"Als ich vor vielen Jahren das erste Mal nach New York kam und bei einem Freund wohnte, lernte ich interessante Leute kennen und lud sie zu einem Abendessen ein. Ich setzte mir in den Kopf, eine jüdische Vorspeise und etwas Wienerisches zu kochen. Vor einem Apfelstrudel sollte es Gehackte Zores geben, eine Hühnerleberpastete, der Name kommt aus dem Jiddischen. Zores bedeutet Sorgen, 'seidene Zores' sind kleine Sorgen und 'gehackte Zores' große. Was die Pastete damit zu tun hat, ist mir ein Rätsel, jedenfalls heißt sie so.

Man braucht dafür sechs bis acht gehackte Hühnerlebern, ebenso viele gehackte Eier und Zwiebel, Gänseschmalz, Salz und Pfeffer. Ich machte mich also auf die Suche nach den Zutaten und ging zu einem Geflügelhändler auf der Second Avenue, wo viele Juden leben. Er schaute mich wissend an und sagte auf Englisch: 'Sie wollen bestimmt Gehackte Zores machen!' Er packte mir alles ein, holte noch aus dem Hinterzimmer zwei Zwiebeln und fragte mich, was sonst noch auf dem Menüplan stünde. So schickte er mich zu einem Obsthändler und einem Bäcker für die Äpfel beziehungsweise den Strudelteig.

Der Dinnerabend wurde ein voller Erfolg. Gehackte Zores habe ich auch einmal mit einer Freundin bei der Buch Wien zubereitet, als ich ein Kochbuch über jüdische Küche herausbrachte. Dort gab es eine Kochbühne, und anstatt zu lesen, haben wir die Zores frisch zubereitet. Als sich der Duft in der Messehalle verbreitete, strömten die Leute scharenweise herbei. Manche Gerichte können Menschen wie die Fliegen anziehen." (RONDO, Michael Steingruber, 6.10.2023)

Autorin Helene Maimann erklärt, was Gehackte Zores sind.
Autorin Helene Maimann erklärt, was Gehackte Zores sind.
Foto: Julia Stix