Ministerin Leonore Gewessler mit Mikrofon und im Hintergrund Vizekanzler Werner Kogler
Ministerin Leonore Gewessler und Vizekanzler Werner Kogler: Wie sieht eine Klimapolitik ohne Regierungsbeteiligung der Grünen aus?
APA/GEORG HOCHMUTH

Die gute Nachricht zuerst: Österreich hat es mit den Gesetzen, die seit Anfang 2022 erarbeitet wurden, zum ersten Mal geschafft, seine Treibhausgasemissionen deutlich zu senken. Es kommt somit dem EU-Ziel für 2030 – bis dahin müssen die Emissionen im Vergleich zu 2005 um 48 Prozent sinken – ein Stück näher.

Dazu hat das Umweltbundesamt die Effekte aller Maßnahmen zusammengerechnet, die die Regierung ausgearbeitet hat. Es zeigt sich: All jene Gesetze, die 2022 dazukamen – etwa die Kraftstoffverordnung, der Erneuerbaren-Ausbau und die Ökosteuerreform –, lassen die Lücke von 21 auf 13 Prozent schrumpfen. Um diesen zusätzlichen Anteil muss die Politik die Emissionen bis 2030 noch weiter senken.

Hier kommt allerdings der Haken: Damit die Lücke so weit schrumpft, müssen auch Vorhaben final beschlossen werden, die noch in der Pipeline hängen, unter anderem das Erneuerbare-Wärme-Gesetz. Von einer Einigung auf diesen Stopp für Öl- und Gasheizungen, so hört man aus dem Nationalrat, sind die Parteien noch weit entfernt. Es geht also nicht allein darum, neue Vorschläge umzusetzen – sondern auch darum, vorliegende fertigzuverhandeln. Einfach wird das nicht. Die Lücke zum EU-Ziel wird kleiner – aber ob die türkis-grüne Regierung sich in den kommenden Monaten tatsächlich auf ausreichende Maßnahmen einigen kann, um sie zu schließen? Aus heutiger Sicht wäre das zumindest überraschend. Und was ist nach der Wahl im Herbst 2024? Falls die Finalisierung bis dahin nicht klappt, wird deren Ergebnis entscheidend dafür sein, wie es mit Österreichs Klimafahrplan weitergeht.

Nur bremsen geht nicht

Spannend wird daher allemal, was die öffentliche Konsultation bringt, die das Klimaministerium am Dienstag gestartet hat. Alle Parteien, Interessenvertretungen, NGOs sowie interessierte Einzelpersonen können nun ihre Vorschläge einbringen, wie und wo ausreichend Emissionen eingespart werden sollen. Bei großen Treffen sollen Vorschläge diskutiert und ausverhandelt werden. Das Motto des Formats: Wer einen Vorschlag ablehnt, muss einen anderen machen. Nur bremsen geht also nicht mehr. Das Klimaministerium versucht den Ball an jene zu spielen, die klimapolitische Vorschläge ablehnen – auch in Richtung des großen Koalitionspartners. Allerdings drängt sich die Frage auf, was eine öffentliche Befragung erreichen kann, wo doch die Verhandlungen in den vergangenen Monaten so stark festgefahren waren.

Auch der Blick nach vorne ergibt wenig Grund für Optimismus: Wird eine Regierung ohne Beteiligung der Grünen die Klimapolitik vorantreiben? Die 13-Prozent-Lücke wird wohl vor allem zur Aufgabe der nächsten Regierung werden. Umso wichtiger ist es, dass der Nationale Energie- und Klimaplan, der jetzt bei der EU-Kommission landet, von möglichst vielen Interessengruppen mitentwickelt wird. Es ist nicht das erste Mal, dass so ein Versuch gestartet wurde – wenn auch in etwas anderer Form. Genau vor einem Jahr hat der Klimarat seine 93 Empfehlungen der Regierung übergeben. Bislang wurde wenig davon umgesetzt. Das kann jetzt, da neue Ideen auf den Tisch müssen, nachgeholt werden.

Die neuen Zahlen des Umweltbundesamts zeigen: Politische Maßnahmen können schnell wirken – für das EU-Ziel fehlt allerdings noch ein ganzes Stück. (Alicia Prager, 4.7.2023)