Wien – Der ORF startet mit einer neuen Streamingplattform ins Jahr 2024. Sie wird nun fix "ORF On" heißen, wie der STANDARD bereits mehrfach berichtete. ORF On wird die ORF-TVthek ablösen und liefert ein neues Design, weit längere Abrufzeiten als bisher, manche Produktionen noch vor der Ausstrahlung im TV und zahlreiche Archivsendungen. Dort angesiedelt ist ein neuer 24-Stunden-Kinderkanal, der einerseits aus dem bestehenden ORF-Kinderprogramm "Okidoki" gespeist wird, aber auch Archivprogramm aus dem ORF-Fundus enthalten soll.

ORF-Generaldirektor Roland Weißmann und ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz präsentierten am Dienstag das neue ORF-Programm.
ORF-Generaldirektor Roland Weißmann und ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz präsentierten am Dienstag das neue ORF-Programm.
ORF/Thomas Ramstorfer

Mehr Videos auf ORF.at

Wichtigste Neuerung neben ORF On ist die Adaption der blauen Seite, also von ORF.at. Sie wird ab 1. Jänner deutlich mehr Videos als bisher liefern. Laut ORF-Generaldirektor Roland Weißmann ist ORF.at die "erfolgreichste Nachrichtenseite im deutschsprachigen Raum". Erneuert wird auch die gelbe Seite: Sport.orf.at bekommt eine neues Gesicht.

Die rechtlichen Rahmenbedingungen ermöglicht das neue ORF-Gesetz, das mit 1. Jänner 2024 in Kraft tritt und das dem ORF im digitalen Bereich deutlich mehr Spielraum gibt. Aber auch das lineare Fernsehen will der ORF 2024 nicht vernachlässigen und kündigt mehr Publikumsbeteiligung, neue Magazine und Shows an. Geplant ist etwa ein Diskussionsformat namens "Fightclub".

Weißmann: Weniger Geld, mehr Programm

"Programm für dich und mich und alle" lautet das Motto des öffentlich-rechtlichen Medienhauses für das kommende Jahr. "Für alle" ist wohl nicht zufällig gewählt, sieht doch eine ORF-Gesetzesänderung die Umstellung der gerätegekoppelten GIS-Gebühr auf eine Haushaltsabgabe in Höhe von 15,30 Euro (statt 18,59 Euro) vor, wodurch dadurch mehr Haushalte als bisher zur Kasse gebeten werden. "Die Einführung der Haushaltsabgabe ist kein Ruhekissen für uns – ganz im Gegenteil. Sie ist Ansporn und Verpflichtung, unseren Auftrag noch besser in Programmangebote zu gießen, die für möglichst viele Menschen in Österreich Identifikation und Anknüpfung bieten", hielt ORF-Chef Roland Weißmann dazu bei einer Pressekonferenz am Dienstag fest.

Ein geringerer ORF-Beitrag pro Kopf bei gleichzeitig mehr Programm sei kein Marketinggag, sondern Realität, so Weißmann. Der ORF erhält dafür allerdings mehr Geld. Er soll ab 2024 mit dem Beitrag 710 Millionen Euro pro Jahr umsetzen. 2023 waren 676 Millionen aus der GIS prognostiziert. Eine groß angelegte Werbekampagne soll den ORF ab 7. Oktober "für alle" schmackhaft machen. Als Testimonials kommen ORF-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter zum Einsatz.

Alle Staffeln der "Vorstadtweiber" auf ORF On

Die ORF-TVthek wird von der Streamingplattform ORF On abgelöst. Dort werden Inhalte künftig meistens ein halbes Jahr, vielfach aber auch zeitlich unbegrenzt zur Verfügung gestellt, wofür der ORF auch sein Archiv öffnet und Produktionen insbesondere aus dem Doku-Bereich wieder abrufbar macht. Auf dem Player sollen beispielsweise alle Staffeln der "Vorstadtweiber" zu sehen sein, so Weißmann. Ausgewählte Sendungen werden bis zu 24 Stunden vor der Ausstrahlung im linearen Fernsehen zu sehen sein. Nutzerinnen und Nutzer sind aufgerufen, ihr Feedback zu dem neuen Player – der zunächst in einer Betaversion parallel zur ORF-TVthek online geht – abzugeben. Dieses soll in die Weiterentwicklung der Plattform einfließen. Die TV-Thek dürfte dann nach dem ersten Quartal 2024 Geschichte sein.

