Von unberührter Natur und idyllischen Badeplätzen erzählte mir vergangene Woche ein Kollege, der den Kuchelauer Hafen in Wien-Döbling schon vor 30 Jahren kannte. Heute ist hier fast alles verbaut. In den letzten Jahren wurden vor allem Luxuswohnungen errichtet, die sich nur die oberen Zehntausend leisten können.

Balkone an einem Neubau
Vielerorts wird Leerstand in bester Lage produziert.
IMAGO/BildFunkMV

Zuletzt wurde das Projekt "The Shore" fertiggestellt (siehe Artikel hier) und wartet nun darauf, bezogen zu werden. 40 Prozent der Wohnungen sind bisher nicht verkauft, und jene, die schon Besitzer gefunden haben, werden teilweise trotzdem leer bleiben. Sie sind lediglich eine Anlageform - für Menschen, die anderswo leben und keinen Wohnbedarf haben. Es sind Zweitwohnsitze, nur 20 Minuten von der Innenstadt entfernt.

Bei einem Rundgang macht die ausgestorbene Anlage einen fast gespenstischen Eindruck. Obwohl hier so viel Leben sein könnte. Man stelle sich mal vor, wie gut es jungen Familien hier gehen würde - mit direktem Zugang zum Wasser, Gärten und Kinderspielplatz. Stattdessen wurde hier - während überall in der Stadt leistbarer Wohnraum fehlt - Leerstand in bester Lage produziert, direkt am Donauufer, das für die Öffentlichkeit hier nun verloren ist.

Auflagen von der Stadt gab es keine. Der Chef der Entwicklungsfirma spricht lediglich von Vorgaben zum Hochwasserschutz und tut fast so, als hätte das alles mit ihm nichts zu tun. Und wahrscheinlich hat es das auch nicht, denn nicht er muss die Interessen der Wienerinnen und Wiener im Blick haben, sondern die öffentliche Hand müsste das tun. Doch die hat es versäumt. Versäumt, den Entwickler zu verpflichten, auch leistbaren Wohnraum zu schaffen oder den Zugang zum Wasser für alle zu ermöglichen. Und damit ist das, was am Kuchelauer Hafen geschehen ist, ein weiteres trauriges Beispiel dafür, was am Immobilienmarkt alles schiefläuft. (Bernadette Redl, 12.8.2023)