Rom? Kennt jeder. Venedig? Überlaufen. Florenz? Ditto. Es gibt Orte in Italien, die stöhnen unter den Touristenmassen. Und dann gibt es solche, die kaum ein Reisender auf dem Radar hat.

Das möchte der Verein I borghi più belli d'Italia ändern und hat eine Initiative gestartet, die Dörfer und Ortschafen ins Rampenlicht zu rücken, die abseits der touristischen Trampelpfade einen Besuch wert sind. Seit 2021 hat der Verein schon 354 solcher Borghi in seine Liste aufgenommen. Qua Definition handelt es sich bei einem Borgo aber nicht einfach nur um ein Dorf, sondern um eine "faszinierende italienische Kleinstadt, die im Allgemeinen befestigt ist und aus der Zeit vom Mittelalter bis zur Renaissance stammt".

Heuer sind sechs weitere Kleinode hinzugekommen. Wir stellen sie hier kurz vor.

Fontainemore, Aosta

Das Dorf im Aostatal punktet mit seiner reizvollen Natur, ist umgeben von dichten Wäldern. Eine alte Brücke aus dem Mittelalter mit einem einzigen Brückenbogen von 22 Meter Länge führt zur Gemeindekirche Sant'Antonio. Die Kirche wurde im 16. Jahrhundert auf den Überresten der alten, durch Steinlawinen zerstörten Kirche aus dem 14. Jahrhundert, neu aufgebaut. Der Fluss Lys rauscht durch die Ortschaft. Das alles muss man sich vor einer imposanten Bergkulisse vorstellen.

Der Ort teilt sich in zahlreiche gut erhaltene Dorfteile auf. Seinen Namen verdankt er sehr wahrscheinlich einem antiken Brunnen namens "Fontaine de Saint-Maur". Gleich hinter dem Ort kann man "Les Gouffre de Guillemore" besuchen, eine tiefe, von der Lys in Stein gegrabene Schlucht, an deren Stelle das Wasser einen beeindruckenden Sprung macht.

Im Jahre 1993 wurde das Naturreservat am Mont Mars gegründet, das sich am Fuß des Berges entlang vieler Seen und Torfmoore erstreckt. Durch die Gegend schlängelt sich der lange Pfad, auf dem die Prozession von Oropa stattfindet, die älteste ihrer Art im Aostatal.
Es können Ausflüge mit unterschiedlichem Schwierigkeitsgrad unternommen werden, die zu den Gipfeln rund um Fontainemore führen. Kurze Spaziergänge enden in den uralten, im gesamten Gebiet verstreuten Dörfern.

Clusone, Lombardei

In der Provinz Bergamo, in den Bergen der Lombardei gelegen, befindet sich das beschauliche Dorf Clusone. Eines der bekanntesten Merkmale von Clusone ist die prächtig gestaltete "Orologio dei Morts", die "Totenuhr". Sie prangt am Glockenturm des Rathauses über der Piazza dell'Orologio. Der Mathematiker Pietro Fanzago hat die astronomische Uhr 1583 entworfen. Das Zifferblatt zeigt nicht nur die Uhrzeit, sondern auch die Phasen des Mondes und die Zeichen des Tierkreises an.

Ein weiteres Wahrzeichen des Dorfs ist die Basilika Santa Maria Assunta. Sie enthält künstlerische Schönheiten und Dekorationen im Barockstil wie vergoldete Stuckverzierungen und kostbare Marmoraltäre. 1961 verlieh Papst Johannes XXIII. der bedeutenden Kirche den Ehrentitel "Basilica minor". Die Kirche beherbergt auch ein Museum, das an und vor Feiertagen mit freiem Eintritt besucht werden kann.

Rund um Clusone gibt es zahlreiche Möglichkeiten zum Wandern, Radfahren und Erkunden der Natur. Das nahe gelegene Seriana-Tal und das Presolana-Massiv etwa sind beliebte Ziele für Outdoor-Aktivitäten.