Zur Ähnlichkeit des Namens ORF On zur Plattform ServusTV On hielt Weißmann fest, dass man sich die Namensfindung nicht einfach gemacht habe. "Auch andere haben ähnliche Ideen, aber ich gehe davon aus, dass ORF On künftig die Plattform der Österreicherinnen und Österreicher sein wird", sagte der ORF-Chef. Die Namensfindung sei ein schwieriger Prozess gewesen, weil auch markenrechtliche Aspekte berücksichtigen werden mussten.

Kinder sollen diskutieren lernen

Eingebettet auf ORF On wird mit 2024 ein eigenes durchgängiges Streamingangebot für Kinder samt begleitendem On-demand-Portal. Neben dem aktuellen "Okidoki"-Programm wird das Angebot um Neuproduktionen, Archivmaterial und ausgewählte internationale Kaufprogramme erweitert. Ein "Kids Talk" soll Kindern beibringen, wie man diskutiert und andere Meinungen respektiert, sagte ORF-Programmdirektorin Stefanie Groiss-Horowitz.

Die Gesetzesänderung ermöglicht dem ORF auch Online-only-Formate. Zu Letzteren hielt sich der ORF noch weitgehend bedeckt. Weißmann sagte, dass dafür Auftragsvorprüfungen nötig seien.

Angebote für Jüngere und "ZiB"-Kanal auf Youtube

Programmdirektorin Groiss-Horowitz betonte, dass man 2024 weiterhin "beliebte Programmsäulen" zur Verfügung stelle, aber auch mit viel neuem Programm unterbediente Zielgruppen – speziell jüngere Personen – abholen wolle. Zum Superwahljahr 2024 werde Information entsprechend viel Platz im Programm haben, versicherte sie. So werden etwa die "ZiB"-Sendungen am Wochenende zu Mittag verlängert, und die ORF-Korrespondenten bekommen mit einem eigenen Magazin mehr Sendeplatz. Dieses soll künftig am Freitag um 21 Uhr auf dem Programm stehen und ein Thema aus unterschiedlichen, länderspezifischen Perspektiven beleuchten. Die "ZiB" soll auch auf Youtube starten.

Samstag-Vorabendmagazin der Landesstudios

Auf ORF 2 hält ein neues Samstag-Vorabendmagazin der Landesstudios namens "Ein Sommer in ..." Einzug ins Programm. Sonderausgaben von ORF-Magazinen sind etwa den Themen Gesundheit, Pflege und dem 75-jährigen Jubiläum der Menschenrechte gewidmet. Ein neues Tiermagazin namens "Tierische Augenblicke" mit Maggie Entenfellner wird etabliert, während "Universum" bestehen bleibt und etwa den Arlberg, Vietnam oder auch Löwen ins Bild rückt. Nicht verzichten muss man auf Quotenbringer wie "Tatort", "Liebesg'schichten und Heiratssachen", "Bergdoktor" oder auch "Weber und Breitfuß", die erneut einen Auftritt bekommen.

Ö3-Anrufsendung kommt ins Fernsehen

Auf ORF 1 wird auf mehr Publikumsteilhabe und Feedback-Formate gesetzt. So wird die Ö3-Anrufsendung "Frag das ganze Land" für den TV-Bereich adaptiert. Bei einer Bürgerdiskussionssendung namens "Fightclub" treffen zwei Kontrahenten mit unterschiedlichen Meinungen aufeinander und versuchen bei genauem Regelwerk das Publikum von ihrer Ansicht zu überzeugen. "Es funktioniert wie ein choreografierter Kampf", skizzierte Groiss-Horowitz die Stoßrichtung. Es gelte, das Publikum innerhalb einer vorgegebenen Redezeit zu überzeugen.

