Rückenansicht einer Person. Sie trägt einen braunen Rucksack, in dem eine israelische Flagge drinsteckt.
Die österreichische Politik zeigt sich mit Israel solidarisch (Symbolbild).
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Der Krieg im Nahen Osten beschäftigt auch Österreich. Die fünf Parlamentsparteien verurteilten den Samstagfrüh gestarteten Großangriff der Hamas auf Israel. Auf dem Bundeskanzler- und Außenamt ist bis Sonntagabend die israelische Flagge gehisst.

Österreichs Politik solidarisch mit Israel

Bundespräsident Alexander Van der Bellen zeigte sich "entsetzt": "Das muss jetzt sofort aufhören!", forderte er auf X, vormals Twitter. "Mein Mitgefühl gilt allen friedliebenden Menschen auf beiden Seiten der Grenze, die unter Bedrohung leben, die Angehörige verloren haben oder verletzt wurden", schrieb Van der Bellen. Der Konflikt könne "nur am Verhandlungstisch gelöst werden".

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) verurteilte "den Terrorangriff der Hamas auf Israel und unschuldige Zivilisten auf das Schärfste". Israel habe das Recht, sich gegen solch heimtückische und massive Attacken zu verteidigen, schrieb er auf X, vormals Twitter. Ähnlich äußerte sich Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP). Vizekanzler Werner Kogler (Grüne) sagte: "Wir stehen in diesen schweren Stunden an der Seite Israels."

Für SPÖ-Chef Andreas Babler ist diese "Gewalt durch nichts zu rechtfertigen." Der "fassungslose" FPÖ-Bundesparteiobmann Herbert Kickl warnte vor der "Gefahr eines Flächenbrandes in der gesamten Region und darüber hinaus". Auch er verurteilte die Hamas-Angriffe und zeigte Mitgefühl mit Opfern und Angehörigen. Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger ist es "unfassbar und intolerabel, dass Krieg und Terror auch hier zurückkehren".

Der designierte israelische Botschafter in Österreich, David Roet, bedankte sich bei den österreichischen Politikern und Politikerinnen für ihre Solidaritätsbekundungen. "In so schwierigen Zeiten braucht man Freunde, die einem zur Seite stehen", sagte Roet zur APA. Er hob das Hissen der israelischen Flagge auf Bundeskanzler- und Außenamt als "sichtbares Zeichen der Solidarität Österreichs mit Israel" hervor. "Wir haben in der Vergangenheit gesiegt und werden auch dieses Mal siegen", sagte Roet.

"Freiheit für Palästina"-Kundgebung in Wien

Für Aufregung sorgten Bilder aus Wien. Laut dem Kollektiv Communique, einem Bündnis von Journalistinnen und Journalisten, gab es am Samstag in der Bundeshauptstadt propalästinensische Kundgebungen. Die Demonstration fand demnach auf dem Ballhausplatz vor dem Bundeskanzleramt statt.

Zuvor waren Aktivistinnen und Aktivisten mit Palästina-Flaggen bereits in der Mariahilfer Straße zu sehen. Neben lauter Musik waren etwa Transparente zu sehen, auf denen etwa "Freiheit für Palästina" stand. Auch ein Infotisch war aufgebaut worden, die Polizei beobachtete die Kundgebung, um die sich ein räumlicher Abstand bildete. Kopfschüttelnde Passantinnen und Passanten einerseits, aber auch offensichtliche Fans hörten verschiedenen Aktivistinnen zu: Ob denn Palästina kein "Recht auf Selbstverteidigung" habe, fragte einer der Redner und fügte hinzu, dass er sich für Österreich schäme, weil man die israelische Flagge auf Regierungsgebäuden gehisst hatte.

Menschen, die angesichts des terroristischen Angriffs auf Israel Kritik an der Veranstaltung übten, wurden feindselig angesehen. Eine Fotografin, die versuchte, die öffentliche Kundgebung mit ihrer Kamera zu dokumentieren, wurde von einigen Frauen aggressiv abgedrängt. Ihr wurde in die Kamera gegriffen, und sie wurde als Rassistin beschimpft, obwohl sie kein Wort gesagt hatte.

Wiens Neos-Chef und Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr schrieb auf X: "Es ist erschreckend und inakzeptabel, dass die Angriffe der Hamas auf Israel in Wien bejubelt werden. Unsere Unterstützung gilt dem israelischen Volk in dieser schwierigen Zeit!"

Leo Kohlbauer, der FPÖ-Bezirksparteiobmann in Mariahilf, zeigte sich über die "auf der Mariahilfer Straße stattgefundene Solidaritätsbekundung für den barbarischen Angriff gegen Israel entsetzt und schockiert". Ein Kanzler Herbert Kickl würde "derartige Terrorsympathisanten kompromisslos abschieben".

