Eine Frau in blauer Kleidung zieht ihren Trolley an einer Brasserie vorbei
Der Einkaufstrolley ist der Sieg der Vernunft über die Eitelkeit.
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In einem Moment ist man jung, attraktiv, in der Blüte seines Lebens. Und im nächsten Moment überlegt man sich, einen Einkaufstrolley anzuschaffen. Es ist nun einmal so: Erwachsenwerden ist nichts anderes als der Sieg der Vernunft über die Eitelkeit. Die Eitelkeit sagt: Du bist ein junger, fitter Mensch, du kannst dir doch nicht so ein Teil kaufen, das ältere Damen wahlweise als Alltagshelfer oder Nahkampfwaffe in der U-Bahn einsetzen. Die Vernunft sagt: Sehr viele Dinge sind in Großpackungen günstiger, und einen Sieben-Kilo-Sack Katzenfutter kannst du nicht alleine tragen.

Nachdem man sich also einmal mehr über Muskelkater beklagt hat, erzählt man seinen Kolleginnen kleinlaut von dieser Überlegung. Und bekommt Begeisterungsstürme zurück: "So einen habe ich schon längst", oder: "Ich liebe meinen Kartoffel-Porsche!" Es folgen Dutzende hilfreiche Tipps für diesen wichtigen Schritt im Leben: Die Räder sollten nicht zu klein, nicht zu groß sein. Haken am Trolley ermöglichen es, ihn direkt am Einkaufswagen aufzuhängen. Und wer die wertvolle Fracht schützen will, achtet auf regenfestes Material.

Die Qual der Wahl

Von diesem Moment an sieht man auf der Straße nur noch Trolleys. Stilsicher in schwarz, schlicht in taubenblau, gestreift, getupft und kariert. Und man bemerkt: Die stolzen Besitzer und Besitzerinnen wirken entspannt. Ganz so, als hätten sie unbelastete Rücken, entspannte Oberarme und garantiert satte und zufriedene Katzen zuhause. Und entgegen der eigenen Vorurteile haben sie auch jedes Alter und Geschlecht.

Also macht man sich auf die Suche nach einem passenden Modell. Und erkennt: Das Angebot ist riesig. Eine Möbelhauskette bietet ein minimalistisches Einsteigermodell für dreißig Euro. Im Haushaltswarenladen des Vertrauens gibt es Trolleys, die wahlweise mit stilsicherer Gemüse-Fotografie oder großflächigen Aufnahmen von Hortensien überzeugen. Aber wirkliche Vorfreude auf einen Kauf stellt sich erst auf einer bestimmten Webseite ein. Denn dort ist man plötzlich mit eigentümlichen Motiven konfrontiert: Ein Kater schwebt vor einem leuchtenden, rosalila Hintergrund, umkränzt von Lavendelzweigen. Hundefans können dort das Motiv "Welpe vor Himmel mit Schäfchenwolken" erwerben. Das ist Kunst. Das ist Extravaganz. Das ist kein Einkaufstrolley, sondern ein Statement. Das ist gekauft. (Ricarda Opis, 4.8.2023)