Wer im Handel seine Karriere starten möchte, ist von dieser mittlerweile oft nur noch durch einen QR-Code getrennt. So etwa bei Billa, Bipa und Penny. Die Supermarktketten des Rewe-Konzerns wollen ihre neuen Talente einfangen, während diese bei ihnen einkaufen. Sie platzieren QR-Codes in den Filialen zum Scannen mit dem Smartphone, die einen direkt zu einem kurzen Bewerbungsformular führen. "Der Prozess ist in drei Minuten erledigt, das geht, während man an der Kassa steht", sagt die Personalchefin der Rewe Group Österreich, Veronika Rabl, dem STANDARD in einem Interview. Die Interessierten müssten nicht einmal angeben, um welche Stelle es genau gehe, das folge alles im weiteren Prozess.

Jetzt aber schnell! Firmen wollen junge Menschen mit schlankerem Recruiting für sich gewinnen.
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Die Bewerbung in den Filialen per QR-Code bei Rewe ist Teil ihrer Strategie, jungen Menschen möglichst unkompliziert eine Bewerbung zu ermöglichen. "Wir sehen, dass die junge Zielgruppe vermehrt auch persönlich Kontakt sucht und in die Filialen kommt", sagt Rabl. "Es sind nicht nur die sozialen Medien, die im Recruiting jetzt zählen." Die Situation am Arbeitsmarkt ist für Personalabteilungen in Unternehmen schon lange keine einfache mehr. Viele Stellen sind offen, immer schwieriger wird es, sie zu besetzen. Unternehmen treffen auf selbstbewussten Nachwuchs, der laut diversen Studien oft zahlreiche Forderungen an Arbeitgeber stellt: wertschätzende Kommunikation, Flexibilität, Diversität. Das beginnt schon im Bewerbungsprozess.

Schlanke Formulare

"Auf der einen Seite ist die digitale Welt sehr wichtig, in der man sehr schnell sein muss, aber ganz wichtig ist auch die analoge Welt", erklärt der Personalberater und Recruiter Günther Meier. "Mit persönlicher Ansprache ist die Generation Z sehr gut zu erreichen." Tradierte Bewerbungsabläufe mit langen Formularen, Motivationsschreiben und Stellenanzeigen als PDF hätten ausgedient, seien aber noch vorzufinden. Eine große Herausforderung sei, vor allem in großen Unternehmen, auch die Schnelligkeit.

In der Praxis finden sich aber bereits einige Beispiele, die ähnlich wie die QR-Code-Bewerbung bei Rewe, für einen schlanken Bewerbungsprozess sorgen sollen. Und somit auch vermehrt junge Leute anlocken sollen. Beim "Bim-Recruiting" der Wiener Linien konnten sich Menschen direkt zu einem Bewerbungsgespräch in einer Straßenbahn begeben, das Unternehmen sucht rund 100 neue Mitarbeitende für ihre Fahrzeuge und Werkstätten. Die Wien Energie hingegen lud zum Speed-Dating für neue Angestellte im Kundenservice: In einem 15-minütigen Gespräch sollte gleich entschieden werden, ob ein Arbeitsverhältnis zustande kommt.

Der Chemiekonzern BASF wirbt auf seiner Homepage für Auszubildende ab 2024 mit einer Bewerbung, die in fünf Minuten erledigt sein soll: "Für deine Online-Bewerbung mit Lebenslauf-Hochladen und Bewerberprofil-Anlegen benötigst du rund 5 Minuten", schreibt das Unternehmen auf der Recruitingseite. Die Uhr tickt auch bei der Unternehmensberatung KPMG. Wer sich bei der Firma einloggt, sei von seiner "Wunschstelle nur 1 Klick entfernt". Nur fünf Minuten soll alles in allem dauern, von einem benötigten Anschreiben steht nichts geschrieben. Bewerbungen von Nachwuchs erhoffen sich manche Recruiterinnen und Recruiter auch vermehrt durch das Angebot, sich über Whatsapp-Nachrichten zu bewerben.

Chatten um den Job

"Viele Bewerbende starten den Bewerbungsprozess am Handy und können ihn aber nicht abschließen, weil sie ein Bewerbungsschreiben hochladen müssen oder schreiben müssen", sagt Personalchefin Rabl. Aus diesem Grund plant sie, das fragegesteuerte Bewerben einzuführen: Im Chat sollen wie in einem Gespräch direkt Fragen beantwortet werden, ohne dass es ein Anschreiben braucht. Talknjob, ein Software-Start-up aus Deutschland, bietet etwa Unternehmen eine Anwendung für Bewerbungen per Sprachnachricht an. Sie können das Tool von Talknjob als Link zu ihrer Stellenanzeige hinzufügen, und Interessierte landen direkt in einem Bewerbungschat, indem sie eine Sprachnachricht hinterlassen können. Auch mit diesem Konzept soll die Bewerbung für eine Stelle nur zwei Minuten dauern.

In einer Untersuchung der FH Wien der Bachelorstudierenden der Generation Z (Jahrgänge 1997 bis 2012) ihres eigenen Studiengangs Personalmanagement ergab, dass sie vor allem auf eine schnelle Rückmeldung Wert legen. Zudem ist ihnen eine persönliche Ansprechperson im Recruiting wichtig. Der Ablauf des gesamten Verfahrens sollte klar ersichtlich sein. Zur Informationssuche verwenden sie vor allem Instagram und Linkedin.

Pflege der Profile

Somit sollten Arbeitgebende auch ihre Social-Media-Kanäle pflegen. Das macht etwa auch Markus Nutz, Gründer der Digitalagentur Spinnwerk. Er berät Firmen wie Media Markt und Cineplexx zum Social Recruiting, also wie sie neue Talente auf Instagram, Facebook und Co finden können. "Firmen müssen laufend relevante Inhalte kreieren", sagt Nutz. "Einmal eine Jobanzeige zu posten reicht nicht aus." Wer sich bei seiner Agentur bewerben will, kann auch eine Nachricht auf Instagram oder Tiktok schreiben oder eine E-Mail schicken. "Manche können sich vielleicht besser in einem kurzen Video vorstellen als in einem Text", sagt Nutz, "es ist wichtig, viele Kanäle zu öffnen."

Aber kommen die Bewerbenden nicht selbst zu einem Unternehmen, kann das "Active Sourcing" helfen, laut Recruitment Report der FH Burgenland eine immer wichtigere Methode für Personaler. Dabei geht es um die Online-Akquise von Personen, die zum Unternehmen passen können. Auch Personalchefin Rabl gibt dieser Methode einen hohen Stellenwert: "Bei uns gibt es etwa fünf Personen, die nur Active Sourcing betreiben." Soziale Medien helfen dabei immens: Linkedin etwa zeigt genau, wer bereits wo Erfahrungen gesammelt hat. QR-Code scannen, Sprachnachricht schicken oder chatten: Viele Firmen wollen die Bewerbung einfacher gestalten. (Melanie Raidl, 8.9.2023)