Time-Slots kennen wir von der Gastronomie aus den USA – sie setzen sich zunehmend auch hierzulande durch.
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Zwischen Gästen und Lokalbetreibern ziehen zurzeit dunkle Wolken auf. War das Verhältnis zwischen ihnen während und nach der Covid-Pandemie von Eintracht und gegenseitigem Unterstützungswillen geprägt, so überwiegen in letzter Zeit eher Misstrauen und Argwohn. Grund für den Unmut sind in erster Linie die allgemein gestiegenen Preise.

Aber auch diverse Maßnahmen und ungewohnte Regeln, die von den Gastronominnen und Wirten ergriffen und eingeführt werden, stoßen bei ihren Gästen auf Unverständnis oder gar Ärger. Pönale zahlen, wenn man die Reservierung nicht einhält, Tische, die man nur für eine gewisse Zeitspanne zugesagt bekommt, oder vorgegebene Degustationsmenüs ohne Wahlmöglichkeit – das kann so manche Restaurantbesucher ordentlich in Rage bringen. Während einige dieser neuen Praktiken tatsächlich zu weit gehen, sind andere bei näherer Betrachtung aber durchaus legitim.

Bezahlen im Voraus

Dabei handelt es sich um eine Bezahlart, die in heimischen Restaurants zum Glück noch sehr selten, anderenorts aber immer öfter praktiziert wird. Und bei der man, ähnlich wie bei einem Konzert- oder Theaterbesuch, den Preis für das fixe Menü bereits bei der Reservierung begleicht. Eine solche Maßnahme könnte man durchaus als schweres Vergehen an der Gastfreundschaft bezeichnen. Ist doch, selbst wenn so mancher selbstverliebte Küchenchef das anders sehen mag, ein noch so gelungenes Abendessen doch etwas ganz anderes als ein Theaterstück. Genau wie ein Gast kein Publikum ist – und ein noch so gut souffliertes Schnitzel noch lange kein Kunstwerk.

Verkostungsmenüs

Es gab Zeiten, da war das Verkostungsmenü in gehobenen Restaurants als eine Art Aufmerksamkeit dem Gast gegenüber gedacht. Der konnte sich dieserart durch eine Auswahl an vom Küchenchef vorgeschlagenen Gerichten durchkosten. Und zwar um einen günstigeren Preis und vor allem nur dann, wenn er es wünschte. Heutzutage verzichten indessen etliche Wirte prinzipiell auf À-la-carte-Gerichte und sind dazu übergegangen, ausschließlich besagtes Verkostungsmenü anzubieten. Was ihnen die Berechnung des Wareneinsatzes erleichtert – und dem Gast die freie Wahl nimmt. In einigen, nämlich den besten unter den gehobenen Lokalen mag das ja auch stimmig sein, in vielen anderen wirkt es eher prätentiös und nimmt dem Restaurantbesuch den Spaß und die Freude. Vor allem dann, wenn die Speisenabfolge mehrere Stunden in Anspruch nimmt und jeder Gang lang und ausschweifend von der Servierkraft erklärt wird.

No-Shows

Heutzutage verlangen zahlreiche Lokale schon bei der Reservierung eine Kreditkartennummer, um Gästen, die ihrer Reservierung nicht nachkommen, ein Pönale zu verrechnen. Das ist prinzipiell okay. Einige Schlaumeier haben nämlich die leidige Angewohnheit, in gleich mehreren Lokalen gleichzeitig zu reservieren. Und sich erst im letzten Moment, oft nach Absprache mit der Begleitung, für eines davon zu entscheiden. Für die Wirte bedeutet ein freibleibender Tisch aber einen erheblichen Umsatzverlust, vor allem dann, wenn ihr Lokal so gut eingeführt ist, dass sogenannte Laufkundschaft gar nicht erst spontan vorbeikommt. Dabei versteht sich von selbst, dass alles seine Grenze haben muss. So sollte besagte Pönale etwa frühestens ab 24 Stunden vor der Reservierung geltend gemacht werden – und generell lediglich auf Abschreckung und nicht auf Strafe abzielen. Also nicht zu hoch sein und keinesfalls den gesamten Betrag eines Verkostungsmenüs entsprechen. Denn das käme ja einer Zahlung im Voraus gleich.

