Sarah Keil ist die Schlossherrin in Kohfidisch im Burgenland. Hier saniert sie sich seit mehr als 20 Jahren von Raum zu Raum. Herzstück ihres Zuhauses ist aber die Terrasse mit Blick auf den Schlossgarten.

"Das Schloss Kohfidisch befindet sich seit mehr als 500 Jahren im Besitz meiner Familie. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde es nicht mehr bewohnt – bis mein Mann und ich 1999 hier reinspaziert sind, mit viel Mut und wenig Verstand. So ein Projekt kann man nur zu zweit machen – und wenn man vorher rechnet, macht man es eh nicht. Seither wurschteln wir uns durch das ganze Gebäude.

Sarah Keil auf der Terrasse ihres Schlosses, von der aus sie den 38 Hektar großen Park im Blick hat.
Sarah Keil auf der Terrasse ihres Schlosses, von der aus sie den 38 Hektar großen Park im Blick hat.
Pilo Pichler

Wir sind ursprünglich da eingezogen, wo früher der Kindergarten der Gemeinde untergebracht war. Und dann haben wir Zimmer nach Zimmer hergerichtet, bis wir gezwungen waren, auch den Korridor in Angriff zu nehmen, weil wir lauter Durchgangszimmer hatten. Man kann sich vorstellen, wie das mit vier Kindern ist. An die 55 Fenster habe ich bisher erneuert. Im gesamten ersten Stock sieht man noch, wie es hier ausgeschaut hat. Das Haus war eine Ruine, die wir vor dem Verfall gerettet haben.

Im Untergeschoß (links) wurde schon renoviert, im Obergeschoß (rechts) wartet noch viel Arbeit.
Im Untergeschoß (links) wurde schon renoviert, im Obergeschoß (rechts) wartet noch viel Arbeit.
Pilo Pichler

Bei der Einrichtung nehmen wir alte Möbel, die wir haben oder die noch übrig sind, und mischen sie mit Dingen, die uns gefallen. Das ergibt einen persönlichen Stil. Vieles stammt vom Antiquitätenhändler. Aber natürlich kommt man beim Einrichten von Kinderzimmern auch als Schlossherrin nicht um die Verlegenheit, zu Ikea zu fahren. Mein Herz schlägt allerdings eher für Pflanzen. Ich kann zu jeder Rose im Garten eine Geschichte erzählen. Die Terrasse, die wir im Winter zum Wintergarten umbauen und im Sommer wieder aufmachen, ist das Herzstück des Hauses.

Das Schloss Kohfidisch befindet sich seit 500 Jahren im Besitz der Familie von Sarah Keil.
Das Schloss Kohfidisch befindet sich seit 500 Jahren im Besitz der Familie von Sarah Keil.
Pilo Pichler

Hier sitze ich am liebsten, das Fernglas in Griffweite, und schaue hinaus in den 38 Hektar großen verwilderten Schlossgarten, der ursprünglich als Landschaftsgarten konzipiert war. Mit sieben Gärtnern kann das jeder – ich als One-Woman-Show mit Rasenmäher stehe da auf verlorenem Posten. Dafür sehe ich von hier aus die unterschiedlichsten Tiere. 'Da ist ein Pferd', hat eine Freundin meiner Kinder mal gerufen. Es war ein Hirsch.

Unser Wohnzimmer ist der Salon, der mit 15 mal acht Metern viel zu groß ist – aber gut zum Radfahren, Skateboarden und Waveboardfahren. Die Kinder sind bei einer Tür raus und bei einer anderen wieder rein. Umso größer das Haus und umso mehr Kinder, desto mehr Gäste. Wir sind immer viele. Dass wir zu zweit abendessen, kommt selten vor. Unsere Kinder laden immer Freunde ein und sagen, sie wohnen in einem Haus auf dem Land. Als sie dann im Schlosshof stand, hat eine Freundin von meinem Sohn mal gesagt: 'Das ist jetzt aber nicht dein Ernst, oder?'

Bereits vorhandene Möbel werden mit Antiquitäten ergänzt.
Bereits vorhandene Möbel werden im Schloss Kohfidisch mit Antiquitäten ergänzt.
Pilo Pichler

Die Verständigung ist in jedem Schloss eine Herausforderung. Wenn ich in einem Raum nach meinen Kindern rufe, hört man mich im nächsten schon nicht mehr. Daher rufe ich sie am Handy an. Der Handyempfang ist hier gut, WLAN ist bei 1,45 Meter dicken Mauern ein größeres Problem. Dort, wo die Kinder am Wochenende auf einem Knödel sitzen, ist immer der beste Empfang.

Die Farbe unserer Wände ändert sich alle paar Jahre. Das macht ein Maler aus dem Dorf. Ich habe meine Strategie beim Renovieren ein wenig geändert. Wenn ich einen guten Handwerker finde, wird er von mir schleunigst beauftragt. Viele von den alten Fertigkeiten findet man heute nicht mehr. Den Schlossaufschlag zahlen wir dann spätestens nach der zweiten Baustelle. Mein Zeitplan? Ich habe vier Kinder. Das Renovieren wird also nahtlos in die nächste Generation übergehen. Die Frontseite des Schlosses ist 100 Meter lang – und das gesamte oberste Stockwerk fehlt noch. Aktuell sind wir dabei, eine im ersten Weltkrieg abgebrannte Kutscherremise im Hof wieder aufzubauen.

Der Schlossgarten war ursprünglich als Landschaftsgarten konzipiert.
Der Schlossgarten war ursprünglich als Landschaftsgarten konzipiert. "Mit sieben Gärtnern kann das jeder – ich als One-Woman-Show mit Rasenmäher stehe da auf verlorenem Posten", sagt Sarah Keil.
Pilo Pichler

Wenn man mal so gewohnt hat, wird ein normales Haus schwierig. Ich könnte mir aber auch nicht vorstellen, so zu leben wie früher. Gott sei Dank gibt es moderne Technik. Mein Vater hat mir mal den Schlossstatus aberkannt, weil er meinte, dass der Gang ja geheizt sei. Da draußen dreht auch ein Staubsaugerroboter seine Runden. Und bevor Sie fragen: Schatz haben wir bisher keinen gefunden. Irgendwann werde ich schon noch drüberstolpern." (Protokoll: Franziska Zoidl, 4.9.2023)