Wenn man lieber einen ruhigen Spaziergang unternehmen möchte, dann bietet sich der Pinienwald von Clusone zum Lustwandeln an, schlägt das Reisemagazin "Reisereporter" vor. Er wurde bereits 1922 in den Katalog der "Naturschönheiten Italiens" aufgenommen. Verschiedene Routen führen durch den schattenspendenden Wald hindurch, in dem Findlinge und auch der Abenteuerpark "Parco Avventura in Pineta" auf einen Besuch warten.

Nemi, Latium

Von Rom aus braucht man mit dem Auto nur rund eine Stunde in dieses mittelalterliche Dorf in den Albaner Bergen. Nemi befindet sich im Gebiet und gleichnamigen Regionalpark Castelli Romani. Umgeben von Wäldern thront der Brogo oberhalb des Vulkansees Lago di Nemi. An seinem Ufer wurde in der Antike die Göttin der Jagd und des Waldes, Diana, verehrt. Heute ist das Heiligtum der Diana Nemorensis eine archäologische Ausgrabungsstätte. Das geschichtsträchtige Dorf zeichnet sich durch seine kleinen Plätze, pastellfarbenen Häuschen und Türmchen sowie schmalen Gassen mit Kopfsteinpflaster und aneinandergereihten Kunsthandwerksläden aus.

Vervollständigt wird das Stadtbild durch die Burg Castello Ruspoli, deren etwa 40 Meter hoher Turm über den Dächern des Orts aufragt. In Privatbesitz befindlich, ist sie für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Auf der Piazza del Crocifisso am Ortseingang kann dafür die kleine Kirche Santuario del Crocifisso besucht werden. Sie wurde 1637 zusammen mit dem angrenzenden Kloster von Mario Frangipane erbaut.

Bekannt ist Nemi auch als Erdbeerdorf. Denn die Früchte gedeihen dort offenbar ganz hervorragend und bilden die Grundlage für Desserts, Marmeladen und Likör.

Caldes, Trentino

Der Ort im Val di Sole im Trentino liegt Caldes. Bekannt ist der Ort für seine mittelalterliche Burg aus dem 13. Jahrhundert. Das Castel Caldes beherbergt wechselnde Ausstellungen und bietet eine Reihe von Veranstaltungen, darunter Shows, Konzerte sowie Führungen und Workshops für Familien an. Wem das zu langweilig ist, kann sich beim Rafting auf dem nahegelegenen Fluss Noce oder dem Baum- und Hängeparcours im Abenteuerpark "Trentino Wild Park" austoben.

Barolo, Piemont

Barolo, wo der gleichnamige Wein herkommt.
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Eine Autostunde von Turin entfernt liegt Barolo im Piemont. Bekannt für den gleichnamigen Rotwein thront der Ort auf einem Plateau über den Weinbergen. Selbstverständlich dreht sich hier fast alles um den edlen Tropfen. So beherbergt das mittelalterliche Schloss Barolo das Weinmuseum, entlang der Weinstraße, der Strada del Baroloe grandi vini di Langa, lässt sich die umliegende Landschaft erkunden – inklusive des einen oder anderen Weinkellers.

Maratea, Basilikata

Maratea ist eine Gemeinde mit rund 5.000 Einwohnern in der Provinz Potenza, die zur süditalienischen Region Basilikata gehört. Sie liegt an den Hängen des Berges Monte San Biagio und ist einer der Hauptorte am Golf von Policastro, einem Teil des Tyrrhenischen Meeres. Rund um die Gemeinde erstrecken sich die Nationalparks Cilento und Vallo di Diano, Val d'Agri sowie Pollino.

Zu den bedeutendsten Sehenswürdigkeiten in Maratea zählen die Christus-Statue Christo Reddentore, der Palazzo de Lieto sowie eine Vielzahl von Sakralbauten, darunter die Basilica di San Biagio, die der Gemeinde den Beinamen "Stadt der 44 Kirchen" eingebracht haben. Außerdem gelten die Strände in und um Maratea als die schönsten der Basilikata. (red, 19.10.2023)