Zur EU-Wahl liefert ORF 1 das neue, mehrteilige Podcast-Format "Europa und der Bürger", in dem Hans Bürger mit unterschiedlichen Expertinnen und Experten über die wichtigsten Europa-Themen spricht.

Monatliches Format für Maschek

Auch ist mit "Brennpunkt live" für ein neues Diskussionsformat als Spin-off der Reportagereihe "Brennpunkt Österreich" gesorgt, und mit "ZiB-Magazin XLarge" zielt man speziell auf junge Menschen ab. Die Kabarettisten von Maschek bekommen auch abseits von "Willkommen Österreich" ein monatliches Format. "In Zeiten wie diesen kann man nicht genug lachen", sagte Groiss-Horowitz. Dafür soll etwa auch die zweite Staffel der Mockumentary "Dave" sorgen, die ab 7. November gezeigt wird, oder "Es kommt wie's kommt" mit "Comedy Challenge"-Sieger Manuel Thalhammer.

"Biester" und Alltag im Elite-Internat

Im fiktionalen Bereich soll die Serie "Biester" für Furore sorgen. Inhaltlich geht es um zwei Girls aus reichem Haus, die es krachen lassen. Die Serie hat "Vorstadtweiber"-Autor Uli Brée konzipiert. Darin finden sich Anja Pichler, Mara Romei, Fanni Schneider und Theresa Riess als "Biester" wieder. In weiteren Rollen standen Ursula Strauss, Simon Schwarz, Claudia Kottal und Aleksandar Petrović vor der Kamera. Regie führten Mirjam Unger und Andreas Kopriva. Die Serie "School of Champions" zeigt den Jahrgang in der Geschichte eines Elite-Ski-Internats in den Bergen Österreichs.

Theresa Riess (Tiziana Sund), Fanni Schneider (Penelope Sund) sind die
Theresa Riess (Tiziana Sund), Fanni Schneider (Penelope Sund) sind die "Biester".
ORF

"Hunyadi" und "Kafka"

Die ORF/ZDF-neo-Dramaserie "Die Macht der Kränkung" geht in die zweite Staffel. Das Leben des Feldherren János Hunyadi im mittelalterlichen Europa des 15. Jahrhunderts steht im Mittelpunkt der zehnstündigen, internationalen TV-Serie "Hunyadi – Rise of the Raven", die der ORF als Koproduzent realisiert. Regie führt Robert Dornhelm, der auch für die Fortsetzung der Krimireihe "Vienna Blood" verantwortlich zeichnet. Die Serie "Kafka" widmet sich anlässlich seines 100. Todestags dem berühmten Schriftsteller Franz Kafka.

Auf den blutigen Spuren Jack Unterwegers

Ein True-Crime-Format widmet sich Jack Unterweger. Es wird in Kooperation mit Netflix produziert. Weitere sollen folgen. Der Donnerstagabend wird auf ORF 1 umgestaltet. Sind dort derzeit US-Fiction und europäische Fußballbewerbe zu sehen, wird ab Jahresmitte eine Factual-Reihe etabliert, die sich jüngerer Zeitgeschichte widmet, so Groiss-Horowitz. Der ORF verliert ja nach der Saison 2023/2024 die Rechte an der Europa League.

US-Serien laufen aus

Die Programmdirektorin verwehrte sich dagegen, dass auf ORF 1 nach wie vor viele US-Serien zu sehen seien. Man habe bereits vor eineinhalb Jahren aufgehört, neue diesbezügliche Rechte zu erwerben, und müsse nur noch alte Verträge erfüllen, sagte sie. "Wir müssen nur die abspielen, die wir haben." US-Kaufwaren hätten im ORF-Programm nur noch einen sehr geringen Anteil, betont sie und verweist auf den Sonntag, wo es im Hauptabend von ORF 1 einen US-Film zu sehen gibt.

