Fluss aus der Vogelperspektive
Der Ruki-Fluss schlängelt sich durch Torfmoore und unberührten Regenwald.
Matti Barthel / ETH Zurich

Wer denkt, der Hallstätter See sei dunkel, hat den Ruki noch nicht gesehen. Das träge dahinfließende Wasser des Flusses im Kongobecken ist so schwarz, dass man die eigene Hand nicht sieht, wenn man sie eintaucht. Ein internationales Forschungsteam hatte den Nebenfluss des mächtigen Kongostroms während einer Forschungsreise entdeckt, bei der sie eigentlich den Kohlenstoffkreislauf im Kongobecken untersuchten. "Die Farbe des Flusses hat uns tief beeindruckt", sagt Travis Drake von der ETH Zürich, Erstautor einer im Fachmagazin "Limnology and Oceanography" veröffentlichten Studie.

Der 105 Kilometer lange Ruki sei möglicherweise der schwärzeste aller großen Schwarzwasserflüsse der Erde, schließen die Forschenden nach einem Vergleich mit anderen tropischen Strömen. Er sei jedenfalls dunkler als der berühmte Rio Negro im Amazonas. Schwarzwasserflüsse, die üblicherweise eine bräunliche Farbe haben, gehören neben Weißwasserflüssen, deren Wasser eher lehmfarben erscheint, und Klarwasserflüssen, die eine gelb- bis olivgrüne Färbung aufweisen, zu den drei in den Tropen dominierenden Flusstypen.

Landkarten von Kongo
Das Ruki-Becken liegt mitten in der Demokratischen Republik Kongo (A). Das Flussnetz im Ruki-Becken (B) umfasst zahlreichen Nebenflüsse.
Illustration: Drake TW, et al., Limnology & Oceanography, 2023

Dunkle Abgründe

Dabei hängt die Farbe eines Flusses – abgesehen von seiner Tiefe und der Bedeckung des Himmels – vor allem von dem ab, was er alles mitführt. Nähr- und Schwebstoffe sowie Sedimentpartikel können das einfallende Sonnenlicht reflektieren, verschiedene organische Substanzen hingegen färben das Wasser dunkler.

Um herauszufinden, warum der Ruki so schwarz ist, nahmen die Forscher ein Jahr lang Wasserproben und maßen Pegelstände und Abflussmengen. Der Fluss, der mitten in einem ursprünglichen Regenwald liegt und mit einer Breite von einem Kilometer in den Kongo mündet, ist zwar seit den 1930er-Jahren bekannt, wurde jedoch noch nie wissenschaftlich untersucht. Es zeigte sich, dass das Wasser so dunkel ist, weil der Fluss aufgrund seines geringen Gefälles kaum Sedimente mitführt, dafür aber große Mengen an gelösten organischen Stoffen enthält. Den Analysen zufolge enthält der Ruki viermal mehr gelöste organische Kohlenstoffverbindungen als der Kongo und anderthalbmal mehr als der Rio Negro im Amazonas.

ETH Forschende entdecken einen der dunkelsten Flüsse der Welt
Schweizer Forschende wollten den Kohlenstoffkreislauf des Kongobeckens erkunden und stießen dabei auf einen der dunkelsten Schwarzwasserflüsse der Welt: den Ruki.
ETH Zürich

Kohlenstoffspeicher

Die kohlenstoffhaltigen Substanzen gelangen vor allem mit dem Regenwasser in den Fluss, berichten die Forschenden. Der Regen fällt auf abgestorbene Dschungelvegetation und löst dabei organische Verbindungen aus totem Pflanzenmaterial. Zudem überflutet der Fluss in der Regenzeit den Wald. Das Wasser steht dann oft wochenlang hüfttief über dem Waldboden und fließt nur sehr langsam ab. Dabei reichert es sich mit organischen Substanzen an. "Der Ruki ist eigentlich Dschungeltee", sagt Drake.

Entlang des Flusses liegen zudem große Torfmoore, die gigantische Mengen an abgestorbenem, nicht zersetztem Pflanzenmaterial enthalten, also bedeutende Kohlenstoffspeicher sind. Derzeit geben diese Torfmoore aber nur sehr wenig organisches Material in den Ruki ab, weil die Moore fast das ganze Jahr hindurch unter Wasser liegen und somit keinen Sauerstoffkontakt haben, berichten die Forschenden. Allerdings hätten Veränderungen in der Landnutzung, wie zum Beispiel die Rodung von Wäldern, große Auswirkungen. Dadurch könnten Torfmoore trockenfallen und dann von Bakterien zersetzt werden. Dabei würde sehr viel CO2 freigesetzt. "Die Torfmoore im Kongobecken speichern rund 29 Milliarden Tonnen Kohlenstoff", gibt Matti Barthel, Mitautor der Studie, zu bedenken. "Für das Klima ist es besser, wenn sie nass bleiben." (kri, 18.10.2023)