Hofburg Wien
Das große Hofburg-Areal hat einige Grünflächen zu bieten, aber auch viele versiegelte Flächen und Gebäude. Eine Mikroklima-Studie machte einige Hitze-Hotspots auf dem zentralen Wiener Areal aus.
APA/GEORG HOCHMUTH

Tagsüber Temperaturen um die 30 Grad – und wenn die Sonne untergegangen ist, folgen Tropennächte. Seit mehreren Tagen hat die aktuelle Hitzewelle auch Wien voll im Griff, wenn auch derzeit sanfter als den Süden Europas. Die heißen Temperaturen sind im Sommer auch in Wien punktuell nicht außergewöhnlich. Bemerkenswert ist aber der deutliche Anstieg der Sommertage und heißen Nächte insgesamt pro Jahr, die vor allem verbaute Metropolen – und damit ihre hitzegeplagten Stadtbewohner oder auch Touristinnen und Touristen – vor große Herausforderungen stellen.

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DER STANDARD

Das im Zentrum der Stadt befindliche Hofburg-Areal hat aufgrund der Gebäude und versiegelten Flächen gleich mehrere Hitze-Hotspots aufzuweisen. Das zeigt eine von der Burghauptmannschaft in Auftrag gegebene Mikroklima-Studie des Unternehmens Weatherpark. In dieser wurde mittels Simulation für einen normalen Sommertag mit einer Höchsttemperatur unter 30 Grad Celsius berechnet, an welchen Stellen es welche Hitzebelastung gibt. Denn wenn die Sonne vom Himmel strahlt, ist es rund um Gebäude und versiegelte Flächen gefühlt deutlich wärmer als im Schatten unter breitkronigen Bäumen – und das bei einer oft gleichen Lufttemperatur. Diese gefühlte Temperatur hänge neben der Lufttemperatur auch mit der Sonnenstrahlung, der Luftfeuchtigkeit oder dem Wind zusammen, erklärt Stadtklimatologin Isabel Auer von Weatherpark dem STANDARD. Berechnet wird das sogenannte Komfortmaß PET (physiologische äquivalente Temperatur).

Ab 41 Grad PET wird von einer starken Wärmebelastung ausgegangen. "Und im Hofburg-Areal erreichen wir diese 41 Grad PET regelmäßig und großflächig", sagt Auer. Bei der Simulation habe sich gezeigt, dass bei einem normalen Sommertag ohne Bewölkung um 15 Uhr rund 50 Prozent der Fläche des Hofburg-Areals über 41 Grad PET aufweise. Auer: "Die Hitzebelastung im bebauten Gebiet ist extrem."

Hofburg, Wien, Hitze
Die Abbildung zeigt das große Hofburg-Areal. Zur Orientierung: Ganz oben ist der Michaelerplatz zu sehen. Die Farbflächen zeigen die PET-Werte um 15 Uhr Sommerzeit an einem fiktiven 11. Juli bei Temperatur-Tageshöchstwerten von knapp 30 Grad Celsius. Gebäudegrundrisse sind in Grau gehalten, Grasflächen und Baumkronen in Grün.

Ideen für überdachte Parkbänke oder neues Wege-Leitsystem

Für die Burghauptmannschaft sind die Ergebnisse "augenöffnend", wie es Burghauptmann Reinhold Sahl formuliert. Aus den Ergebnissen sollen Maßnahmen abgeleitet werden, wie mit der Hitze an den neuralgischen Punkten umgegangen werden soll. Immerhin schlendern Millionen von Besucherinnen und Besuchern pro Jahr durch das Hofburg-Areal, vor Corona waren es 25 Millionen Menschen jährlich. Derzeit befindet sich der Tourismus in Wien fast wieder auf dem Niveau vor der Pandemie: Wer aktuell durch die Stadt geht, kann Massen an Touristinnen und Touristen beobachten.

