Schon seit vielen Jahren sind am Wiener Wohnungsmarkt eigene Firmen unterwegs, die sich darauf spezialisiert haben, überhöhte Altbaumieten im Auftrag von Mieterinnen und Mietern zurückzufordern. Eine davon heißt miet-bremse.at, beziehungsweise genau genommen handelt es sich dabei um eine Marke, die dem österreichischen Prozessfinanzierer Juno Finanz AG (Jufina) gehört. Dieser existiert erst seit 2022, miet-bremse.at ist deshalb auch erst etwa ein Jahr alt und damit der jüngste Zugang in dieser Branche.

Die Statuette des
Der "Goldene Miethai" hat durchtrainierte Oberarme und springt aus einem Kelch heraus.
Der "Goldene Miethai" hat durchtrainierte Oberarme und springt aus einem Kelch heraus.

Und wie das oft so ist, kommt auch hier die Jugend mit frischen Ideen daher: miet-bremse.at hat soeben erstmals den "Goldenen Miethai des Jahres" verliehen. Vermutlich eher wenig stolzer erster Träger des Negativpreises ist die Sveta Group mit Sitz in der Wiener Innenstadt, die zahlreiche Zinshäuser besitzt und dort Wohnungen vermietet. Und sie tut dies laut Stefan Schleicher, Vorstand von Jufina, mitunter zu weit überhöhten Preisen: Unter den etwa 700 Fällen, die miet-bremse.at seit dem Start vor einem Jahr bereits übernommen hat, betrafen zwar nur drei die Sveta Group, doch sie war für die höchste gemessene Überschreitung des rechtlich zulässigen Hauptmietzinses verantwortlich. Es handelte sich dabei um eine Wohnung, die um einen Nettomietzins von 703 Euro vermietet wurde – zulässig gewesen wären aber nur 312 Euro.

Die Überschreitung wirkt in absoluten Zahlen nicht so dramatisch. "Doch wir hatten bei diesem Unternehmen bislang noch keinen Fall, in dem der rechtlich zulässige Mietzins nicht mindestens um das Doppelte überschritten wurde", begründet Schleicher die Entscheidung, diesem Unternehmen den ersten "Miethai" zu verleihen. Aus einem anderen Verfahren sei beim gleichen Unternehmen sogar eine Überschreitung um bis zu 534 (!) Prozent aktenkundig. Hier handelte es sich allerdings um eine Kategorie-D-Wohnung, die viel zu teuer vermietet wurde. Derartige Mietverträge würden zudem oft nur von "stark benachteiligten Bevölkerungsgruppen wie Zuwanderern und Geflüchteten abgeschlossen, die wenig Ahnung von der österreichischen Rechtslage haben und für die sich Verfahren nicht zuletzt aufgrund der Sprachbarriere oft schwierig gestalten", sagt Schleicher, der selbst Jurist ist.

Jährliche Verleihung geplant

Jufina will den "Goldenen Miethai des Jahres" künftig – no na – jährlich vergeben und damit auf bestehende Missstände im heimischen Wohnungsmarkt hinweisen. Und man hofft darauf, so auch "mehrfach auffällige Vermieter wie die Sveta Group dazu zu bewegen, rechtliche Verpflichtungen zu respektieren und ihre Praktiken zu überdenken", sagt Schleicher. Die Miethai-Statuette – ein Hai mit durchtrainierten Oberarmen, der aus einem Kelch herausspringt – hat man bei der Jufina AG selbst per 3D-Drucker hergestellt. Der Sveta Group will man die Statuette nun zusenden.

Schärfere Konsequenzen für Vermieterinnen und Vermieter, die sich nicht an die Höchstwerte im Richtwertsystem halten, werden schon länger gefordert. Etwa aus der SPÖ, aber auch von Mieterschützern und aktuell auch vom linken Thinktank Momentum-Institut kommen einschlägige Forderungen. Ein gewisses Problem dabei ist allerdings, dass das Richtwertsystem im Lauf der Zeit immer unübersichtlicher wurde. In vielen Lagen Wiens ist kaum jemand wirklich noch in der Lage, vorherzusagen, wie hoch die Hauptmiete sein darf. Das liegt an mehreren OGH-Urteilen zum Lagezuschlag bzw. daran, dass die Politik hier bisher nicht für Klarheit sorgte.

"Dschungel Mietrecht endlich lichten"

"Es kennt sich auch der durchschnittliche Anwalt nicht mehr aus", sagt auch Schleicher. "Es wäre wünschenswert, wenn der Dschungel namens Mietrecht endlich gelichtet werden würde", auch wenn Prozessfinanzierer wie miet-bremse.at sowie auch Miete Runter, Miete Retour, Mietheld, Mietfuchs, Mietkaiser, Mietenchecker und wie sie alle heißen natürlich von der Situation profitieren würden.

Miet-bremse.at ist im Gegensatz zu den meisten Konkurrenten bundesweit aktiv und wirbt damit, "der günstigste Anbieter" zu sein. Im Erfolgsfall werden 29 Prozent von der erstrittenen Summe einbehalten, mindestens aber eine Bagatellgrenze von 490 Euro. Bei anderen Prozessfinanzierern sind es meist zwischen 30 und 45 Prozent, das wird aber nicht auf allen Websites angegeben. "Unser Anspruch ist, das komplett transparent zu machen", sagt Schleicher.

Freilich muss man nicht zu einem Prozessfinanzierer gehen, wenn man glaubt, man zahlt eine zu hohe Altbaumiete. In den größeren Städten gibt es eine Schlichtungsstelle, und auch Mieterschutzorganisationen wie Mietervereinigung oder Mieterschutzverband führen solche Verfahren durch. Dort muss man nur einen Mitgliedsbeitrag zahlen, vom zurückerstrittenen Betrag wird nichts einbehalten. (Martin Putschögl, 25.8.2023)