"Wollen uns einen eigenen Promi basteln"

Im Showbereich wird im Frühjahr auf "Die große Chance" gesetzt, während im Herbst ein TV-Casting für die "Dancing Stars"-Ausgabe im Jahr 2025 stattfindet. Dabei wird auch ein Tänzer aus der Riege der Fans und ein Profitänzer im Rahmen von vier Sendungen gesucht. "Wir sehen, dass viele Menschen in diesem Land tanzbegeistert sind, und wollen uns einen eigenen Promi basteln", sagte Groiss-Horowitz.

"Wir können uns nur eine Show pro Jahr leisten", erklärt sie, warum 2024 die reguläre Ausgabe von "Dancing Stars" pausiert. Außerdem profitiere das Format, wenn es eine Pause gebe. Das hätten die Quoten der heurigen Show gezeigt, nachdem 2022 keine stattgefunden habe. ORF-Generaldirektor Roland Weißmann wird sich übrigens nicht bewerben, obwohl er in letzter Zeit zwei Salsa-Kurse besucht habe, beruhigt er.

Shows und Schlager für Junge

Neu im Showbereich sind etwa die Wissensshow "Clever", die mit kniffligen Aufgaben und den schlausten Personen des Landes aufwarten soll, "Hier spielt die Musik" oder auch "Es wird heiß – Die großen Grillmeisterschaften". Im Quizbereich wird erneut auf "Q1", "Smart10" sowie die "Millionenshow" gesetzt. "Hossa! Die güldene Schlagernacht" zielt auf ein jüngeres Publikum ab und soll ab dem Frühjahr 2024 auf dem Programm stehen.

Mirjam Weichselbrauns Sorgen

Dem Thema Service und Konsumentenschutz widmet sich Mirjam Weichselbraun, die sich in einer Reportagereihe mit dem Titel "Ist das so?" ihren eigenen Ängsten und Sorgen widmet.

Das neue ORF-1-Unternehmerformat "You are hired ... vielleicht" lässt drei Bewerberinnen und Bewerber auf einen Job los und begleitet sie und die jeweiligen Unternehmer beim Bewerbungsprozess.

EM-Spiele der Österreicher bei Servus TV

Auch im kommenden Jahr werden große Produktionen wie der Eurovision Song Contest, das Neujahrskonzert oder auch Aufführungen von den Salzburger und Bregenzer Festspielen zu sehen sein. Im Sportbereich warten die Olympischen Sommerspiele, die Handball-EM der Frauen oder auch der alpine Ski-Weltcup auf ORF-Seher. Von der Fußball-Europameisterschaft der Herren werden 20 Spiele gezeigt. Der Rest ist bei Servus TV zu sehen. Auf APA-Nachfrage erklärte Groiss-Horowitz, dass Servus TV als Hauptlizenznehmer die Fußballspiele des ÖFB-Nationalteams zeigen werde – so es sich qualifiziert.

Bei ORF 3 findet bereits zu Weihnachten der Auftakt zur 40-teiligen Dokureihe "Österreich – Die ganze Geschichte" statt. Die Reihe wird mit vier Staffeln auf vier Jahre gestreckt. Wie berichtet, startet bereits am Freitag die wöchentliche Talksendung "Zur Sache".

Im Bereich Barrierefreiheit kündigt der ORF die Untertitelung von allen "Bundesland heute"-Sendungen kurz nach Ausstrahlung in der ORF-TVthek bzw. ORF On an. In weiteren Schritten sollen diese auch live im Fernsehen verfügbar sein. In Österreichischer Gebärdensprache (ÖGS) soll die "ZiB Zack Mini" 2024 online abrufbar sein. (APA, omark, 19.9.2023)