Wer den Auftrag gibt, zahlt den Makler. So lässt sich das Bestellerprinzip zusammenfassen, das am Markt für Mietwohnungen ab sofort gilt. Und weil ein Makler seinen Auftrag in der Regel von der Vermieterin bekommt, bedeutet das für Wohnungssuchende zuerst einmal eines: Sie ersparen sich die Provision, die bisher bis zu zwei Bruttomonatsmieten ausgemacht hat. Für die meisten ist das eine gute Nachricht in Zeiten steigender Wohnkosten.

Straßenschlucht in der Stadt
Die Gesetzesänderung wurde jahrelang diskutiert - nun tritt sie in Kraft.
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Für die Maklerbranche hing das Bestellerprinzip beziehungsweise das "Erstauftraggeberprinzip", wie es auch oft genannt wird, hingegen jahrelang wie ein Damoklesschwert über ihrem Geschäftsmodell. Die sogenannte "Abgeberprovision", also die Provision vom Vermieter, sei "am Markt nicht durchsetzbar", hieß es zumeist. Wenn einmal auch die Mieterinnen und Mieter nichts mehr bezahlen müssen, werde das Maklergeschäft einbrechen, es werde zu vielen arbeitslosen Maklerinnen und Maklern kommen.

War die ganze Aufregung umsonst?

Doch wieder einmal wird wohl nicht so heiß gegessen wie gekocht – das lässt sich bereits sagen. Wer in den vergangenen Tagen mit Maklerinnen und Maklern sprach, bekam vor allem eines zu hören: Es sei plötzlich "überhaupt kein Problem", von größeren Vermietern, wie etwa Versicherungen oder Fonds, jetzt zwei Bruttomonatsmieten an Provision zu kassieren, manchmal sogar mehr, verrieten zwei Immobilienprofis unabhängig voneinander auf dem jüngsten "Wiener Immobilientag" der Wirtschaftskammer dem STANDARD.

Von einer "großartigen Wende" ist da in Maklerkreisen bisweilen sogar die Rede. Denn insbesondere die erwähnten "großen" Vermieter würden "sehr großes Verständnis" dafür aufbringen, dass sich die Maklerinnen und Makler nun anderswo umschauen müssen, um zu ihrer Provision zu kommen. "Das Verständnis ist größer, als wir gedacht hatten", bestätigt der Maklersprecher des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), Robin Kalandra.

Nachsatz: "Wir buhlen natürlich sehr um die Vermieterseite." In unterschiedlichen Paketen, von der Minimalvariante mit rein digitaler Abwicklung der Vermietung bis zum exklusiven Rundum-sorglos-Paket mit virtuellem Staging, 3D-Touren und Besichtigungen auch am Wochenende, die in vielen Maklerbüros in den vergangenen Wochen und Monaten ausgearbeitet wurden, werden die Dienstleistungen der Makler nun für die Vermieter besser aufgedröselt und sichtbar gemacht. Kalandra selbst hat drei unterschiedliche Pakete im Angebot.

Für die Maklerinnen und Makler scheinen die Änderungen per 1. Juli also besser verkraftbar zu sein als gedacht. Ein paar Büros werden aber wohl doch aufhören oder das Mietengeschäft einstellen, sagt Kalandra; das habe aber oft damit zu tun, dass die Unternehmer kurz vor der Pension stehen.

Alles halb so wild? Manche Maklerinnen und Makler sehen in der neuen Situation auch eine Chance.
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Und ganz grundsätzlich tritt der Makler-Sprecher etwas auf die Euphorie-Bremse, was die rasche Einführung der Abgeberprovision betrifft. Zwei Tage vor dem Inkrafttreten des Bestellerprinzips, als ihn der STANDARD telefonisch erreicht, hat er noch viel damit zu tun, Kunden davon zu überzeugen, wie er sagt.

Das eine oder andere Maklerbüro wird es wohl auch tatsächlich schwerer haben als zuvor, was zum einen daran liegt, dass manche "kleinere" Vermieter, jene mit einer bis ein paar wenigen Wohnungen, zunächst wohl versuchen werden, selbst zu vermieten. Das erwartet man jedenfalls auch bei Otto Immobilien. "Die werden dann aber schnell merken, dass es um mehr geht, als nur die Wohnung aufzusperren", glaubt Otto-Wohnexpertin Sonja Kaspar, die diese neue Zeit auch als Chance für ihre Branche sieht.

