Serbiens Präsident Aleksandar Vučić.
Droht seit längerem, Sicherheitskräfte in den Kosovo zu schicken: Serbiens Präsident Aleksandar Vučić.
EPA

Seit Monaten häufen sich in Serbien Graffitis mit der Aufschrift "Wenn die Armee in den Kosovo zurückkehrt". Auch die Kriegsrhetorik wurde immer lauter. Serbiens Präsident Aleksandar Vučić und die von ihm kontrollierten Medien behaupten, der Kosovo wolle Serben vertreiben. Vučić wollte mit diesen Lügen einen Vorwand für einen Einmarsch schaffen. Er hatte bereits im Vorjahr die Serben aus den kosovarischen Institutionen abgezogen. Das führte zu einem Sicherheitsvakuum, doch der Westen reagierte nicht.

Seit Monaten droht Vučić damit, Sicherheitskräfte in den Kosovo zu entsenden. Serbische Truppen kamen immer wieder bis dicht an die Grenze. Doch der Westen reagierte nicht. Statt die permanenten Provokationen, Drohungen und Einschüchterungsversuche zu verurteilen, führte die EU Sanktionen gegen den Kosovo ein. Der Regierung unter Albin Kurti wurde vorgeworfen, nicht auf den Rat des Westens zu hören. Gleichzeitig bezeichnete der US-Botschafter in Belgrad, Christopher Hill, Vučić als einen "guten Partner".

Mitschuld an der Eskalation

Diese westlichen Diplomaten tragen wegen ihrer Beschwichtigungspolitik gegenüber Serbien Mitschuld an der Eskalation. Es braucht jetzt dringend eine Kehrtwende der westlichen Politik gegenüber Serbien, wenn man nicht riskieren will, dass die Situation noch gefährlicher wird. Die EU sollte die EU-Verhandlungen mit Serbien abbrechen, Sanktionen einführen, die Geldmittel für das Land einfrieren und die Sanktionen gegen den Kosovo aufheben.

Auch der Dialog zwischen Serbien und dem Kosovo braucht einen Neustart. EU-Vermittler Miroslav Lajčák hat das Vertrauen der Kosovaren verloren, weil er zuletzt ein serbisches Papier als EU-Papier vorlegte und offensichtlich parteilich für Serbien agierte. Lajčák sollte deshalb ausgetauscht werden. Zudem sollte die EU damit aufhören, permanent "beide Seiten" für die Eskalation verantwortlich zu machen. Die Provokationen und die Gefährdung der regionalen Sicherheit gehen nämlich von Serbien aus. Es waren serbische Milizen, die im Kosovo einen Terroranschlag durchführten. Es waren serbische Kriminelle, die Ende Mai die Kfor-Friedenstruppen angriffen und 30 Nato-Soldaten verletzten. Und es waren serbische Kriminelle, die 2018 den moderaten kosovo-serbischen Politiker Oliver Ivanović ermordeten.

Der serbischen Regierung geht es um den alten Plan, ein "Großserbien" zu schaffen, Grenzen auf dem Balkan nach ethnischen Kriterien zu ändern. Deshalb will Serbien den Norden des Kosovo annektieren. Und deshalb ist auch Bosnien-Herzegowina in Gefahr. Serbien will auf hegemoniale Art den Balkan dominieren und verhindern, dass Bosnien und Herzegowina, Kosovo und Montenegro souverän und eigenständig agieren können. Wenn man Grenzänderungen, Gewalt und weitere Destabilisierung verhindern will, braucht es jetzt die richtigen Signale. Effektiv wäre, wenn die Nicht-Anerkenner-Staaten in der EU – Rumänien, Griechenland, Zypern, die Slowakei und Spanien – den Kosovo schnell als Staat anerkennen würden. (Adelheid Wölfl, 2.10.2023)