ÖH-Vorsitzende Nina Mathies, VSStÖ
Die 22-jährige Nina Mathies vom Verband Sozialistischer Studierender (VSStÖ) wurde zur neuen ÖH-Vorsitzenden gekürt.
APA/TOBIAS STEINMAURER

Rund einen Monat nach der von IT-Pannen überschatteten ÖH-Wahl fand am Freitagvormittag die konstituierende Sitzung der neuen Bundesvertretung der Österreichischen Hochschülerschaft (ÖH) statt. Dabei stimmten die 55 Mandatarinnen und Mandatare über das Vorsitzteam ab, das die Interessenvertretung der rund 390.000 Studierenden – von denen allerdings nur 21 Prozent an der Wahl teilnahmen – in den kommenden zwei Jahren anführen soll. Wie bereits berichtet, hat sich im Vorfeld eine Koalition aus drei linken Fraktionen gebildet.

Die stärkste Kraft in der Koalition ist der Verband Sozialistischer Studierender (VSStÖ), der mit 15 Sitzen im Studierendenparlament sein historisch bestes Ergebnis errungen hat. Mit an Bord sind auch die Grünen und alternativen StudentInnen (Gras) mit elf Mandaten und die kommunistische Fraktion KSV-Linke Liste (KSV-Lili) mit drei Mandaten. Gemeinsam kommen die drei linken Fraktionen auf eine knappe Mehrheit von 29 Sitzen – mindestens 28 sind notwendig. Die Fachschaftslisten (Flö), die bisher mit VSStÖ und Gras koalierten und bei der Wahl an Stimmen verloren, finden sich nun in der Opposition wieder. Auch die ÖVP-nahe Aktionsgemeinschaft (AG), die liberalen Junos, die zweite kommunistische Fraktion KSV-KJÖ, der Ring freiheitlicher Studenten und die überraschend neu eingezogene Liste "Who the F*ck is Herbert?" sind nicht Teil der ÖH-Regierung – der sogenannten Exekutive.   

Die neue Koalition aus VSStÖ, Gras und KSV-Lili hat gemeinsam 29 von 55 Mandaten
APA

Zur neuen ÖH-Chefin wurde am Freitag die 22-jährige Vorarlbergerin Nina Mathies vom VSStÖ gewählt, die zuletzt auch die bundesweite ÖH-Spitzenkandidatin ihrer Fraktion war. Mathies studiert in Wien an der Universität für Bodenkultur im Bachelor Umweltingenieurswissenschaften und ist seit der Schulzeit bei SPÖ-Jugendorganisationen aktiv. Wie es sich in der ÖH mittlerweile eingebürgert hat, soll es laut Plan der Koalition in einem Jahr – also zur Hälfte der Amtsperiode – zu einer Rochade an der Spitze kommen. Dann dürfte die Grüne Sarah Rossmann, die nun zunächst ein Jahr als stellvertretende Vorsitzende fungiert, zur Vorsitzenden aufsteigen und mit Mathies Platz tauschen. Vom kleinsten Koalitionspartner KSV-Lili, der überhaupt erstmals in der Exekutive amtiert, wurde der der 24-jährige Wiener Simon Neuhold ins Vorsitzteam gewählt. 

Vorsitzteam Österreichische HochschülerInnenschaft
Die neue ÖH-Vorsitzende Nina Mathies (VSStÖ, Bildmitte), ihre Stellvertreterin Sarah Rossmann (Gras, links) und ihr Stellvertreter Simon Neuhold (KSV-Lili, rechts) haben sich auf einen Koalitionspakt geeinigt.
VSStÖ

In einer Aussendung gab sich das Trio am Freitagvormittag kämpferisch: "In den kommenden zwei Jahren werden wir nicht leise sein, wenn die Bundesregierung die Probleme von uns Studierenden ignoriert und uns im Regen stehen lässt. Alle Studierenden verdienen ein unbeschwertes Studium." 

Teilzeitstudium und Queer-Workshops

Für die kommenden beiden Jahre hat sich die neue ÖH-Spitze laut Koalitionsvertrag ein "demokratisches, antikapitalistisches, progressives, solidarisches und sozial gerechtes Verständnis" von Politik vorgenommen. Man versteht sich als "queerfeministische ÖH" und will sich unter anderem gegen Rassismus und Faschismus engagieren. "Im Sinne ihrer antifaschistischen Grundhaltung" will die ÖH mit Landes- oder Bundesregierungen mit FPÖ-Beteiligung nicht zusammenarbeiten. Prophylaktisch hat man sich bereits darauf geeinigt, Proteste im Falle einer Regierungsbeteiligung der FPÖ auf Bundesebene proaktiv zu organisieren.

An Projekten hat sich die neue ÖH-Spitze unter anderem ein "Wunschkonzept" für ein Beihilfensystem, einen Klimabeirat an Hochschulen sowie ein Pilotprojekt für ein Teilzeitstudium vorgenommen. Für Lehramtsstudierende soll es Workshops zu queerer Sexualität und Geschlechtsidentität geben, um den derzeit "cis-hetero normativ" gestalteten Sexualkundeunterricht an den Schulen zu erweitern. Außerdem sollen sie in weiteren Workshops auch antirassistische Lehre vermittelt bekommen. Die Amtsperiode der neuen ÖH beginnt am 1. Juli. (ta, APA 23.6.2023)