Max Verstappen.
Die personifizierte Dominanz.
AP/Darko Vojinovic

Spielberg - Nach Training, zwei Qualifyings und Sprintrennen hat Max Verstappen am Sonntag auch den Großen Preis von Österreich gewonnen. Der Niederländer siegte zum rekordhaften fünften Mal in Spielberg und baute seine WM-Führung weiter aus. Auf dem Podium landeten auch Charles Leclerc im Ferrari und Verstappens Teamkollege Sergio Perez, der sich von Startrang 15 nach vorne gearbeitet hatte.

Track-Limit-Chaos

Gesprächsthema Nummer eins war aber die Streckenbegrenzung am Red-Bull-Ring. Zahlreiche Track-Limit-Verstöße sorgten für ein wahres Strafenfestival. Aston Martin protestierte nach Rennende gegen die Ergebniswertung. Eine Reihe von Fahrzeugen sei wegen eines Verstoßes gegen Artikel 33.3 des Sportlichen Reglements nicht bestraft worden, argumentierte der Rennstall. Dieser Artikel besagt, dass die Fahrer "alle zumutbaren Anstrengungen unternehmen" müssen, "um die Strecke jederzeit benutzen zu können, und sie dürfen die Strecke nicht ohne triftigen Grund verlassen". Während des Rennens hatte die Rennleitung laut Fia mehr als 100 Rundenzeiten gelöscht, bei denen Fahrer die weißen Streckenmarkierungen in bestimmten Kurven mit der gesamten Fahrzeugbreite überschritten.

Gegen 20 Uhr erklärte die Fia dann, dass die Rennleitung während des Grand Prix die Aufgabe hatte, "weit über 1200 Fälle zu überprüfen, in denen ein Fahrzeug als potenziell von der Strecke abgekommen gemeldet wurde". Es ging sich nicht aus, diese alle während des Rennens zu prüfen. Dies wurde danach erledigt. Gegen 22 Uhr wurde dann das Ergebnis bekannt: Die Fia bestrafte acht Fahrer nachträglich. Am Podium änderte sich nichts, dafür in den Top Ten.

Für Aston Martin zahlte sich der Protest aus: Beide Piloten gewannen jeweils eine Position. Fernando Alonso ist nun Fünfter, Lance Stroll Neunter. Zu den nachträglich sanktionierten Fahrern gehörten auch Rekordweltmeister Lewis Hamilton (Mercedes) und der ursprünglich viertplatzierte Spanier Carlos Sainz (Ferrari), der auf Rang sechs zurückfiel. Gegen den Franzosen Esteban Ocon (Alpine) wurde mit 30 Sekunden die größte Sanktion verhängt.

Safety-Car in Runde zwei

Dieses Chaos war vor Rennbeginn nur schwer erahnbar. Christopher Seiler (Seiler & Speer) und Volksopernsängerin Juliette Khalil setzten die Bundeshymne in Szene. Dazwischen gab es eine Schweigeminute für den am Samstag in Spa tödlich verunglückten Jungfahrer Dilano van’t Hoff. Nach dem regnerischen Samstag bot der strahlend blaue Himmel, von orangen Rauchbomben der traditionell zahlreichen Oranje-Fans abgesehen, inmitten der Grünlandschaft die perfekte Bühne.

Christopher Seiler (Seiler & Speer) und Volksopernsängerin Juliette Khalil intonieren die Bundeshymne beim Formel1-Grand-Prix in Spielberg.
Land der Berge, Land am Strome ...
IMAGO/PanoramiC/FLORENT GOODEN

Polesetter Verstappen hielt den lästigen Verfolger Leclerc und Sainz beim Start hinter sich. Das änderte sich auch nicht nach dem fliegenden Restart – das Safety-Car kam in Runde zwei heraus, weil Yuki Tsunoda (AlphaTauri) in Ocons Heck raste und seinen Frontflügel zerlegte. Nico Hülkenbergs Haas-Boliden ging die Power aus, er rollte aus. Virtuelles Safety-Car.

Und diese Runde 17 war symptomatisch. Verstappen blieb draußen und fuhr sich einen Vorsprung raus. Anstatt die Strategie zu splitten, holte Ferrari beide Piloten in die Box zum Reifenwechsel. Der erfolgte ein bisserl langsam, Sainz rutschte auf Rang sechs zurück. "Come on Guys", verzweifelte der Spanier im Boxenfunk. "Warum bin ich nicht draußen geblieben?"

Ein Ferrari-Doppelboxenstopp in Spielberg. Vorne fährt Charles Leclerc weg, hinten kommt Carlos Sainz nach.
Der Ferrari-Doppelboxenstopp: Vorne Charles Leclerc, hinten Carlos Sainz.
AP/Darko Vojinovic

Die Büchse der Pandora

Parallel dazu öffnete der internationale Motorsportverband Fia die Büchse der Pandora und verpasste – dem bereits zuvor verwarnten – Lewis Hamilton eine Fünf-Sekunden-Strafe. Der Engländer hatte mehrmals die Streckenbegrenzung, die weiße Linie neben dem Asphalt, vollständig überschritten. Seine Begründung: "Mein Auto ist schlecht, ich kann es nicht in den Kurven halten."

Vielleicht half auch Lando Norris mit. Der McLaren-Mann, der letztlich Vierter wurde, pickte zuvor an seinem Landsmann und petzte dessen Verstöße regelmäßig – für die Rennleitung hörbar – in den Boxenfunk. Hamilton beschwerte sich später über Sainz’ Grenzgänge. The circle of life. Und der Beginn einer Odysee.