Der Ablauf der Kundgebungen sei emotional aber friedlich, ein Einschreiten weitgehend nicht erforderlich gewesen, hieß es von der Polizei auf APA-Anfrage. Versammlungen seien in Österreich grundsätzlich erlaubt, Auflösungsgründe etwa dann gegeben, wenn eine Versammlung den Strafgesetzen zuwiderläuft oder deren Abhaltung die öffentliche Sicherheit oder das öffentliche Wohl gefährdet. Das werde in der aktuellen Situation laufend geprüft.

Die Flaggen und Symbole der Hamas oder der libanesischen Hisbollah-Miliz, die Israel mittlerweile ebenfalls angegriffen hat, sind in Österreich verboten.

Demonstration auch in Berlin

Auch in Berlin-Neukölln haben sich am späten Samstagabend etwa 50 Menschen zu einer laut Polizei propalästinensischen Demonstration versammelt. Die Polizei habe die Menschen überprüft und entsprechende Maßnahmen durchgeführt, sagte ein Polizeisprecher auf Nachfrage.

Auf einem Video auf Instagram, das das antiisraelische Netzwerk Samidoun teilte, war eine Gruppe zu sehen, die Parolen skandierte. Die Organisation hatte am Samstagnachmittag bereits süße Backwaren an Passanten verteilt, "zur Feier des Sieges des Widerstands", wie sie auf Instagram schrieben.

Überwachung israelischer Einrichtungen in Österreich verstärkt

Wegen der Gewalteskalation im Nahen Osten ist indes die Überwachung israelischer Einrichtungen in Österreich verstärkt worden. Der verstärkte Schutz sei angeordnet und bereits Stunden nach Beginn des Großangriffs Samstagfrüh eingeleitet worden, hieß es aus dem Innenministerium. Der Verfassungsschutz stehe in engem Kontakt mit europäischen und israelischen Sicherheitsbehörden.

Die Kooperation zwischen den österreichischen Sicherheitsbehörden und Einrichtungen des Staates Israel auf österreichischem Staatsgebiet sei seit Jahrzehnten erprobt, hieß es weiter. Ebenso bestehe eine "enge Zusammenarbeit mit der israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich". Das Innenministerium habe im Jahr 2023 die Sicherheitsvorkehrungen der israelitischen Religionsgesellschaft in Österreich mit einer Summe von 450.000 Euro gefördert.

"Der Verfassungsschutz geht konsequent gegen jede Form von islamistischen Extremismus und Terrorismus vor. Er bekämpft aber auch jene, die diesen Terrorismus und seine schrecklichen Taten finanzieren bzw. versuchen zu legitimieren", wurde Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) in einer Presseerklärung zitiert.

Auch beispielsweise in Deutschland, der Schweiz, Italien und Frankreich hat die Polizei angegeben, die Sicherheit etwa rund um Synagogen und jüdische Schulen sowie Mahnmale zu verstärken.

Islamische Glaubensgemeinschaft appelliert für Ende der Gewalt

Die Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich (IGGÖ) appelliert in einer Presseaussendung nachdrücklich für ein Ende der Gewalt im Nahen Osten: "Die schockierenden Bilder, die uns seit gestern erreichen, versetzen uns in tiefe Bestürzung. Unsere Gebete und Gedanken sind bei den zahlreichen Opfern im Heiligen Land", betonte IGGÖ-Präsident Ümit Vural am Sonntagvormittag angesichts der beunruhigenden Entwicklungen in der Region.

Die IGGÖ verurteile demnach nicht nur Gewaltexzesse und eklatante Menschenrechtsverletzungen aufs Schärfste, sondern ruft in der Aussendung auch dazu auf, jegliche Form der Gewaltverherrlichung, die vereinzelt auf den Straßen Österreichs zu beobachten ist, zu unterlassen. Gleichzeitig ermahnt die IGGÖ, den Konflikt nicht als Nährboden für Hass und Spaltung innerhalb der Gesellschaft zu nutzen. "Es ist von grundlegender Bedeutung, dass wir uns auf die Werte des Friedens, der Toleranz und des gegenseitigen Respekts besinnen. Religion darf niemals für politische Zwecke missbraucht werden.", lautet es in der Pressemitteilung weiter.

Hunderte Tote

Stand Sonntagmittag forderte der Krieg 300 Tote und etwa 1.600 Verletzte in Israel. Im Gazastreifen wurden bisher 313 Palästinenser getötet und knapp 2.000 verletzt, teilte das dortige Gesundheitsministerium am Sonntag mit. (ag, cms, APA, 8.10.2023)