Mit guten Umfragewerten wollte Sebastian Kurz schon im Frühjahr 2016 die Landeshauptleute der ÖVP davon überzeugen, dass er der richtige Parteiobmann und Spitzenkandidat sei – und nicht der amtierende, Reinhold Mitterlehner. Doch wie war Kurz zu den Daten gekommen, und wer hat die entsprechende Umfrage bezahlt? Die ÖVP nicht, sagte Mitterlehner unter Wahrheitspflicht im U-Ausschuss aus.

Nun begibt sich die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) auf die Suche nach dem Auftraggeber der Umfrage und nach deren Abrechnung. Erstellt haben soll sie Meinungsforscher S. beziehungsweise dessen Meinungsforschungsinstitut im März 2016. Untersucht wurde beispielsweise, ob Sebastian Kurz "eine sympathische Ausstrahlung" habe, "bei Fernsehauftritten zu glatt und zu perfekt" wirke oder "geschickt sein persönliches Machtstreben verbirgt". Auch verschiedene Argumente für beziehungsweise gegen Kurz als Kanzlerkandidat wurden hinterfragt. Etwa ob er "noch zu jung" sei oder ob er "für frischen Wind sorgen" würde.

Sebastian Kurz bei einer Veranstaltung, im Hintergrund Fotografen und Kameraleute
Sebastian Kurz, als seine Kanzlerschaft wieder vorbei war.
Heribert Corn

Mit den Ergebnissen soll Kurz bei wichtigen ÖVP-Vertretern hausieren gegangen sein. Mitterlehner schrieb in seinem Buch "Haltung", dass das Kurz-Team mit der Beauftragung dieser Umfrage "plötzlich jede Vorsicht vergaß und sich ohne Rücksicht auf Verluste aus der Deckung gewagt hat".

Zeugenaussage reicht nicht

Dieses Verfahren wurde nun ausgeweitet: Die WKStA ermittelt, inwieweit das Institut Demox in Umfragen eingebunden war, die von einem ÖVP-geführten Ministerium beauftragt waren, tatsächlich aber der Partei nutzten. Vorige Woche sind die Ermittler dort wie berichtet zur Hausdurchsuchung angerückt, allerdings haben sie auch bei Kurz' Haus-und-Hof-Demoskopen Unterlagen und Daten sichergestellt. Die Aufklärung über Auftraggeber und Finanzierung der oben genannten Umfrage "kann Aufschluss darüber geben, welcher finanziellen Mittel sich Kurz bedient hat und wer diesbezüglich involviert wurde", heißt es in der Sicherstellungsanordnung.

Eine Befragung von Meinungsforscher S. als Zeuge reicht aus Ermittlersicht nicht, da die Ereignisse bereits länger zurückliegen und S. ein "berufliches Naheverhältnis" zur ÖVP habe. Sein Institut gibt es seit Anfang 2022 nicht mehr, allerdings ist er weiterhin an einer Meinungsforschung und Research Gesellschaft beteiligt. S. war für den STANDARD nicht zu erreichen. (Renate Graber, Fabian Schmid, 30.8.2023)