Bereits während dem Rennen kassierten mehrere Piloten Strafen für das Überschreiten der Streckenbegrenzung. Auch Albon, Pierre Gasly und Kevin Magnussen bekamen allesamt eine Fünf-Sekunden-Strafe aufgebrummt, Yuki Tsonoda bekam sogar eine Zehn-Sekunden-Strafe.

Lewis Hamilton.
Lewis Hamilton verzweifelte wie weitere Piloten am Track Limit.
AP Photo/Darko Vojinovic

Verstappen lag nach seinem Boxenstopp und erstmalig nach gesamt 248 Rennrunden zwar kurzfristig nicht mehr voran. Pünktlich zur Halbzeit, in Runde 35, überholte er aber Leclerc in Kurve drei und war danach nicht mehr gefährdet.

Und sonst? Perez und Sainz lieferten sich in den letzten Runden noch ein packendes Duell, mehrere Überholmanöver inklusive. Mercedes-Motorsportberater Toto Wolff leistete seinem geplagten Schützling Hamilton indes immerhin moralischen Beistand: "Lewis, das Auto ist schlecht. Wir wissen es."

Freudentag für Veranstalter und Oranje-Fans

Oranje-Party bei der Siegerehrung.
Oranje-Party bei der Siegerehrung.
APA/ERWIN SCHERIAU

Der Veranstalter des größten jährlich stattfindenden Sportevents im Lande hatte mehrfachen Grund zur Freude. 304.000 Zuschauer und Zuschauerinnen kamen über die vier Tage in die Steiermark – Rekord! Zudem wurde bekanntgegeben, dass der GP bis 2030 in Spielberg ausgetragen wird. Der Vertrag war erst im März bis 2027 verlängert worden. Und, auch das sei erwähnt: Nachdem im Vorjahr über sexistische Vorfälle auf den Tribünen berichtet worden war, gab es diesmal keine Negativschlagzeilen.

Die Oranje-Fans feierten Verstappens Sieg wie gewohnt ausgiebig. Der 25-Jährige belohnte sie mit der schnellsten Runde bei der Zieleinfahrt. Er hatte sich, zum Leidwesen seines Renningenieurs, noch weiche Reifen abgeholt. RB-Motorsportberater Helmut Marko: "Jetzt wird der Max gut schlafen." (Andreas Gstaltmeyr aus Spielberg, sid, 2.7.2023)

Endstand des Formel-1-Grand-Prix von Österreich am Sonntag:

Rennlänge: 71 Runden zu je 4,318 km = 306,452 km

1. Max Verstappen (NED) Red Bull 1:25:33,607 (Schnitt: 216,319 km/h)
2. Charles Leclerc (MON) Ferrari +5,155
3. Sergio Perez (MEX) Red Bull +17,188
4. Lando Norris (GBR) McLaren +26,327
5. Fernando Alonso (ESP) Aston Martin +30,317
6. Carlos Sainz (ESP) Ferrari +31,377
7. George Russell (GBR) Mercedes +48,403
8. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes +49,196
9. Lance Stroll (CAN) Aston Martin +59,043
10. Pierre Gasly (FRA) Alpine +1:07,667
11. Alexander Albon (THA) Williams +1:19,767
12. Guanyu Zhou (CHN) Alfa Romeo +1 Runde
13. Logan Sargeant (USA) Williams +1 Runde
14. Esteban Ocon (FRA) Alpine +1 Runde
15. Valtteri Bottas (FIN) Alfa Romeo +1 Runde
16. Oscar Piastri (AUS) McLaren +1 Runde
17. Nyck De Vries (NED) AlphaTauri +1 Runde
18. Kevin Magnussen (DEN) Haas +1 Runde
19. Yuki Tsunoda (JPN) AlphaTauri +1 Runde

Ausgeschieden: Nico Hülkenberg (GER) Haas

Schnellste Runde: Max Verstappen (NED) Red Bull in der 71. Runde in 1:07,012 (Schnitt: 231,970 km/h)

WM-Stand (nach 9 von 22 Rennen):

1. Max Verstappen (NED) Red Bull 229
2. Sergio Perez (MEX) Red Bull 148
3. Fernando Alonso (ESP) Aston Martin 131
4. Lewis Hamilton (GBR) Mercedes 106
5. Carlos Sainz (ESP) Ferrari 82
6. Charles Leclerc (MON) Ferrari 72
7. George Russell (GBR) Mercedes 72
8. Lance Stroll (CAN) Aston Martin 44
9. Esteban Ocon (FRA) Alpine 31
10. Lando Norris (GBR) McLaren 24
11. Pierre Gasly (FRA) Alpine 16
12. Nico Hülkenberg (GER) Haas 9
13. Alexander Albon (THA) Williams 7
14. Oscar Piastri (AUS) McLaren 5
15. Valtteri Bottas (FIN) Alfa Romeo 5
16. Guanyu Zhou (CHN) Alfa Romeo 4
17. Yuki Tsunoda (JPN) AlphaTauri 2
18. Kevin Magnussen (DEN) Haas 2

Stand Konstrukteurs-WM (nach 9 von 22 Rennen):

1. Red Bull 377
2. Mercedes 178
3. Aston Martin 175
4. Ferrari 154
5. Alpine 47
6. McLaren 29
7. Haas 11
8. Alfa Romeo 9
9. Williams 7
10. AlphaTauri 2

Nächstes Rennen: Grand Prix von Großbritannien am 9. Juli in Silverstone