schreit danach, dass endlich das Informationsfreiheitsgesetz umgesetzt und das Amtsgeheimnis abgeschafft wird. Wenn das Vorgehen der Kärntner Staatsanwaltschaft durchgeht, obsiegt das Amtsgeheimnis über das Redaktionsgeheimnis."

SPÖ-Klubobmann Philip Kucher forderte Zadić auf, möglichst schnell sicherzustellen, dass die beschlagnahmten Geräte zurückgegeben werden, und darüber hinaus dafür zu sorgen, dass so etwas nicht mehr vorkommen kann. FPÖ-Nationalratsabgeordneter Christian Ragger kündigte eine parlamentarische Anfrage an, der stellvertretende Neos-Klubobmann Nikolaus Scherak forderte eine unabhängige und vom Parlament mitbestellte Bundesstaatsanwaltschaft sowie den Beschluss eines Informationsfreiheitsgesetzes. (Michael Völker, 21.6.2023)