Wo Bio draufsteht, muss Bio drin sein. Alles andere ist eine bewusste Täuschung der Konsumenten. Was der Lebensmittelhandel seit langem vorlebt – die Pflicht zur Zertifizierung und Kontrolle –, haben Österreichs Gastronomie und Hotellerie über Jahre sträflich vernachlässigt.

Da tragen große Hotels unverfroren Bio in ihrem Namen, kaufen jedoch die überwiegende Mehrheit ihrer Produkte konventionell ein. Da haben Berghütten vielleicht einmal in zehn Jahren Eier bei Biobauern geordert, preisen jedoch weiter unbekümmert auf Speisekarten den Biokaiserschmarrn an. Da werben Eisdielen mit Biomilch. Dass von 20 Litern gerade einmal einer bio ist, lässt sie kalt.

Eier, Milch und Brot
Ist wirklich immer Biomilch im Eis? Sind die Eier im Kaiserschmarrn vom Biobauern? Bio braucht Regeln und Kontrolle.
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Warum auch nicht? Ihre Gäste sehen sich meist außerstande, den Wahrheitsgehalt der Angaben zu überprüfen. Ihre Vertreter in den Kammern haben wenig Lust darauf, Polizei zu spielen. Noch weniger in Zeiten, in denen der Gastronomie die Kosten davongaloppieren. Auch den Gesetzgeber hat es bisher wenig interessiert, schärfere Grenzen gegen ausuferndes Greenwashing einzuziehen.

Versäumnisse wie diese öffnen Tür und Tor für schwarze Schafe. Und sie sind ein Schlag ins Gesicht für Unternehmer, die redlich arbeiten. Kriterien wie Bio, Regionalität und fairer Handel leben von Transparenz und Vertrauen. Missstände färben auf die gesamte Branche ab. Das erlebten Landwirte erst jüngst infolge der Skandale in der Nutztierhaltung. Der gute Ruf der Nachhaltigkeit ist schnell verspielt. Das gilt auch für Österreich als Tourismusstandort.

Pflicht zur Kontrolle

Bio braucht Regeln. Vom Wirt ums Eck bis zum Nobelhotel. Das erkennt, spät, aber doch, auch die Regierung. Eine Verordnung soll auf den Weg gebracht werden: Wer mit Bio wirbt, muss sich demnach entsprechend zertifizieren lassen. Untrennbar damit verbunden ist die Pflicht zur Kontrolle.

Weiterzuwurschteln hat in Österreich Tradition. Stichhaltige Argumente dafür gibt in diesem Fall keine mehr. Bio ist nicht zuletzt ein Geschäft, von dem sich Wirte wirtschaftlichen Nutzen versprechen. Wer sich damit schmückt, soll dafür auch den Nachweis erbringen.

Eine Hexerei ist das schon lange nicht mehr. Dafür notwendige Instrumentarien existieren und haben sich bewährt. Die Stadt Wien begleitet über das Fördermodell "Natürlich gut essen" Gastronomen bei der Umstellung auf Bio. Warum dieses nicht bundesweit ausdehnen und Wirten die Scheu vor Bio nehmen?

Großküchen bauen ihr Bio-Angebot im Auftrag der öffentlichen Hand Schritt für Schritt aus – ohne in tiefe Krisen zu schlittern. Veranstaltungen wie der Wiener Christkindlmarkt auf dem Rathausplatz scheiterten ebenso wenig daran.

Die Angst vor Engpässen bei der Beschaffung von Biolebensmitteln wurzelt tief. Steigt die Nachfrage, wächst in der Regel jedoch das Angebot. Dass Bio nicht teurer sein muss als Konventionelles, dessen Preise die fossile Energie antreibt, zeigte sich seit dem Krieg in der Ukraine. Dass Bio nicht per se Regionalität bedeutet, ist ebenso wenig ein Grund, dem eine Absage zu erteilen. Zumindest nicht, solange konventionelle Schweine vom Bauern aus dem nächsten Dorf auf Vollspaltenböden zusammengepfercht mit importiertem Soja gemästet werden.

Stellschrauben, um zu sparen, gibt es genug, von weniger Lebensmittelvergeudung bis zu saisonalerem Einkauf. Bio ist kein Zwang. Gastronomen, die sich davon ein besseres Image erhoffen, sollten sich aber in ihre Töpfe blicken lassen. (Verena Kainrath, 17.8.2023)