Die Dragqueen Tamara Mascara lässt sich ein Grillhendl im Schweizerhaus schmecken.
Die Dragqueen Tamara Mascara lässt sich ein Grillhendl im Schweizerhaus schmecken.
Katharina Gossow

Der Ort

Ich wohne schon mein ganzes Leben im dritten Bezirk, somit habe ich es nicht weit ins Schweizerhaus. Ich mag diesen Heurigen oder Biergarten mitten im Vergnügungspark Wurstelprater und zeige diesen besonderen Ort auch gerne internationalen Gästen. Wenn man nach einigen Gläsern Wein oder Bier übermütig wird, kann man gleich in ein Fahrgeschäft springen. So spart man sich den Verdauungsspaziergang. Da wird alles ordentlich durchgerüttelt.

Ich bestelle meistens ein Grillhendl oder teile mir mit meinem Freund eine Stelze. Das Essen hier schmeckt wirklich gut. Es ist keine Touristenfalle, wie man an den vielen Einheimischen sieht.

Die Szene

Dass ich in Drag hierherkomme, ist eher die Ausnahme. Die Menschen schauen oft interessiert, einige erkennen und grüßen mich – wahrscheinlich noch von Dancing Stars. Die Sendung und das Schweizerhaus haben anscheinend ein ähnliches Publikum. Aber eigentlich sind Dragqueens eher bei von ihnen veranstalteten Brunches anzutreffen. Da bekommen die Gäste gegen Bezahlung nicht nur Speis und Trank, sondern auch Performances der Queens. Unsere Brunches haben regen Zulauf, da spürt man nichts von der Inflation. Aber ich veranstalte auch Partys.

In der Nachtgastronomie merkt man schon, dass die Leute mit der Teuerung zu kämpfen haben. Sie kommen nicht mehr so oft und konsumieren weniger. Was für die meisten Freizeit ist, ist für mich Arbeit. Darum halte ich mich auf Partys mit dem Trinken ohnedies zurück. Vor allem zum Ende der Nacht trinke ich nur noch Soda Zitron oder höchstens ein Glas Prosecco. Aber der zählt schon fast als Nahrungsmittel und nicht als Alkohol, oder?

Die Erinnerung

Weil wir gerade Hendl essen: Als Kind war ich mit meiner Familie oft in der Lobau schwimmen. Im nahegelegenen Ufergasthaus gab es ein köstliches Backhendl, das war traditionellerweise unser Mittagessen an solchen Badetagen. Der Geruch von trockenem Gras und der vom Backhendl – das ist für mich Kindheit pur.

Das Menü

Diättechnisch ist ein Grillhendl natürlich besser. Als Beilage bestelle ich meistens nur Salat. Bei Kohlenhydraten passe ich ein bisschen auf, weil ich meine Kunstfigur Tamara Mascara schlank sehe. Zu Hause lasse ich das Abendessen ganz aus. Das ist nicht nur gut für die Linie, sondern auch für den ganzen Organismus. (RONDO, Protokoll: Michael Steingruber, 5.10.2023)