VfGH-Präsident Christoph Grabenwarter (Mitte) und seine Verfassungsrichterkollegen und Kolleginnen bei der öffentlichen VfGH-Verhandlung zum ORF-Gesetz im Verfassungsgerichtshof in Wien
Der Verfassungsgerichtshof hat die Besetzung der ORF-Gremien für teils verfassungswidrig erklärt.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die Gremien des ORF sind verfassungswidrig besetzt, sagt das Höchstgericht. Und die ÖVP hat, unter der Hand vorerst, schon eine pragmatische Lösung: Eine "kleine Reform" macht's wieder gut.

ÖVP-nahe Stiftungsräte haben die alleinige Mehrheit im Entscheidungsorgan des öffentlichen Medienkonzerns, sie bestimmen das Management, Budgets und ORF-Beitrag. Deshalb war die ÖVP bis zum Erkenntnis zu keiner Reform bereit. Nun stellen die Verfassungsrichter ein "deutliches Übergewicht" der Bundesregierung im Stiftungsrat fest und eine Dominanz des Kanzlers bei der Auswahl der Publikumsräte.

Die "kleine Reform" könnte sich aus bürgerlicher Sicht damit begnügen, dem Publikumsrat drei Mandate mehr im Stiftungsrat zu geben. Mehr direkte Entsendungen in den Publikumsrat, etwas weniger Auswahl durch den Kanzler. Und ein paar Kriterien ins Gesetz, die Pluralismus versprechen. Basta.

Noch jeder Kanzler hielt an der gesetzlich institutionalisierten Hoffnung auf Einfluss im ORF fest – bis er als Ex-Kanzler überrascht feststellte, dass sein Nachfolger den ORF mit denselben Möglichkeiten nach seinen anderen Wünschen zu besetzen und auszurichten versucht. Die Verfassungsrichter liefern jetzt den Anlass, eine viel grundlegendere Entpolitisierung des ORF anzugehen. Man müsste die Chance nur nutzen. (Harald Fidler, 10.10.2023)