Ein Sicherheitsrisiko. Als das sieht Kanzler Karl Nehammer also FPÖ-Chef Herbert Kickl. Das ist eine Ansage, die in ähnlicher Manier in der Volkspartei immer öfter fällt. In fast schon redundanter Regelmäßigkeit erteilen die Türkisen einer Koalition mit den Freiheitlichen eine Absage – zumindest mit Kickl an der Spitze. Nur ist Nehammer und Co dabei längst nicht mehr zu trauen. Die ÖVP ist in dieser Frage unglaubwürdig geworden.

Wie war das denn nach den Wahlen in Niederösterreich und Salzburg? Da hatte die ÖVP mit der freiheitlichen Koalitionsvariante zumindest keine Freude – um sie wenig später doch einzugehen. Die Bürde, die das den Türkisen angeblich bereitet hat, war erstaunlich schnell überwunden. Wie viel sind die Worte des Kanzlers wert? Wie verbindlich sind sie? Es fällt schwer, dem auch nur einen Funken Glauben zu schenken.

FPÖ-Chef Herbert Kickl
FPÖ-Chef Herbert Kickl wird von Kanzler Karl Nehammer (ÖVP) heftig kritisiert.
Heribert CORN

Selbst die Art und Weise, mit der Nehammer Kickl attackiert, ist eigenartig. Der blaue Frontmann sei ja auch für die Freiheitlichen ein Risiko, versucht der Kanzler der Konkurrenz ins Gewissen zu reden. Mit Kickl sei kein Staat zu machen. Das sei für die FPÖ ein Nachteil in Koalitionsverhandlungen. Sie müsste Kickl also schnurstracks loswerden.

Nehammer lässt dabei aber aus, wer Kickl einst zum Innenminister gemacht hat: die ÖVP und Sebastian Kurz. Zu türkis-blauen Zeiten rückte Nehammer als Generalsekretär seiner Partei sogar noch zur Verteidigung Kickls aus, als dieser 2018 Razzien gegen den heimischen Verfassungsschutz befeuert hatte. Heute wirft ihm Nehammer diesbezüglich Zerstörung vor. Wer sagt also, dass sich die Meinung des Kanzlers nicht schon morgen wieder dreht, sollte es opportun werden?

Es ist ein Trugschluss zu glauben, dass die FPÖ mit einem Wechsel an der Spitze zu einer anderen Partei wird. Auch dann bleibt ihr der Hang zum Rechtsextremen und Russophilen. Das wird sich nicht ändern. Die Volkspartei aber hat aus ihrem türkis-blauen Intermezzo keine Lehren gezogen. Sie versucht gerade sich die Freiheitlichen – ohne Kickl – schönzudenken.

Die FPÖ wird allerdings den Teufel tun und Kickl für ein paar Regierungsämter opfern. Warum auch? Sie führt die Umfragen klar an. Sollte Kickl tatsächlich die nächste Nationalratswahl gewinnen, hat die ÖVP ein Problem. Einige türkise Spitzenpolitiker wollen einem Kanzler Kickl nicht dienen, sagen sie. Aber das darf man erst glauben, wenn es wirklich nicht passiert. (Jan Michael Marchart, 12.7.2023)