Die fokussierte Unintelligenz, die der ehemalige Wiener Bürgermeister Michael Häupl in Zeiten des Wahlkampfes (auch in seiner eigenen Partei, der SPÖ) beklagt hat, bekommen wir schon voll zu spüren. Fahnenträger dieser programmatischen Veralberung der Politik ist derzeit aber die ÖVP, die keinen Unsinn auslässt, um die Öffentlichkeit damit zu behelligen.

Der Wahlkampf liegt in der Luft, auch wenn wir noch ein Jahr Zeit hätten. Eine Taktik der ÖVP: Herbert Kickl als Person zu diskreditieren und ihn der Lächerlichkeit preiszugeben. Als Kanzler Karl Nehammer den FPÖ-Chef als Sicherheitsrisiko bezeichnete, gab er ihn politisch für den Abschuss frei. Ein ebenso schwieriges wie heikles Unterfangen, denn Kickls Partei hat im Gegensatz zur ÖVP hervorragende Umfragewerte, und die hat sie wohl auch ihm zu verdanken.

Karl Nehammers ÖVP wetteifert schon mit Herbert Kickls FPÖ.
REUTERS/Leonhard Foeger

Die ÖVP versucht mit allen Kräften mit der FPÖ zu wetteifern und hat dabei keinerlei Scheu, plump die Themen abzukupfern, auf denen die FPÖ draufsitzt. Dem nunmehr dringlichen Wunsch der ÖVP, das Bargeld in der Verfassung zu verankern, wäre die FPÖ trotz des Ideenklaus gerne nachgekommen – und hat der Regierung ihre Unterstützung angeboten.

Es hat sich dann herausgestellt, dass es der ÖVP mit der Umsetzung ihres Vorhabens gar nicht so ernst ist: Sie will das Thema nicht erledigen, sondern am Köcheln halten. Also Taskforce, runder Tisch, das volle Programm – aber kein Beschluss.

Untergriffe

Die begleitende Kampagne der ÖVP in den sozialen Medien ist von Untergriffen getragen. "Herbert, das ist nicht normal", lautet das Motto, das die ÖVP auf X und Facebook durchzieht. Dabei wird Kickl aufs Pferd gesetzt oder in einer vermeintlichen Fantasieuniform als Innenminister gezeigt. Das ist billig.

Politiker persönlich anzugreifen ist nicht in Ordnung, egal wer das macht. Es war auch nicht in Ordnung, als die SPÖ unvorteilhafte Fotos von Grünen-Chef Werner Kogler verbreitete und über ihn spottete. Es müsste in der politischen Auseinandersetzung verpönt sein, den Gegner auf persönlicher Ebene zu diffamieren. Gegen Kickl sollte es genügend Argumente geben, die man in der Sache und politisch vorbringen kann. So ist es bloß Dirty Campaigning.

Abgesehen davon ist die Kampagne inhaltlich fragwürdig und handwerklich schlecht: Kickl wurde unter Kanzler Sebastian Kurz Innenminister, er hat sich dort nicht hineingeschlichen. Dass Kickl überhaupt Innenminister werden konnte, ist der ÖVP zu verdanken. Die vermeintliche Fantasieuniform, die ihm jetzt vorgeworfen wird, war bloß eine Jacke mit seinem Namen, die in dieser Form übrigens Wolfgang Sobotka, jetzt Nationalratspräsident im Namen der ÖVP, damals ihr Innenminister, erfunden haben dürfte. Der Spott der ÖVP ist also nicht angebracht.

Dass sich Nehammer als Kanzler in einem Video an die Republik wendet und diese dabei in jovialer Manier duzt, muss einen nicht aufregen. Halb so wild, über Umgangsformen kann man unterschiedlicher Auffassung sein, und Ikea kann man (angeblich) meiden. Aber wirklich cool kommt der Kanzler halt auch nicht rüber. Und er hat wenig zu sagen. Die ÖVP setzt wieder voll auf die Inszenierung und vergisst darüber die Inhalte.

Das lässt eine üble Schlammschlacht für die Hochphase des Wahlkampfs erwarten. Das Niveau ist unterirdisch. Ganz ehrlich, Karl: Das ist nicht normal. (Michael Völker, 25.8.2023)