Mutter liegt am Stand und schaut genervt, ihre beiden Töchter sitzen auf ihrem Rücken
Entspannt am Strand ein Buch lesen, aufs Meer schauen. Solange man ein Paar ist, geht das. Doch dann kommen Kinder – und Urlaub ist nicht mehr Urlaub.
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Als meine beiden Söhne auf die Welt kamen, um 2010 herum, habe ich mir geschworen, sie sollten es im Urlaub so richtig familiär haben. Sie werden in keine Miniclubs gesteckt, während die Eltern Ausflüge machen. Sie werden Familienurlaube mit uns machen oder später mit ihrem Vater oder mir allein, ganz vollwertig, einfach Familienprogramm. Wir werden gemeinsam Natur und Kultur erleben. Und uns so richtig erholen. Sie sollten ja die total relaxten Erwachsenen auch einmal mitbekommen. Klappt ganz sicher, dachte ich, wir hatten uns ja lieb.

Urlaub mit anderen Familien

Als die Kinder noch wirklich klein waren, sind wir meist mit Freunden weggefahren. Zwei bis drei Familien, je ein bis vier Kinder. Kroatien, Italien, Tirol. Für jemanden wie mich, mit Nervenkostüm bei Wish bestellt, hat sich aber damit ein Problem ergeben. Die Kinder der anderen waren keine Hologramme, die waren auch echt.

Man bekam die Schreiduelle mit, die Familiendynamiken, die faulen Erwachsenen, die sich vor allem drückten, was zu tun war. Die eifrigen Mütter, die alles verboten, Zucker, kein Bildschirm, und zwar nie, alles musste nachhaltig und hochwertig gemacht werden. Auch anstrengend.

Es gab die Kinder mit Ameisen im Hintern und die, die an einem klebten. Das bedeutete für mich, so wie ich gestrickt bin: Wachsamkeit, 24/7, dass keiner absäuft, wo herunterfällt, verhungert, verdurstet, verbrennt oder vor Langeweile verödet. Ich wischte ununterbrochen, ich wusch dauernd, und wenn es an der einen Stelle sauber war, lag der Rest des Ferienidylls bereits wieder in Trümmern. Ja, ist normal, kleine Kinder. Aber nicht erholsam.

Ich war auch die, die um 7.30 Uhr am Morgen mit allen Kindern dagesessen ist und dann den ersten Strandausflug gemacht hat. Zum Klettergarten gefahren ist und dann zu den Pferden. Oder lustige Klebarbeiten mit Glitzerschlangen organisiert hat. Denn sowas war immer mitzuhaben, man packte nicht nur Wechselwäsche ein, sondern einfach alles. Windeln, Tücher, Fläschchen, Pulver, Stifte, Papier, Dominosteine zum Welten-Bauen, Knetmasse (essbar), Medikamente (falls die Knetmasse gegessen wurde), Lieblingstiere, Ersatzlieblingstiere, von denen es drei gab, weil dauernd eines verloren wurde.

Während meines unfreiwilligen Kindermädchendaseins kochte ich vor Aggression bei dem Gedanken, dass die anderen Erwachsenen noch schliefen. Als ich mich beschwerte, wurde vermerkt, dass mein Sohn am frühesten aufwachte, daher war ich ja dann eh schon munter, und … Dieser Traum, dass eines Tages einer sagte, bleib doch liegen, ich nehme deine Kinder und komme erst um vier Uhr wieder zurück, der blieb einer.

Bis mein großer Bub eines Tages, so mit zwölf, seinen kleinen Bruder beschäftigt hat, um mich bis halb 10 Uhr schlafen zu lassen. Ich glaube, das war der schönste Tag meines Lebens. Ich habe meine Kinder umarmt, ohne dass mir schlecht war vor Müdigkeit.

Schwierige Winterurlaube

Später gab es dann auch die Winterurlaube. Tausend Schichten wurden angezogen. Verhasste Skikurse, Abschlusspartys, wo geweint wurde, weil alle einen Pokal für den ersten Platz beim Skirennen bekamen, also war das nichts wert.

Oder es wurde geweint, weil andere den ersten Platz gewonnen hatten. Rodelabenteuer, für die man zwei Stunden mit Kind im Genick irgendwo hinaufwandern musste, um dann die fünf Minuten hinunterzusausen. Musik, die man nie mehr wieder, und zwar bis zum Ende seiner Tage, aus den Ohren bekommt, Stichwort "Kleiner Hai, tamtam. tata. tamtam".

Tausend Schichten wurden wieder ausgezogen und durften nicht nass irgendwo vergammeln. Verlorene Handschuhe, gebrochene Bobs, dauernd Riesenhunger. Irgendwer war immer ins Krankenhaus zu bringen.

