Es gibt viel zu kritisieren an der britischen Regierung, daran hat auch das Ende von Boris Johnson in 10 Downing Street nicht viel geändert. Gelingt hier nicht der radikale Umschwung, ist die Abwahl der Tories bei den Parlamentswahlen im nächsten Jahr nahezu unvermeidlich.

Bibby Stockholm
Die Bibby Stockholm beherbergt künftig Asylwerbende. Der Lastkahn ankert vor der südenglischen Stadt Portland.
AP/Ben Birchall

Natürlich fügen sie sich nicht kampflos ihrem Schicksal – und greifen dafür zu einem Mittel, das bei Konservativen in Krisenzeiten besonders beliebt ist: einer harten Asyl- und Migrationspolitik. Indem man die Populismuskeule schwingt und auf effektheischende Maßnahmen setzt, die entweder überflüssig oder einer wirklichen Lösung nicht zuträglich sind, produziert man billige Schlagzeilen, in der Hoffnung, dass diese ihre Wirkung bei der Wählerschaft entfalten.

So weit, so bekannt, allerdings scheint die britische Regierung nicht einmal zu diesen simplen Taschenspielertricks in der Lage zu sein. Das zeigt sich am Ruanda-Plan, laut dem Asylsuchende ohne Rückkehrmöglichkeit in das ostafrikanische Land gebracht werden sollen. Allerdings wurde dies nicht einmal ansatzweise juristisch überprüft, sodass Gerichte bislang eine Umsetzung verhindern. Ohne einen einzigen Menschen abgeschoben zu haben, wurden bereits mehr als 160 Millionen Euro nach Kigali überwiesen.

Und nun die nächste Schnapsidee: Auf einem riesigen Kahn hat man die ersten Asylwerber untergebracht. Gleichzeitig will man weitere solcher Schiffe bereitstellen, Sicherheitsbedenken von Behörden und Protesten von Anrainern und Hilfsorganisationen zum Trotz. Und: Viele Hafenbehörden haben der Regierung schon die kalte Schulter gezeigt. Stattdessen werden die Asylwerber weiterhin in teuren Hotels untergebracht, weil London seit Jahren nicht dazu fähig ist, adäquate günstigere Unterkünfte zu schaffen. Das ist Dilettantismus in Reinform und zeigt: Auch Populismus will gelernt sein. (Kim Son Hoang, 8.8.2023)