Babler
"Sollte sich herausstellen, dass an den Vorwürfen (...) etwas dran ist, darf das nicht ohne Konsequenzen bleiben", sagte SPÖ-Chef Babler am Sonntag.
APA/GEORG HOCHMUTH

Wien – Nach der Kritik wegen Umwidmungen von Grundstücken mehrerer Wiener SPÖ-Politiker in einem Kleingartenverein in der Donaustadt geht SPÖ-Chef Andreas Babler in die Offensive. Als Parteichef versprach er am Sonntag rasche Aufklärung und Konsequenzen. "Alle Fakten müssen so rasch wie möglich auf den Tisch", so Babler gemeinsam mit Klubobmann Philip Kucher in einer Aussendung. Zugleich forderten sie eine Umwidmungsabgabe, um das Problem mit Umwidmungsgewinnen generell zu lösen.

"Sollte sich herausstellen, dass an den Vorwürfen der persönlichen Bereicherung durch Insiderwissen oder die Beeinflussung von Verfahren etwas dran ist, darf das nicht ohne Konsequenzen bleiben", erklärte die Parteispitze. Außerdem müsse das Problem mit den Umwidmungsgewinnen gelöst werden, denn dieses Problem betreffe viele Gemeinden in Österreich, so Babler und verwies auf die Vorwürfe gegen Gemeindebund-Chef Alfred Riedl (ÖVP).

"Wenn Boden in Bauland umgewidmet wird, profitieren die Eigentümerinnen bzw. Eigentümer von enormen Wertsteigerungen durch öffentliche Entscheidungen – ohne jegliche Eigenleistung", kritisierte Kucher. Diese Gewinne könnten mit einer Umwidmungsabgabe abgeschöpft werden, so die Forderung der SPÖ. Das Geld könnte in leistbaren Wohnraum und den Grundstücksaufkauf durch Länder und Gemeinden investiert werden.

SPÖ-Politiker könnten Grundstücke zurückgeben müssen

Der ÖVP wiederum gehen die Aussagen der SPÖ-Spitze nicht weit genug: "Andreas Babler muss handeln – das Schönreden der roten Umwidmungs-Profite in der Wiener Donaustadt genügt nicht", so der ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker in einer Aussendung und forderte einmal mehr, dass die betroffenen SPÖ-Politikerinnen und -Politiker ihre Ämter bis zu einer umfassenden Klärung ruhend stellen.

Nach Einschätzung des Juristen Andreas Kletečka könnte es gar soweit kommen, dass die SPÖ-Funktionäre ihre Grundstücke wieder zurückgeben müssen – und zwar dann, wenn bei ihrem Vorgehen "List" im Spiel war. Das berichtet die "Presse" am Sonntag. In den Kaufverträgen der SPÖ-Politiker soll ein "mögliches, derzeit noch nicht eingeleitetes Umwidmungsverfahren" erwähnt worden sein. Damit wollten sich die Politiker wohl vor Rückforderungen der Verkäufer nach der Umwidmung schützen. Für den Zivilrechtsprofessor der Universität Salzburg lieg jedoch nahe, dass die SPÖ-Funktionäre schon wussten, dass die Umwidmung durchgehen würde. Haben Sie dieses Wissen verschwiegen, liege eine List vor, und die Geschädigten hätten 30 Jahre lang Zeit, vor Gericht die Rückabwicklung des Verkaufs zu verlangen.

Umwidmungscausa weitet sich aus

Ernst Nevrivy, roter Bezirksvorsteher in Wien-Donaustadt, kaufte im Sommer 2020 ein Grundstück in einer Kleingartensiedlung. Damals war es dort nur erlaubt, Badehütten mit einer Größe von 30 Quadratmetern zu errichten. Etwas mehr als ein Jahr später beschloss der Wiener Gemeinderat eine Umwidmung, die den Bau von deutlich größeren Gebäuden ermöglichte. Davon soll auch Nevrivy profitiert haben. Vor rund drei Jahren zahlte der SPÖ-Politiker für sein Grundstück 420 Euro pro Quadratmeter, durch die Aufwertung dürfte der Wert etwa auf das Doppelte gestiegen sein. Das berichtete die "Wiener Zeitung".

Doch Nevrivy dürfte damit nicht allein gewesen sein. Neben dem Bezirksvorsteher sollen laut Recherchen von "Wiener Zeitung" und Ö1 noch andere Wiener Rote von einer Umwidmung in der Kleingartensiedlung profitiert haben. Das zeige ein Blick ins Grundbuch. Eine Politikerin soll dabei sogar die Rolle der Verbinderin vom Kleingarten zum Magistrat innegehabt haben.

Anzeige bei der WKStA

Wie am Freitagnachmittag bekannt wurde, ist nun auch die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) mit der Causa betraut. Sie bestätigte dem Nachrichtenmagazin "Profil", dass bereits eine Anzeige gegen eine Person vorliege – unklar ist, ob es sich um Nevrivy handelt. Nun werde die Zuständigkeit und der Anfangsverdacht geprüft. Ob es zu einem Ermittlungsverfahren kommt, sei offen.

Nevrivy wies am Freitag jedenfalls die Vorwürfe zurück. Die Pläne, dass in der Kleingartensiedlung umgewidmet werden soll, waren seit 2006 bekannt, versicherte er im Gespräch mit der APA. "Ich habe zu keinem Zeitpunkt Einfluss genommen", so Nevrivy wörtlich. Er sei sich allerdings bewusst, dass die Optik "nicht optimal" sei. "Es ist bedauerlich, welches Bild von mir gezeichnet wird." (APA, red, 24.9.2023)