Akzeptanz des ORF-Publikums ist für Thomas Zach, Sprecher der ÖVP-nahen Stiftungsräte, die zentrale Herausforderung für den öffentlich-rechtlichen Medienkonzern, wenn ab 2024 alle wie geplant ORF-Beitrag unabhängig vom Empfang zahlen müssen. Das gilt für Zach insbesondere für die Information im ORF.

ORF-Info brauche "scharfe Trennung zwischen Bericht und Kommentar", findet Thomas Zach, Sprecher der ÖVP-nahen Stiftungsräte.
Imago/Sepa Media/Martin Juen

ORF-General Roland Weißmann hat seinen Stiftungsräten am Montag das Projekt "Strategie 2030" vorgestellt. Und weil für den ORF ab 2024 laut geplantem ORF-Gesetz alle einen Beitrag unabhängig vom Empfang zahlen sollen, formuliert er einen "ORF für alle" als Ziel. Zuletzt im Publikumsrat sprach Weißmann von – laut Integral-Umfrage – 25 Prozent der Menschen, die öffentlich-rechtlichen Rundfunk nicht wesentlich finden. Auch sie gelte es zu gewinnen.

Mit dem geplanten ORF-Gesetz – das kommende Woche im Nationalrat beschlossen wird – bekommt der ORF einerseits eine Haushaltsabgabe unabhängig von Empfangsgeräten, andererseits mehr Möglichkeiten online, insbesondere im Streaming. Das Gesetz erlaubt eigens für das Netz produzierte Formate und Sendungen.

"Es ist für den ORF extrem wichtig, dass er die Transformation zum digitalen Content-Provider schafft", sagte Zach im Gespräch mit dem STANDARD. Weißmann hat intern eine "Kultur der Verantwortung" als Aufgabe definiert. Was soll das heißen? Zach grundsätzlich: "Dass alle im Unternehmen am gleichen Strang ziehen, an unterschiedlichen Positionen, aber alle am gleichen Strang."

Information im Blick

Besonderes Augenmerk in Sachen Akzeptanz gelte der ORF-Information: "Ich erwarte, dass wir es tatsächlich schaffen, die hohe Zustimmung, die wir etwa in Corona-Zeiten zur Information im ORF hatten, auch in normalen Zeiten zu erhalten und weiterentwickeln zu können."

Wie das? "Wir müssen noch genauer darauf achten, dass wir die dafür relevanten Vorgaben aus dem ORF-Gesetz und den Programmrichtlinien einhalten." Ist das aus seiner Sicht nicht ausreichend der Fall? "Man kann immer genauer werden", sagt Zach: "Es steht dem ORF gut an, diesen Aspekt im Auge zu behalten, immer wachsam und aufmerksam zu sein."

Das Gesetz – ein Verfassungsgesetz – gibt schon jetzt für den ORF und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unabhängige, vielfältige und unparteiische Berichterstattung vor. Darauf sei besonders zu achten, sagt Zach, auf Vielfalt, Äquidistanz und auf die "scharfe Trennung zwischen Bericht und Kommentar".

"Wesentliche Absicherung der Akzeptanz ist auch dadurch zu erreichen, dass Äquidistanz und Meinungspluralismus im ORF zu halten und auszubauen sind, und ganz besonders auf die strikte Trennung von Bericht und Kommentar zu achten", sagt Zach. "Das muss mehr ins Bewusstsein gerückt werden."

Der ORF müsse eine "breite Informationsbasis für alle Menschen bieten, auch junge Menschen und auch Menschen, die neu in unser Land kommen. Wir haben eine diverse Gesellschaft abzubilden." Der ORF sei hier schon sehr gut, aber "vom Spitzensport zum Olympiateam zu kommen" sei "die schwierigste Übung. Wenn man etwas gut kann, ist es die härteste Übung, noch besser zu werden."

"Hilft Glaubwürdigkeit"

Bestätigt sieht Zach seine Position in den Plänen für eine neue Führungsstruktur im Newsroom für alle ORF-Medien – die wohl in nächster Zeit kommuniziert wird. "Wir haben uns schon seit Jahren gegen einen zentralen Chefredakteur ausgesprochen", erinnert Zach, der Newsroom dürfte nun "nach diesem Prinzip aufgestellt" werden: "Das hilft der Glaubwürdigkeit des ORF."

Der Newsroom soll wie berichtet drei Chefredakteurinnen oder Chefredakteure bekommen sowie drei Stellvertreter. Als aussichtsreicher Kandidat für einen der drei Chefredakteursjobs wird insbesondere APA-Chefredakteur Johannes Bruckenberger gehandelt.

Lederer urgiert neue Programme

Heinz Lederer, SPÖ-"Freundeskreisleiter" im ORF-Stiftungsrat, drängt auf Programmneuerungen. "Ich sehe nichts, was den ORF ab 1. Jänner den Menschen anhand konkreter Veränderungen wirklich näherbringt." Dabei sei das Programm einer der zentralen Punkte zur Rechtfertigung des ORF-Beitrags, der ab 1. Jänner von einer gerätegekoppelten Gebühr zu einer Haushaltsabgabe umgestellt wird. Auch auf eine neue Flottenstrategie für die ORF-Radios warte Lederer seit langer Zeit vergeblich.

Um Programm umzusetzen, brauche es Mitarbeiter, sagt Lederer der APA. "Wenn wir nicht bald anfangen, Stellen nachzubesetzen, werden wir die Leute am Markt nicht mehr bekommen." Dabei brauche es auch speziell im Digitalen versierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. "Der Wettbewerb auf diesem volatilen Markt ist enorm. Der ORF muss mit guter Bezahlung und Scouting mitspielen", fordert der Stiftungsrat.

Erbost zeigt sich Lederer über die teils üppigen Nebentätigkeiten mancher ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter. Eine im ORF eingerichtete Ethikkommission befasst sich derzeit unter anderem mit diesem Thema. Bis September will Lederer Ergebnisse vorliegen haben. Es müsse klar geregelt sein, welche Nebentätigkeiten in welchem Ausmaß genehmigt werden dürfen. Eines ist für Lederer dabei klar: "Es muss ein großer Abstand beim Verdienst als Angestellter und dem Verdienst über Nebeneinkünfte sein." Und: Eine neue übergeordnete Stelle müsse eingerichtet werden, die die Einhaltung der neuen Richtlinien überwacht. (fid, 27.6.2023)