Während seines Washington-Besuchs vergangene Woche hat Präsident Wolodymyr Selenskyj für die Verabschiedung eines neuen US-Hilfspakets für die Ukraine geworben, das im Kongress verhandelt wird. Am wichtigsten für ihn waren deshalb seine Treffen mit den Republikanern: An ihnen hängt die weitere US-Unterstützung – sie sind in der Frage aber gespalten.

Ohne die breite, parteiübergreifende Zustimmung im Kongress wäre die umfassende Ukraine-Unterstützung der USA seit Kriegsbeginn nicht möglich gewesen. Allerdings stammt der Großteil dieser Zusagen aus Mitteln, die im Jahr 2022 bewilligt wurden. Damals verfügten die Demokraten noch über Mehrheiten in beiden Kammern des Kongresses; allerdings befürworteten auch die Republikaner mit großer Mehrheit die Hilfe.

Das nun zur Debatte stehende Hilfspaket wäre das Erste, das mit Zustimmung des Repräsentantenhauses mit republikanischer Mehrheit bewilligt würde – und ist deshalb ein Testfall, wie sich die Republikaner im Vorfeld der Wahlen 2024 zur weiteren Unterstützung der Ukraine positionieren.

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Wollen ein weiteres Hilfspaket für die Ukraine verhindern: der ehemalige US-Präsident Donald Trump und seine Anhänger.
REUTERS/SCOTT MORGAN

Denn die weitere Unterstützung durch die Republikaner ist kein Selbstläufer: Zwar befürwortet eine große Mehrheit der Republikaner im Senat und im Repräsentantenhaus weiterhin die Unterstützung der Ukraine. Dagegen sprechen sich im Repräsentantenhaus circa 70 republikanische Abgeordnete und damit ungefähr ein Drittel von ihnen gegen die weitere Hilfe aus. Viele von ihnen sind Mitglieder des ultrarechten "Freedom Caucus", der loyalsten Anhänger Donald Trumps im Kongress.

Sie wollen ihre Macht nutzen, um nicht nur ein weiteres Ukraine-Hilfspaket zu verhindern, sondern auch Haushaltskürzungen durchzusetzen. Zwischen Gegnern und Befürwortern der weiteren Hilfen muss Kevin McCarthy, republikanischer Sprecher des Repräsentantenhauses, vermitteln, um die Republikaner zusammenzuhalten. In seinen Bemühungen, dem Trump-Lager entgegenzukommen, hat McCarthy zuletzt den Untersuchungen für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden zugestimmt.

Tief gespalten

Wie auch im TV-Duell der republikanischen Präsidentschaftsbewerber deutlich wurde, sind die Republikaner in Bezug auf die Ukrainepolitik tief gespalten: Die Befürworter der Hilfe argumentieren, dass die Unterstützung der Ukraine ein Eintreten für die Freiheit weltweit sei, Russland vor Angriffen auf ein Nato-Mitglied abschrecke und gleichzeitig ein Signal an Peking sende, dass die USA ähnlich handeln würden, sollte China einen Angriff auf Taiwan wagen. Sie kritisieren allerdings die Biden-Regierung dafür, die Ukraine militärisch viel zu zurückhaltend zu unterstützen.

Dagegen lehnen Trump und andere Republikaner die Unterstützung ab und kritisieren, dass US-Steuergelder für ein Land eingesetzt würden, das für die nationale Sicherheit der USA nicht relevant sei, während die vielen Probleme im eigenen Land unter demokratischer Führung außer Kontrolle gerieten; dass die Europäer ihre Ukraine-Unterstützung ausbauen sollten; dass die Biden-Regierung die USA in einen nuklearen Konflikt mit Russland führe; oder dass die gelieferte US-Ausrüstung auf dem ukrainischen Schwarzmarkt lande.

Einigen dieser Argumente versuchen die republikanischen Ukraine-Unterstützerinnen und -Unterstützern im Kongress entgegenzuwirken, indem sie in Kongressanhörungen die angemessene Verwendung der US-Hilfsmittel überprüfen. Auch McCarthy hatte angekündigt, im Gespräch mit Selenskyj auf die Rechenschaftspflicht einzugehen – ob er damit allerdings die kritischen Republikaner von einer weiteren Hilfszusage überzeugen kann, ist fraglich.

Hoffen auf Erfolge

Denn Trumps Warnung, dass die USA erneut in einen langwierigen Krieg hereingezogen würden, trifft weiter den Nerv vieler Amerikanerinnen und Amerikaner. Trump hat angekündigt, den Krieg innerhalb von 24 Stunden zu beenden, wenn er noch einmal Präsident wird – ohne allerdings Details zu nennen, wie er das zustande bringen würde. Von einer militärischen Pattsituation in der Ukraine vor den Wahlen würde vor allem Trump profitieren. Dementsprechend drängen die Befürworter der Ukraine-Unterstützung auf republikanischer Seite (allerdings auch unter den Demokraten) darauf, die Hilfe massiv aufzustocken, in der Hoffnung, dass diese der Ukraine so bald wie möglich weitere militärische Erfolge ermöglichen.

Klar ist: Die Ukraine-Politik wird die Republikaner weiter spalten und sich auch auf die Vorwahlen für die Kongresssitze auswirken. Dabei könnten sich nächstes Jahr noch mehr Gegner der Ukraine-Unterstützung durchsetzen, sodass die Lobby für die Ukraine insbesondere im Repräsentantenhaus (aber auch im Senat) nach der Wahl 2024 deutlich geringer ausfallen könnte als bisher – unabhängig davon, wer dann Präsident ist.

So weit ist es aber noch nicht, und vorerst geht es Präsident Selenkyj darum, die Unterstützung der Kongressrepublikaner bis zu den Wahlen zu sichern. Ein Anliegen, das auch viele europäische Regierungen teilen – deshalb wurde Selenskyjs Washington-Besuch von ihnen genauestens verfolgt. Denn auch unter ihnen wächst die Nervosität über die Ungewissheit der künftigen US-Unterstützung. (Dominik Tolksdorf, 26.9.2023)