Frage: Der Vater meiner Kinder und ich sind geschieden. Unsere Kinder (neun und elf Jahre) verbringen immer eine Woche bei mir und eine Woche bei ihm. Nun hat er den Kindern neue Smartphones mit Zugang zu allen Apps gekauft, ohne es mit mir abzusprechen. Ich finde das nicht gut, meine Kinder sind aber natürlich begeistert. Wie soll ich jetzt reagieren?

Barbara: Das ist eine Situation, die wir sehr oft mitbekommen: Selbst wenn die gemeinsame Obsorge sonst gut funktioniert, führen unterschiedliche Ansichten über die Mediennutzung der Kinder oft zu Konflikten. Es handelt sich eben um ein Thema, das für die meisten Eltern mit vielen Unsicherheiten und Sorgen verbunden ist.

Noch schwieriger wird es, wenn die Gesprächsbasis zwischen den Eltern nicht so gut ist oder digitale Medien im Scheidungskrieg instrumentalisiert werden – zum Beispiel um sich als nachgiebigerer Elternteil beim Kind beliebt zu machen oder sich am Ex-Partner beziehungsweise der Ex-Partnerin zu rächen. Doch Kinder spüren solche Konflikte genau – und reagieren darauf.

Kind am Handy
Wie damit umgehen, wenn mit zwei Haushalten auch zwei Regelsysteme für das Handy eingeführt werden?
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Das kann sich je nach Alter und emotionaler Verfassung unterschiedlich äußern: Manche Kinder sind verunsichert und fühlen sich bei einem wichtigen Thema allein gelassen. Andere versuchen die Situation zu ihrem Vorteil zu nutzen und spielen die Eltern gegeneinander aus, um ihre Interessen durchzusetzen. Oder sie nutzen Handy, Tablet & Co heimlich, um den "strengeren" Elternteil nicht zu verletzen.

Wie kann ich damit umgehen?

Was in solchen Konfliktsituationen wichtig ist: Sie als Eltern sollten immer das Kindeswohl in den Mittelpunkt stellen – auch wenn das oft leichter gesagt als getan ist. Immerhin prallen hier ganz unterschiedliche Bedürfnisse und Befindlichkeiten aufeinander. Versuchen Sie daher zunächst, sich die verschiedenen Bedürfnisse bewusst zu machen, um anschließend klare Regeln aufstellen zu können.

Bedürfnisse ausloten

Schauen Sie ganz konkret: Wozu brauchen Ihre Kinder digitale Geräte? Wichtige Gründe sind etwa, die Beziehungen zu Freund:innen zu pflegen, am sozialen Geschehen in der Klasse oder in Vereinen teilzuhaben oder den Kontakt zu Verwandten aufrechtzuerhalten. Bedenken Sie, dass das soziale Leben heute stark im digitalen Raum stattfindet, und ermöglichen Sie Ihren Kindern eine selbstbestimmte Teilhabe. Fragen Sie sie aber ruhig auch direkt, wofür sie Handy und Internet nutzen möchten!

Setzen Sie sich außerdem mit Ihren eigenen Bedürfnissen und Wünschen auseinander. Inwieweit widersprechen diese den Vorstellungen Ihrer Kinder beziehungsweise Ihres Ex-Partners? Je nach Alter und Lebenssituation der Kinder gilt es hier, die Bedürfnisse sorgfältig abzuwägen: etwa, wenn es darum geht, die Kinder vor den Gefahren des Internets beschützen zu wollen, ihnen aber dennoch die Nutzung sozialer Netzwerke oder Computerspiele mit Gleichaltrigen zu erlauben.

Sicherheit gewinnen und Klarheit vermitteln

Konflikte rund um digitale Themen entstehen oft auch aus eigenen Unsicherheiten – etwa, weil man sich selbst nicht gut damit auskennt oder sich bislang immer der andere Elternteil darum gekümmert hat. Scheuen Sie sich nicht, Unterstützung von außen zu holen, wenn Sie Fragen haben oder sich unsicher fühlen. Der richtige Umgang mit digitalen Medien ist schließlich ein komplexes Thema!

Wenn Sie sich selbst darüber im Klaren sind, was Ihnen im Umgang mit digitalen Geräten wichtig ist, kann Ihnen das aus der Konfliktsituation helfen: Erklären Sie Ihren Kindern, warum Sie welche Entscheidungen treffen und dass Ihr Standpunkt auch ein anderer als der des Vaters sein kann. Je transparenter und klarer Sie Ihre Haltung kommunizieren, desto mehr Sicherheit gewinnen sowohl Ihre Kinder als auch Sie selbst.

Klare Regeln vereinbaren

Damit die Kinder Ihre Entscheidungen nicht nur verstehen, sondern auch umsetzen, braucht es klare Regeln. Natürlich wäre hier eine einheitliche Vorgehensweise mit dem Vater sinnvoll – wenn das nicht möglich ist, können in beiden Haushalten aber durchaus unterschiedliche Regeln gelten. Kinder können sich anpassen, genauso wie sie auch mit unterschiedlichen Sprachen oder Religionen aufwachsen können.

So ist es zum Beispiel möglich, dass Spielkonsolen nur in einem Haushalt vorhanden und erlaubt sind. Bei Smartphones oder Geräten, die in der Schule genutzt werden, ist das natürlich schwieriger – aber auch hier können Sie eigene Regeln festlegen, etwa in Bezug auf die Nutzungsdauer oder den nächtlichen Verbleib der Geräte. Wenn Sie Kinderschutz-Software einsetzen möchten, sollten Sie Ihrem Ex-Partner ein Mitspracherecht einräumen. Sonst besteht die Gefahr, dass eine Art Paralleluniversum entsteht, indem andere Geräte genutzt oder die Einschränkungen anders ausgehebelt werden.

Was beim Aufstellen von Regeln, die nur in Ihrem Haushalt gelten, wichtig ist: Achten Sie darauf, wie Sie diese formulieren und passen Sie auf, den Vater dabei nicht abzuwerten – denn die Abwertung eines Elternteils fühlt sich für Kinder immer so an, als würden auch sie selbst abgewertet werden. Versuchen Sie deshalb, achtsam zu argumentieren, zum Beispiel "Für mich in unserem Haushalt passen die Regeln so nicht".

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Seien Sie eine Ansprechperson für Ihre Kinder

Keine Sorge: Der digitale Erziehungsalltag fühlt sich für viele Eltern überfordernd an – doch Sie müssen keine Expertin auf dem Gebiet sein! Viel wichtiger ist es, Ihren Kindern zu vermitteln, dass sie sich jederzeit an Sie wenden können, wenn Probleme auftauchen. Stehen Sie Ihnen als Ansprechperson zur Verfügung und zeigen Sie Ihnen, dass Sie sich – trotz aller Nutzungsregeln – für ihre digitale Lebenswelt interessieren. (Barbara Buchegger, 6.10.2023)