Time-Slots

Time-Slots, bei denen man einen Tisch nur für eine gewisse Zeitspanne zugesagt bekommt, sind eine Unart, die aus den USA stammt und sich auch hierzulande zunehmend durchsetzt. Während man sie für ein Mittagessen und in gewissen Typologien von Lokalen noch irgendwie akzeptieren kann, weicht man für einen netten Abend mit Freunden besser auf ein anderes Lokal aus (solange das noch möglich ist).

Schwadronierendes Servicepersonal

Schwadronierendes Personal? Kann den Magen knurren lassen.
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In der gehobenen Gastronomie macht sich die Unart breit, das Servicepersonal anzuhalten, die Gerichte so ausführlich wie möglich zu beschreiben und ihre Zubereitung in jedem Detail zu erklären. Sodass man sich manchmal fragt: Ja, interessiert es denn wirklich jemanden, wie viele Stunden der Sauerteig für das Brot hat gehen müssen? Oder welcher aufwendigen Techniken es bedurfte, um aus Olivenöl und Yuzu lustige Kügelchen zu formen, die irgendwie an Kaviar erinnern sollen? Dass in Wahrheit einzig das Resultat zählt, sollten genau jene Köche wissen, die sich selbst gerne als Künstler verstehen. Denn wie würden sie denn reagieren, wenn sie während einer Aufführung beispielsweise des Schwanensees erklärt bekämen, wie viel Stunden Training und Proben es für dessen Inszenierung gebraucht hat?

Tischzuweisungen

Die Praktik, den Gästen einen Tisch zuzuweisen, wird oft zu Unrecht als Amerika-Import bezeichnet. Denn auch in Gastrohochkulturländern wie Frankreich oder Italien gilt es als extrem unhöflich, ein Lokal zu betreten und sich einfach irgendwo hinzusetzen. An sie müssen wir uns also wohl oder übel gewöhnen, selbst wenn sie in Café, Bars und anderen Nichtspeiselokalen an Wichtigtuerei grenzen.

Trinkgeld

In den USA ist immer öfter von Tipflation die Rede, also von ausufernden Summen Trinkgeld, die inzwischen von den Gästen erwartet werden. Nun, dass amerikanische Wirte die Bezahlung ihrer Mitarbeiter (in etlichen Fällen auch noch deren Krankenversicherung) an den Gast outsourcen, ist hinlänglich bekannt und kann als Inbegriff der Unkultur in Sachen Gastfreundschaft gelten. Zudem dient Trinkgeld in den USA weniger dazu, die Leistung des Kellners als vielmehr den Charakter des Gastes zu bemessen. Auszuschließen ist allerdings, dass es auch in Europa in naher Zukunft zu derartigen Missständen kommen wird. Gerade in Österreich sind die üblichen zehn Prozent eine ideale Quote, die nicht nur den Kellner zufriedenstellt, sondern auch den Gast gut dastehen lässt – und sich obendrein leicht ausrechnen lässt.

Leitungswasser verrechnen

Viele Gäste werden da spontan gegenteiliger Meinung sein. Aber bei genauerer Betrachtung ist es durchaus legitim, dass ein Lokal einen Preis für Leitungswasser verrechnet (übrigens ist es eine Mär, dass es in Österreich ein Gesetz gäbe, das die Gratisverabreichung eines Glases Wasser für den Lokalbesitzer verpflichtend macht). Immerhin ist ein Lokal ein Dienstleistungsbetrieb, der seine Mitarbeiter, die Reinigung, die Miete etc. bezahlen muss, allesamt Posten, die bei Leitungswasser genauso anfallen wie bei jeder anderen Konsumation. Dass sich der Preis (im Unterschied zur Menge Wasser) dabei in Grenzen halten sollte, versteht sich von selbst. (RONDO, Georges Desrues, 8.10.2023)