Jonathan Fine Weltmuseum Kunsthistorisches Museum
Derselbe Mann vor neuem Hintergrund: Jonathan Fine wechselt innerhalb des KHM-Museumsverbands 2025 von den Räumlichkeiten des Weltmuseums eine Karriereetage höher in die ehrwürdigen Hallen des Kunsthistorischen Museums. Als Generaldirektor wird er damit acht Standorten vorstehen.
APA/ROLAND SCHLAGER

Mit seinem Lebenslauf kann man sich die Jobs wohl nur so aussuchen: Jonathan Fine, 1969 in New York geboren, hat gleich an drei Eliteuniversitäten studiert, in Princeton, Yale und Cambridge. Daran gehindert, sich für eine Museumslaufbahn in Wien zu entscheiden, hat ihn das nicht – das an sich ist schon eine kleine Adelung für das Kunsthistorische Museum, als dessen Chef Fine ab 2025 Sabine Haag nachfolgen wird.

Die Tür zum KHM-Museumsverband, der acht Standorte und 25 Sammlungen umfasst, stieß Fine bereits 2021 auf. Damals wurde er Direktor des völkerkundlichen Weltmuseums. Zuvor war Fine Sammlungsleiter am Ethnologischen Museum Berlin, wo er auch als Kurator für Sammlungen aus Westafrika, Kamerun, Gabun und Namibia tätig war.

Bereits in Berlin war Fine mit der schwierigen Aufgabe von Rückgabeforderungen kolonial belasteten Kulturguts befasst. Im Zuge seines Wechsels nach Wien verhehlte er nicht, kein Freund des allzu hastigen Umgangs der deutschen Politik mit der Thematik zu sein. Fine plädierte stets für ausgewogene Entscheidungen und klar formulierte rechtliche Rahmenbedingungen.

Anwalt mit Gespür für Unrechtskontexte

In Wien wurde er von Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer (Grüne) denn auch damit beauftragt, gemeinsam mit einem international besetzten Fachgremium Empfehlungen für ein solches Gesetz zu erstellen. Das jüngst präsentierte Ergebnis hat Hand und Fuß und stellt bislang auch jene zufrieden, die Rückgaben erhoffen. Für die spricht sich Fine dezidiert aus, er gilt dabei aber als bedachter, kühler Kopf, auch mit einem Talent gesegnet, kritische Stimmen zu hören und einzubinden.

Nach seinem Studium der Geschichts- und Literaturwissenschaft hat Fine in Yale Rechtswissenschaft studiert und danach als Menschenrechtsanwalt gearbeitet. 2020 promovierte er im Fach Kunstgeschichte und Archäologie. Das als Anwalt erlernte Gespür für Recht und Unrecht zeichnet ihn nunmehr auch als Kulturmanager aus.

Das Weltmuseum wollte er von Anfang an stark als Haus für zeitgenössische Kunst aus dem Globalen Süden positionieren. Als Tausendsassa, der den KHM-Verband als "enzyklopädisches Museum" sieht, werden unter ihm wohl gerade die vielen Nebensammlungen des KHM gestärkt. Und als Weltmuseum-Chef hat Fine schließlich auch selbst erlebt, wie ernüchternd es sein kann, vom Goodwill der Generaldirektion abhängig zu sein. Seinen besten Anwalt hat das Weltmuseum nun ganz oben sitzen. (Stefan Weiss, 29.6.2023)