Wenn man sich einmal ein echtes Hotel geleistet hat, wurden dort sehr freundlich Yogastunden angeboten oder Vorträge über Ernährung. War logistisch nicht möglich. Der Gipfel war einmal eine Stunde bei der Kosmetikerin, die ich gebucht hatte. In einer Woche nur die eine Stunde, ganz für mich. Nach fünf Minuten stand der Clan vor mir und teilte mir mit, dass der Hund ins Zimmer geschissen hatte. Was denn nun zu tun sei. Das war der Moment, an dem ich zehn Jahre gealtert bin, mitten in der Dampfbehandlung für den jugendlichen Teint.

Am Ende dieser Urlaube war ich glücklich, es waren so nette und rührende Erlebnisse. Aber ich war ein Wrack, und ich fürchte, meine Kinder haben die relaxte Mama noch immer nicht kennengelernt. Ich ärgerte mich darüber, dass ich es so schlecht auf die Reihe brachte, die Balance zwischen Erholung und Kinderbetreuung. Es gab sogar einen Coaching-Termin deswegen, mit der Aufgabenstellung: Wie erholt man sich mit Kindern, Fremdkindern und Erwachsenen, die das Leben anscheinend lockerer nehmen können als man selber. Die die einzelnen Dynamiken nicht so genau beobachten und sich daher nicht in den Wahnsinn treiben lassen.

Das Ergebnis des Coachings war: gar nicht. Ich pack' das anscheinend einfach nicht. Entweder ich schaue, dass ich zu sehr viel Geld komme, um mir Fremdbetreuung leisten zu können, oder ich muss auf die lustigen Freundesurlaube verzichten.

Mit den Kindern allein verreisen

Mangels wohlwollender Großspender habe ich also begonnen, allein mit meinen Kleinen zu vereisen. Wir sind über Wochen durch Österreich getingelt, haben hie und da zwei Tage jemanden besucht oder nur zum Wandern getroffen. Ja, das war angenehmer, wir drei waren ein eingespieltes Team.

Untergebracht meist in den billigsten Miniabsteigen, waren wir bergsteigen in Tirol, im Waldviertel wurde ein kleiner Hahn adoptiert, in Kroatien sind wir um vier Uhr aufgestanden und haben uns ganz oben am Berg der Insel den Sonnenaufgang angesehen. Es gab Abenteuer wie Tornados und Autofahrten, die 23 Stunden gedauert haben. Alles in allem hatten wir wirklich Glück mit uns und mit dem Erlebten.

Wieder daheim, knickte ich ein, denn es war einfach affenartig anstrengend. Viel war allein zu organisieren, immer Reiseleiterin und Fahrerin sein zu müssen, Nahrung zu besorgen, zu unterhalten, Ruhe zu verbreiten in Ausnahmezuständen. Und man musste gegen den Bildschirm konkurrieren. Immer. Diese Generation hat gelernt, sich ihre Tagesgestaltung, vor allem dann über die Pandemiezeiten hinweg, intensiv über Youtube oder Discord organisieren zu lassen. Aber ein Brettspiel, ein Kartenspiel, Heidelbeeren pflücken gehen oder aber auch einfach losbummeln und schauen, was der Tag so bringt, das ging kaum.

Plötzlich Erholung

Dieses Jahr jedoch war etwas anders, und zwar sehr. Die Kinder waren zunächst im Camp, glücklichst, und dann mit ihrem Vater weg. Danach Kroatien mit mir. Ich bin derweil für ein Magazin allein in ein Luxusresort gefahren. Dann wieder ein paar Ausflüge mit den Kindern.

Ich musste nichts mehr packen. Elf und fünfzehn Jahre alt, nahmen sich die Kinder die Koffer, taten hinein, was sie meinten, was sein musste. Kajak wurde mitgenommen und Taucherbrillen. Sonnenöl. Ich musste nichts mehr sagen.

Sie sind mit Freunden ins Schwimmbad gefahren oder sogar mit dem Zug an einen See. Ich habe daheim gearbeitet, sehr effizient, weil ganz allein, ohne Ansprüche von außen an mich. Am Abend haben die Kinder ganz von selbst wieder heimgefunden.

Und somit komme ich zu dem großen Geheimnis, das ich hiermit lüften kann: Ein Urlaub mit Kindern ist fantastisch. Nichts schöner, als wenn Kindern irgendwas taugt und man ist dabei. Ein Urlaub mit Kindern ist wichtig. Ferienzeit mit Kindern wird für die Erwachsenen erholsam, wenn sie keine Kinder mehr sind. Dann sind sie Personen, mit denen man einfach gerne Zeit verbringt. Man braucht halt genau die 14 Jahre, um das zu erkennen. Ich zumindest.

Don't give up! (Heidi List, 19.8.2023)