Die politische Großwetterlage kündigt sich mit rauem Gegenwind an: In der aktuellen Sonntagsfrage sackt die ÖVP auf den dritten Platz ab. Die Regierungsparteien kommen zusammen nur noch auf 32 Prozent.
APA/ROLAND SCHLAGER

Würde schon jetzt – und nicht wie vorgesehen in etwa einem Jahr – ein neuer Nationalrat gewählt, dann müsste die Kanzlerpartei ÖVP mit dem dritten Platz rechnen. Nur 22 Prozent würden laut der aktuellen Market-Hochrechnung der Volkspartei ihre Stimme geben, ihr Koalitionspartner, die Grünen, käme auf zehn Prozent. An erster Stelle liegt die FPÖ, die mit 29 Prozent seit Ende vergangenen Jahres auf etwa demselben Niveau liegt. Der zweite Platz wird von der SPÖ gehalten, die nun mit etwa 24 Prozent rechnen könnte.

Market-Wahlforscher David Pfarrhofer weist darauf hin, dass die Parteienlandschaft seit vielen Monaten weitgehend unverändert ist: "An der Spitze tut sich wenig, mit Andreas Babler hat die SPÖ etwa gleiche Werte wie im Frühjahr unter Pamela Rendi-Wagner – aber schlechtere als vor einem Jahr. Babler ist mit 13 Prozent in der Kanzlerfrage auch dort, wo seine Vorgängerin im Frühjahr war. Wenn es so etwas wie ein Kanzlerduell geben sollte, dann muss man sagen, dass sich das auf bescheidenem Niveau abspielen würde, denn der amtierende Bundeskanzler würde derzeit nur von 19 Prozent direkt gewählt, der FPÖ-Obmann Herbert Kickl von 17 Prozent."

Sonntagsfrage | Kanzlerfrage: Wem würden Sie Ihre Stimme geben?

Die Kanzlerfrage

In der Kanzlerfrage zeigt sich die relative Stärke von Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger: Acht Prozent der repräsentativ ausgewählten Befragten wünschen sie sich als Kanzlerin, das sind fast so viele, wie den Neos in der Hochrechnungen zugetraut wird. Neos liegen mit neun Prozent knapp hinter den Grünen (zehn) und deutlich vor Kommunisten (drei) und Bierpartei (zwei).

Pfarrhofer: "Marco Pogo hat seine Fans – in der Kanzlerfrage sagen fünf Prozent, dass sie Dominik Wlazny als Bundeskanzler wollen, das sind etwa gleich viele wie den amtierenden Vizekanzler Werner Kogler zum Kanzler machen würden. Wlaznys Partei, die Bierpartei, hat aber wesentlich geringere Zustimmungswerte. Die KPÖ hat zwar mit Günther Hopfgartner einen wenig bekannten Spitzenkandidaten, sie kann aber ähnlich wie die Bierpartei einige junge Wähler gewinnen. Und die MFG ist praktisch nicht mehr messbar, zu der mag sich kaum noch jemand bekennen."

Die Kanzlerfrage ist klarerweise eine rein theoretische – und ebenso theoretisch sind Überlegungen, ob eine Rückkehr des vor bald zwei Jahren zurückgetretenen Sebastian Kurz die Lage merklich verändern würde. DER STANDARD ließ fragen. "In letzter Zeit wurde auch diskutiert, ob der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz wieder in die österreichische Politik zurückkehren sollte – er selbst sagt, dass er das nicht vorhat. Was meinen Sie: Wird Sebastian Kurz in die österreichische Politik zurückkehren, oder wird Sebastian Kurz nie wieder in die österreichische Politik zurückkehren?" Darauf sagten 24 Prozent, dass sie an eine Rückkehr glauben, 56 Prozent glauben das nicht, der Rest ist unentschieden.

Gegen Kurz-Rückkehr

Ganz klar wird in einer weiteren Frage auch eine Rückkehr von Kurz ins Kanzleramt abgelehnt: 52 Prozent sagen, dass er sicher nicht zurückkommen sollte, selbst wenn sich die gegen ihn erhobenen Vorwürfe nicht bewahrheiten sollten. Weitere 19 Prozent wollen das "eher nicht". Pfarrhofer: "Es gibt noch sieben Prozent Hardcore-Kurz-Fans, die ihn auf jeden Fall zurückhaben wollen, weitere 13 Prozent wollen ihn eher schon wieder als Kanzler sehen. Unmittelbar nach seinem Rücktritt wollten ihn noch 36 Prozent zurück. Heute ist das vor allem noch in der ÖVP-Wählerschaft ein Thema."

DER STANDARD ließ auch erheben, wie die ÖVP-Strategie verfängt, dass das Land mit mehr Optimismus besser dastünde. Dazu muss man wissen, dass seit etwa zwei Jahren in den Umfragen mehr Menschen Pessimismus als Optimismus bekunden. In der aktuellen Umfrage sagten nur 28 Prozent, dass sie der nahen Zukunft mit Optimismus und Zuversicht entgegensehen, bei 41 Prozent überwiegen Skepsis und Pessimismus, 31 Prozent sind unentschieden. Überwiegend optimistisch sind die Wählerschaften der Regierungsparteien und der Neos sowie Befragte unter 30 Jahren.

Market fragte: "In letzter Zeit hört man immer wieder: ‚Wir brauchen Optimismus und Zuversicht‘ – dann würde es mit Österreich und seiner Wirtschaft besser werden. Wie beurteilen Sie diese Aussage, ist es Ihrer Meinung nach zutreffend, dass sich Österreichs Lage bessern würde, wenn die Bevölkerung optimistischer wäre, oder hätte das Ihrer Meinung nach keine positiven Auswirkungen?" 45 Prozent sagten darauf, dass Optimismus die Lage Österreichs verbessern würde, etwa gleich viele (44 Prozent) erwarten da keine positiven Auswirkungen. Es sind die erklärten Wählerinnen und Wähler der ÖVP und in geringerem Maße die der SPÖ, der Grünen und der Neos sowie jene Minderheit, die selbst optimistisch ist, die besonders auf die Kraft des Optimismus setzen. Bei Freiheitlichen und Kommunisten kommt die Idee dagegen besonders schlecht an. (Conrad Seidl, 25.9.2023)