Allerdings fällt das Inkrafttreten des Bestellerprinzips bei der Miete derzeit eben auch genau mit einer Schwächephase bei den Kauftransaktionen zusammen. Das sei ein wesentlicher Unterschied zu Deutschland, wo das Bestellerprinzip schon im Jahr 2015 eingeführt wurde, sagt Kalandra. "Dort fiel das in eine Hochphase des Kaufgeschäfts", die Makler konnten die Provisionsverluste also mit mehr Abschlüssen bei Verkäufen kompensieren.

In Österreich herrscht bei den Transaktionen seit dem zweiten Halbjahr 2022 ziemliche Flaute, viele Menschen können sich aktuell kein Eigenheim leisten – wegen der strengen Kreditvergaberegeln, der hohen Zinsen und der hohen Baukosten. Deswegen geht Kalandra grundsätzlich von einem Umsatzrückgang der meisten Maklerbüros für heuer aus.

Werden Mieter für anderes zahlen?

Aber was ist mit den Mieterinnen und Mietern? Werden sich die Befürchtungen bewahrheiten, dass Vermieter die Kosten für die Provision künftig – dort, wo es geht, etwa bei Neubauwohnungen – durch eine höhere Miete oder andere Gebühren von den Mietern zurückholen?

Christian Bartok, Chef der Mieterhilfe der Stadt Wien, kennt diese Bedenken. "Die Kosten dürfen definitiv nicht über Umwege übergewälzt werden", stellt er klar und meint das auch als Forderung. Bisher hat er dazu noch keine Beobachtungen gemacht. Er will aber ein Auge darauf haben, ob am Wohnungsmarkt plötzlich neue Gebühren auftauchen – etwa in Form einer Vertragserrichtungsgebühr oder einer Auskunftsgebühr.

Grundsätzlich rechnet Bartok schon mit einer "deutlichen Entlastung" für Mieterinnen und Mieter durch die gesetzliche Änderung. Die Einstiegshürden auf dem Wohnungsmarkt seien durch die Maklerkosten hoch gewesen.

Wird der Service schlechter?

Doch die finanzielle Entlastung ist das eine. Wird sich auch der Service für Wohnungssuchende erheblich verschlechtern, weil sie jetzt nichts mehr bezahlen und die meisten Makler deshalb auch nicht mehr als sogenannte "Doppelmakler" tätig sein werden?

Darauf wird jedenfalls vonseiten der Makler-Vertreter seit Monaten oder sogar Jahren hingewiesen: Der De-facto-Verlust der Doppelmaklertätigkeit werde den Service für die Mieterinnen und Mieter verschlechtern – auch aus Haftungsgründen, wird meist betont. Das ist so gemeint, dass man künftig eher gar keine Information mehr erteilen wird als eine falsche – um sich Scherereien zu ersparen mit jemandem, von dem man ohnehin kein Geld bekommt.

Die schon erwähnten Dienstleistungspakete für die Abgeber könnten mitunter auch dafür sorgen, dass den Wohnungssuchenden ab sofort maklerseits eher weniger Aufmerksamkeit zukommen wird. "Das Ziel der Makler wird es jetzt sein, so schnell wie möglich zu vermieten", sagt Philipp Sulek, seit kurzem stellvertretender Maklersprecher im WKO-Fachverband der Immobilientreuhänder.

Er berichtet in diesem Zusammenhang von sogenannten "Sprinter-Fees", die nun vereinzelt schon gesehen wurden – also beispielsweise einer Extra-Monatsmiete vom Vermieter für den Makler, wenn die Wohnung besonders rasch wiedervermietet wird. Viel Zeit und Muße, für Wohnungssuchende noch extra etwas auszuverhandeln, wie etwa das Ausmalen der Wohnung vor der Übergabe, werde da nicht mehr übrig bleiben, glaubt Sulek.

Andererseits sieht er auch ganz neue Chancen, wie jene, dass sich der sogenannte "Suchmakler" in Österreich vielleicht auch endlich etabliert. In den USA und in Kanada ist üblich, dass es auf beiden Seiten Immobilienmakler gibt – beim Suchenden und beim Abgeber. Das wäre auch beim Mietengeschäft unter den nun neuen Rahmenbedingungen eine Win-win-Situation. Insgesamt sei "weniger Einzelkämpfertum, mehr Gemeinschaft" gefragt, sagt Sulek. Man wird sehen, wie es kommt. (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, 1.7.2023)