Bowl, Superfood
Eine vegane Bowl, befüllt mit Quinoa, Süßkartoffel, Avocado und Hummus – eine der wahrscheinlich beliebtesten Mahlzeiten, seit es Instagram gibt.
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Eigentlich sollte die Sache klar sein: Bowls sind super. Supergesund, supereinfach zu machen, superleicht verdaulich. Aber nicht nur das. Sie vermitteln denen, die sie essen, super zu sein. Denn was in der Bowl liegt, ist es ja auch. Am Ende aber sehen die Schüsseln voll mit Superfood alle irgendwie gleich aus. In eine Seite drückt sich das Quinoa, darüber gestapelt werden drei Zweige Brokkoli oder einige Blätter Grünkohl, ein Klecks Hummus, eine Handvoll Kresse und ein paar Streifen Avocado. Wobei, das Protein-Spezial wartet vielleicht noch mit einem Ei auf. Man könnte auch sagen: Die Bowl ist das Gemüse gewordene Versprechen eines "healthy lifestyle". Ihre Daseinsberechtigung ist nicht der Geschmack, sondern die fein säuberlich, je nach Ernährungsgebot zusammengestellten Ingredienzen. Das ist natürlich nicht nichts. Immerhin hält sie Großstädterinnen und Großstädter von Los Angeles bis Wien zwischen Büro und Fitnessstudio bei Laune, rettet Kochfaule vor Fertiglasagnen und ist im Urlaub ein Garant für Vegetarierinnen und Veganer, nicht hungrig ins Bett gehen zu müssen.

Für alle, die in Österreich leben und sich von Essenstrends nicht beeinflussen lassen, heißt das übersetzt: Die Bowl ist die Wurstsemmel des Instagram-Zeitalters. Sie macht offenbar viele glücklich und ist aus deren Alltag nicht mehr wegzudenken. Ganz neu ist sie auch nicht, werden nun einige einwenden. Stimmt! Das fotogene Essen aus der Schüssel gibt es nun schon ein gutes Jahrzehnt. Bei der Bowl dürfte es sich dennoch um einen Trend handeln, der gekommen ist, um wieder zu verschwinden. So wie irgendwann mal Bubble Tea und hoffentlich bald Avocadobrote, Frühstückskarten mit Egg Benedict sowie Lokale, die von oben bis unten mit pinken Plastikblumen ausgehängt werden. An alldem haben wir uns längst satt gegessen und gesehen. Deshalb lautet meine Prognose: Die Bowl ist ein geschmacksarmes Phänomen, über das wir in einigen Jahren müde lächeln werden. Seien wir doch ehrlich: Die Bowlisierung der Gastronomie wird keine Rezepte hinterlassen, die an die nächste Generation weitergegeben werden müssten. Übrig bleiben werden Millionen Instagram-Bilder. Sie werden davon erzählen, wie wir damals mit den Augen gegessen haben. (feld, 11.8.2023)