Haus
Viele junge Menschen träumen von einem eigenen Haus. Für viele wird es jedoch ein Traum bleiben.
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Die Reihung war wohl kein Zufall. Als Staatssekretärin Claudia Plakolm erste Auszüge aus der heurigen Jugendstudie präsentierte, stand der von der Hälfte der 16- bis 29-Jährigen gehegte Wunsch nach einem "Eigentumshaus" an vorderster Stelle. Das fügt sich fabelhaft in die Agenda der ÖVP-Politikerin, die seit Wochen gegen die ihrer Meinung nach zu strengen Bedingungen für Immobilienkredite zu Felde zieht. Frei nach Sebastian Kurz: Für junge Menschen ist Eigentum die beste Maßnahme gegen Altersarmut.

Dass junge Menschen am liebsten in den eigenen vier Wänden wohnen würden, ist höchst verständlich. Eigentum erspart Streitereien mit Vermietern und entledigt weitgehend der Sorge, rauszufliegen. Gerade in einer immer unübersichtlicheren, von vielfältigen Krisen gebeutelten Welt ist das idyllische Häuschen mit Garten und womöglich blickdichter Hecke ein idealer Sehnsuchtsort.

Unerfüllbare Erwartungen

Doch die Politik hat sich nicht nur an den Träumen der Bürgerinnen und Bürger zu orientieren, sondern auch daran, was machbar und mit Blick auf die gesamte Gesellschaft sinnvoll ist. Die Linie der ÖVP löst diese beiden Ansprüche nicht ein. Wenn Plakolm und Co die Förderung von Eigentum zum zentralen Ziel der Wohnpolitik stilisieren, schüren sie schlicht unerfüllbare Erwartungen.

Rund die Hälfte der Haushalte in Österreich besitzt kein nennenswertes Vermögen, auch in der besser situierten Mittelschicht sind die Beträge überschaubar – Startkapital für den Nachwuchs ist nicht vorhanden. Ohne zu erben, kann sich kaum jemand unter 30 Jahren eine Wohnung leisten, schon gar nicht nach der Preisexplosion der vergangenen Jahre. Von Teuerung und prekären Jobs geplagt, sind viele schon froh, wenn sie die Miete für die erste WG zusammenkratzen können.

Mit Subventionen und einer Lockerung der Bedingungen könnte eine Regierung nun dafür sorgen, dass auch vermögenslose Menschen mit bescheidenem Einkommen Chancen auf Hypothekarkredite haben. Denn ist es nicht sinnvoller, monatlich Schulden abzustottern, als Miete zu zahlen? Die Erfahrung zeigt die Risiken dieses Modells. In den USA, Großbritannien oder Spanien blähte der Boom derartiger Kredite Immobilienblasen auf. Als diese platzten, saßen viele Betroffene nicht mehr im trauten Heim, sondern auf einem Schuldenberg.

Vorteil des sozialen Wohnbaus

Das heißt nicht, dass die Politik den Wunsch nach Eigentum ignorieren sollte: Eine Diskussion über Erleichterungen für Käufer in spe ist legitim. Doch um der breiten Masse leistbaren Wohnraum zu bieten, sind andere Maßnahmen wichtiger. Das Instrumentarium reicht von Marktregulierungen über die Zurückdrängung befristeter Mietverträge bis zum sozialen Wohnbau, der abgesehen von erschwinglichen Mieten einen entscheidenden Vorteil birgt: Diese Wohnungen bleiben über die Generationen hinweg zur Vergabe an weniger begüterte Menschen erhalten.

Was Plakolm ebenfalls übersieht: Die Erfüllung des Häuslbauertraums hat auch eine ökologische Schattenseite. Die Siedlungen aus Einfamiliendomizilen fressen Flächen und kurbeln bei untauglicher Anbindung an Bus und Bahn den Autoverkehr massiv an. Dass dieser Effekt mit einem anderen Wunsch der von ihr vertretenen Altersgruppe kollidiert, könnte die Staatssekretärin ebenfalls aus den ersten Studienergebnissen herauslesen: Der Klimawandel ist eine der größten Sorgen junger Menschen. (Gerald John, 11.8.2023)