100.000 Sozialwohnungen will die deutsche Bundesregierung eigentlich pro Jahr errichten lassen – geschafft hat sie im Jahr 2022 aber nicht einmal ein Viertel davon. Darauf macht die Linken-Abgeordnete Caren Lay aufmerksam. In einer Anfrage an die Regierung in Berlin hatte sie zuvor wissen wollen, wie es um den Wohnungsneubau in Deutschland steht – und die Antworten, die sie bekam, lassen sie von einem "krachenden Scheitern" der deutschen Wohnungspolitik sprechen. Denn im Jahr 2022 wurden in ganz Deutschland nur 22.545 Wohnungen mit Preisbindung errichtet – und im selben Jahr fielen 36.480 Wohnungen aus der Preisbindung raus.

Eine deutsche Wohnanlage in Bau.
Die deutsche Bundesregierung will jedes Jahr 400.000 Wohnungen schaffen, doch von diesem Ziel ist man noch weit weg.
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Nur noch 1,088 Millionen Wohnungen mit Preisbindung

So nimmt die Zahl der Sozialwohnungen in Deutschland seit 2017 von Jahr zu Jahr sukzessive ab. 2016 gab es bundesweit noch fast 1,268 Millionen Wohnungen mit Preisbindung, Ende 2022 waren es nur noch rund 1,088 Millionen. Das geht aus der Antwort der deutschen Bundesregierung auf die Anfrage von Lay hervor, die dem STANDARD vorliegt.

Im Schnitt der letzten zwölf Jahre wurden demnach jährlich etwa 18.000 Sozialwohnungen neu errichtet, aber fast 67.000 verloren jedes Jahr ihre Preisbindung, wie Lay vorrechnet. Der Grund dafür liegt im deutschen System der Wohnbauförderung, das je nach Bundesland eine Preisdeckelung meist nur für 20 oder 30 Jahre vorsieht, nicht aber dauerhaft wie etwa bei den österreichischen gemeinnützigen Bauträgern.

Wien als Vorbild

Ein "öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild" ist es nun auch, was Lay von der Bundesregierung einfordert. Diese müsse "endlich initiativ werden und mindestens 20 Milliarden Euro pro Jahr für öffentlichen sozialen und gemeinnützigen Wohnungsbau zur Verfügung stellen", sagt Lay. "Zudem muss das System auslaufender Sozialbindungen überwunden werden", es müsse vielmehr gelten: "Einmal Sozialwohnung, immer Sozialwohnung", so die Linken-Abgeordnete.

Die deutsche Bundesregierung hatte angekündigt, jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen schaffen zu wollen, ein Viertel davon sollten Sozialwohnungen sein. Doch in zwei deutschen Bundesländern, Saarland und Sachsen-Anhalt, wurde im Vorjahr keine einzige Sozialwohnung fertiggestellt, wie aus der Anfragebeantwortung hervorgeht. In Berlin waren es 1.935 (2021: 1.011), in Hamburg 1.884 (2.819), in Bayern 4.056 (4.564). Immerhin: Die Zahl aller fertiggestellten Wohnungen, also auch solcher ohne Preisbindung, war mit 295.300 bei fast drei Vierteln des Zielwerts von 400.000 zu liegen gekommen. Doch davon waren eben nur 7,63 Prozent Neubauwohnungen mit Preisbindung. Den Spitzenwert erreichte Deutschland hier im Jahr 2018, als 9,41 Prozent aller Neubauwohnungen Sozialwohnungen waren (27.040 von 287.352). (mapu, 1.8.2023)