Unser Hauptziel ist es, den Heurigen wieder cool zu machen“, sagt Stefan Fuchs vom Weingut Fuchs-Steinklammer in Mauer und Vorstandsmitglied im Verein Der Wiener Heurige. Der 35-jährige Winzer hat den Betrieb gemeinsam mit seinem jüngeren Bruder Alexander vor zehn Jahren von den Eltern übernommen. Seitdem stellen die beiden neben klassisch produzierten Weinen auch Naturweine her. Selbst eine eigene Aperol-Variante bieten sie an, die aus ihrem eigenen Rotwein, Bitterorangen, Zitrone und Vanille angesetzt wird. "Aperol Spritz kennt und trinkt jeder, und deshalb freuen sich alle, wenn man einen selbstgemachten Ansatz serviert. Das ist etwas Besonderes", sagt Stefan Fuchs.

Abwechslung zu bieten und unterscheidbar zu sein sei wesentlich für den Erfolg, meint der Winzer: "Wir sind im Weinbauort Mauer, da gibt es zehn Heurige, und die Qualitätsdichte ist sehr hoch. Da muss man etwas tun, um sich abzusetzen." Das gelte auch für die Speisekarte: "Meine Eltern sind beide Jäger. Wenn die etwas schießen, dann gibt’s Wildburger und Rehschnitzel." Man biete außerdem immer auch vegetarische und vegane ­Optionen an, zurzeit etwa mit Kürbis.

Das Weingut postet aktiv auf Instagram, um junge Leute zu erreichen, die meisten kämen aber "ganz klassisch durch Mundpropaganda", sagt Fuchs. Jetzt im September bleibt der Heurige geschlossen, stattdessen erwartet die Familie Fuchs-Steinklammer ihre Gäste am Wochenende direkt in Steinklammers Hirterhütte am Kadolzberg im Weingarten, mitten im Gemischten Satz. Die Unterschiede zwischen den Rebsorten seien dort auch für Laien einfach zu erkennen, meint Fuchs: "Da sieht man dann dicken, fetten Gelben Muskateller, rosa Traminer, großen Grünen Veltliner, kleinen Riesling und grünen Sauvignon Blanc."

Beim diesjährigen Wiener Weinwandertag am 23. und 24. September (s. Infobox unten) sind die Fuchs-Steinklammers mit ihrer Hütte im Weingarten als "Labestation" des Weinspaziergangs Mauer dabei.

Am anderen Ende der Stadt, in Stammersdorf, haben vier junge Quereinsteiger im Juni ihre Buschenschank "Der Weingarten" eröffnet. Dominic Schum, seine Partnerin Marlene Seiser und die Brüder Peter und Michael Barsoum, alle noch in ihren Zwanzigern, spielten schon seit ein paar Jahren mit dem Gedanken eines eigenen Gastrobetriebs, nun sind sie im Weinbau gelandet.

Mit dem Preis punkten

Ein Grammelschmalzbrot werde beim Heurigen von allen Gästen erwartet, auf seiner Speisekarte stünden gleichzeitig aber auch Brot mit Bananen-Curry-Aufstrich oder Hummus. "Es braucht die ganze Palette, wichtig ist das Spektrum von vegan bis Fleisch", meint Dominic Schum. Bei der Möblierung ihres Gastgartens haben die vier Buschenschank-Gründer ebenso mit der Tradition gebrochen. Als Gast kann man sich unter anderem zwischen hohen Tischen mit fellüberzogenen Barhockern, gepolsterten Europaletten und hölzernen Gartensesseln entscheiden. Im Hintergrund schallt leise Loungemusik aus den Lautsprechern, denn "auch die Älteren wollen nicht immer die Quetschn hören", lacht der Floridsdorfer.

Menschen sitzen an Tischen bei einem Heurigen
Neu in Stammersdorf: Der Weingarten
(c)Kkhoss

Er arbeitete während des Studiums in der Gastronomie, vor allem bei Heurigen, mittlerweile steht er wochentags im Hauptberuf als Medizintechniker im Operationssaal. Seine Wochenenden im Weingarten an den Reben oder bei den Gästen zu verbringen empfindet er als meditativ und interessant. Das Wissen über die Weinherstellung holen sich die vier von einem langjährigen Winzer, der sie schon von Anfang an unterstützt. "Wir als Neue dürfen nicht die vergessen, die das schon seit Jahrzehnten machen. Wir haben größten Respekt vor dieser Arbeit", betont Schum.

Ihm sind günstige Preise ein Anliegen, nicht nur wegen des jungen Publikums: Beim Heurigen oder in einer Buschenschank einzukehren dürfe nicht genauso teuer sein wie ein Besuch in einem Innenstadtlokal. Das Achtel des hauseigenen Gemischten Satzes kostet im "Weingarten" 2,40 Euro, ein weißer Spritzer 2,60 Euro, alle Aufstrichbrote unter fünf Euro. Damit sich das rentiert, müsse das Gesamtangebot begrenzt sein. Das sei auch im Sinne der Nachhaltigkeit, sagt Schum, weil so am Sonntagabend weniger im Müll landet. Er freut sich, wie gut die neue Buschenschank ankommt, viele Gäste seien in dieser ersten Saison schon mehrmals gekommen.

Vorglühen im Weinberg

Maki, Wein und Sushi
Winzer-Maki, die mit Schinken umhüllt sini
© Pfarrplatz Gastronomiebetriebs

Über zu wenige Gäste braucht sich der Heurige Mayer am Pfarrplatz in der Regel nicht sorgen, er besteht allerdings auch schon ein paar Jahrhunderte länger als "Der Weingarten". Das Lokal in Heiligenstadt ist bewusst traditionell gehalten, mit dem Mayer am Nussberg wollte man zusätzlich eine "junge, hippe Buschenschank" schaffen, sagt Geschäftsführer Clemens Keller. Seit 2013 wird dort direkt im Weingarten ausgesteckt, zum eigenen Wein gibt es ein kaltes Buffet. Dessen Schwerpunkt liege auf leichteren Sommergerichten wie Salaten und Aufstrichen. "Mir fällt als Wirt kein Zacken aus der Krone, wenn ich veganes Grammelschmalz anbiete, aber die Klassiker muss es schon auch weiter geben", findet Keller. Er bemühe sich stark um Innovation, sagt der 39-Jährige, und habe deswegen zum Beispiel "Winzer-Maki" auf die Speisekarte gesetzt. Die Reisröllchen sind mit Schinken umhüllt und mit Frischkäse gefüllt, zum Eintunken gibt es Sojasauce aus österreichischer Herstellung. Cola komme bei ihm aber nie auf den Tisch, das vertrage sich einfach nicht mit der Heurigenkultur.

Blick auf Wien
Weingut Mayer am Pfarrplatz
Martin Steiger

Seine Buschenschank sei mittlerweile nicht mehr nur Wanderziel, sondern auch "Vorglüh-Spot": "Das junge Publikum lässt sich am Abend schon auch mit dem Uber auf den Nussberg raufführen", beobachtet Keller. Jung, das heiße in dem Fall ab Mitte zwanzig: "Wir wissen, dass wir den Gast nach der Maturafeier beim Heurigen für ein paar Jahre an die Disco verlieren. Später kommt er schon wieder für ein Glas Wein vorbei." Und er sieht noch viel Potenzial, denn "mit neuen Konzepten wird’s wieder spannender". (Jana Wiese, 18.9.2023)