Für die Besucher, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Hofburg soll die Aufenthaltsqualität trotz der Hitze verbessert werden. Bei den Überlegungen sei man erst am Beginn, sagt Sahl. Aber es gebe keine Denkverbote: "Wir müssen alles denken dürfen." Als Beispiele nennt Sahl etwa neue Beschattungen, Begrünungen, Bepflanzungen oder auch überdachte Parkbänke. Auch eine neue Wegeführung, die die Touristenströme um die Hitzeinseln leiten soll, sei eine Idee.

Beim Hofburg-Areal handelt es sich freilich auch um ein hochsensibles denkmalgeschütztes, historisches Areal mitten im Unesco-Welterbe. "Hier muss man bei jedem Nagel überlegen, den man einschlagen will", formuliert es Hans-Peter Hutter. Der Umweltmediziner und Public-Health-Experte begleitete die Mikroklima-Studie. Trotz der Einschränkungen müsse es aber möglich sein, in Zeiten der Klimakrise Maßnahmen zu setzen. Von der Hitze seien vulnerable Personen besonders betroffen – die aber ebenfalls als Touristen oder Besucherinnen die Sehenswürdigkeiten und Kulturzentren auf dem Hofburg-Areal ansteuern würden. Schon bei Sommertagen über 25 Grad und intensiver Sonnenstrahlung werde etwa das Leistungsvermögen massiv eingeschränkt. Für Stadtklimatologin Auer passieren die Anpassungen an die Hitze in der Stadt Wien grundsätzlich viel zu langsam. Sie empfiehlt: "Machen, was nötig ist, nicht nur das, was machbar ist."

Heldenplatz
Geparkte Autos am Heldenplatz auf dem Wiener Hofburg-Areal.
imago images/NurPhoto

Forderungen nach einer Umgestaltung und Entsiegelung des Hofburg-Areals - insbesondere des Heldenplatzes - wurden auch schon in den vergangenen Jahren mehrfach geäußert. So befindet sich beim Prinz-Eugen-Reiterdenkmalin bester Lage ein großer Parkplatz mit rund 280 Stellplätzen. Auf der anderen Seite des Heldenplatzes bietet der Volksgarten-Parkplatz ebenfalls mehr als hundert Abstellflächen für Autos.

Michaelerplatz wird umgebaut und begrünt

Michaelerplatz, Wien
So sieht der Michaelerplatz aktuell aus.

Gemacht wird etwas beim Michaelerplatz, der quasi das Tor zur Hofburg darstellt. Bis November 2024 wird der Platz verkehrsberuhigt und zur Fußgänger- und Begegnungszone. Über den Platz verteilt sollen neun große Bäume gepflanzt werden, dazu kommen kleinere Bäume sowie Pflanzen. Auch ein Wasserspiel sowie Trinkhydranten sind Teil der Umgestaltungsmaßnahmen, die Zahl der Fiakerstellplätze wird reduziert.

Michaelerplatz
So soll der Michaelerplatz nach der Umgestaltung einmal aussehen.
APA/ZOOM VISUAL PROJECT GMBH

Kritiker wie der Kunsthistoriker Richard Bösel sprechen hingegen von einem "pseudoökologischen Gewaltakt gegen die Urbanität einer Metropole", wie der langjährige Leiter der Architektursammlung der Albertina und Direktor des Österreichischen Historischen Instituts in Rom in einem "Kommentar der anderen" für den STANDARD schrieb. Bösel meint: "An klimabedingten Glutnestern, die nach Aufforstung verlangen, herrscht anderswo – nämlich in den Wohnbezirken – kein Mangel."

Michaelerplatz
Der Michaelerplatz soll verkehrsberuhigt werden und mehrere Bäume erhalten.
APA/ZOOM VISUAL PROJECT GMBH

Der Michaelerplatz müsse aber als architektonischer Schauplatz bewahrt werden – und zwar so, wie er ist. "Jeder Eingriff in seine Raumgestalt, jeder vor die Fassade eines umstehenden Gebäudes gepflanzte Baum, vor allem aber jegliche Art von Freizeitmöblierung, Wasserspielen und Pflanzentrögen würden ihn in seinem innersten Wesen pervertieren und seinen historischen, gesellschaftlichen und kulturellen Stellenwert zutiefst missachten." (David Krutzler, 20.7.2023)