Die Bank gewinnt immer. Dieser Eindruck kann schon entstehen angesichts der aktuellen Entwicklungen rund um variabel verzinste Kredite in Österreich. Da sind einerseits zehntausende Kreditnehmer, deren monatliche Raten stark, manchmal um mehrere Hundert Euro, angestiegen sind. Kaum ein Tag vergeht ohne neue Geschichten über Häuselbauer, die in der Klemme stecken. Andererseits sind da die Banken, die Rekordgewinne einfahren. Die SPÖ trommelt das Thema lauter, ÖVP und Banken haben nun reagiert und ein Paket vorgestellt. Banken wollen auf Mahnspesen und Verzugszinsen bei Schuldnern verzichten, die mit Ratenzahlungen in Rückstand geraten.

Willibald Cernko, der Obmann der Bankensparte in der Wirtschaftskammer, und Finanzminister Magnus Brunner stellten am Mittwoch Hilfe für Kreditnehmerinnen und Kreditnehmer in Not in Aussicht. So wollen Banken etwa auf Mahnspesen und Verzugszinsen verzichten.
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Ist das zu wenig, und sollte der Staat stärker eingreifen – oder ist es zu viel? Um diese Frage zu beantworten, ist es hilfreich, sich in der Debatte vom moralischen Fingerzeig – auf die angeblich gierigen Banker ebenso wie auf die spekulierenden Häuselbauer – zu lösen.

Video: Variable Kredite - Banken verzichten auf Mahnspesen und Verzugszinsen.
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Fakt ist, dass sich bei variablen Krediten beide Seiten willig auf einen riskanten Deal eingelassen haben. Für Schuldner waren die Kredite ein Weg, um vermeintlich bei Zinsausgaben zu sparen. Für Banken bieten variable Darlehen eine Möglichkeit, um Kredite zu vergeben, ohne das Risiko tragen zu müssen, dass die Zinsen steigen. Kreditinstitute sichern damit ihre Gewinnmarge ab. Damit ist erklärbar, warum in Österreich jeder zweite Kredit variabel vergeben wurde. In der Eurozone sind es weniger als 20 Prozent.

Die gute Nachricht ist, dass nun, wo Zinsen schnell und stark gestiegen sind, beide Seiten mitgefangen sind. Niederösterreichs SPÖ-Chef Sven Hergovich, der die Debatte angefacht hat, ruft die Regierung auf, den Kreditnehmern zu helfen und "nicht zuzusehen, wie Familien ihre Häuser verlieren". Aber aktuell ist die Zahl der Kredite, die nicht bedient werden, sehr niedrig – weniger als ein Prozent der privaten Immokredite sind betroffen. Das liegt daran, dass die Arbeitslosigkeit bisher kaum gestiegen ist.

Risiko

Banken haben auch kein Interesse, dass sich daran etwas ändert. Kreditinstitute wollen keine Immobilienmakler sein, weil das teuer und mühselig ist. Zwangsversteigerung ist die allerletzte Option. Das gilt umso mehr, wenn massenhaft Schuldner umfallen und viele Immobilien zeitgleich auf den Markt kommen: Dann fallen die Häuserpreise.

Gemeinsam eingegangenes Risiko, bisher wenige Pleitefälle, beiderseitiges Interesse, dass es so bleibt: Diese Ausgangslage hilft, die aktuellen Lösungsideen für Kreditnehmer zu bewerten. Wenn Banken anbieten, Mahn- und Verzugszinsen zu streichen, hat das wenig mit Freigiebigkeit zu tun; es dient auch dem Eigeninteresse. Überlasteten Schuldnern Strafzinsen zu verrechnen ist der beste Weg, sie in die Pleite zu treiben.

Aus der Konstellation folgt, dass es wenige gute Argumente dafür gibt, dass der Staat Häuselbauern finanziell beisteht. Für die Finanzstabilität besteht (noch) kein Grund zu handeln, keine Seite wurde übervorteilt, und es gibt die Chance, dass Banken und ihre Kunden das Problem selbst entschärfen. Die Politik sollte nur helfen, dass das geschieht.

Banken signalisieren Entgegenkommen, wollen einen Fonds mit Geld dotieren, stellen dafür aber Bedingungen. So wollen sie die vorzeitige Rückzahlung von fixverzinsten Krediten verteuern dürfen. Auch hier sollte die Regierung vorsichtig sein. Um das Richtige zu tun, brauchen die Banken keine Zuckerln. (András Szigetvari, 23.8.2023)