Akten
Nach den aufgedeckten Grundstücksdeals stellt sich die Frage, welche Beweise für Schnäppchenkaufe wohl noch in verstaubten, österreichischen Archiven lagern.
imago stock&people

Eine lästige Woche war das für die Wiener SPÖ. Solange die Journaille nur in der niederösterreichischen Abteilung des Grundbuchs herumblätterte und den Geschäftsgang des Grafenwörther Bürgermeisters Alfred Riedl öffentlich nachvollzog, war die Welt ja noch in Ordnung.

Jetzt ist aber die Endlosserie "Politfunktionäre im Immobilienglück" um ein Kapitel erweitert worden, und zwar um eines, in dem der rote Städtebundchef Thomas Weninger eine prominente Rolle spielt. Rechtlich war bei seinem günstigen Grundstückserwerb in Penzing sicher alles in bester Ordnung, jedoch: Die Optik macht wieder Scherereien. Immer die Optik! Nur ihretwegen wirbelt diese Causa so viel Staub auf.

Gutes Händchen

Seit die Kunde von Weningers gutem Händchen umgeht, verfestigt sich in der Partei die Überzeugung: So geht das nicht weiter. Nicht die Grundstückskauferei, sondern die Informationen, die darüber verbreitet werden. Gemeinderätin Barbara Novak betont jedenfalls, wie schrecklich es sei, wenn Medien aufgrund "irgendwelcher Informationen" damit anfangen, "Menschen zu verfolgen", und spielt so auf die Nonchalance an, mit der Weningers harmloser Schnäppchenkauf der Herde heimischer Neidhammel zum Fraß vorgeworfen wurde. Dabei wäre nichts verhackt, wenn man sich großzügiger gäbe und die 290.000 Euro, die Weninger bei der Veräußerung seines Grundstücks erzielt hat, als eine Art Kleinverdienerzuschuss für darbende Politfunktionäre begreifen würde. Zudem hat Riedl noch viel mehr eingestreift!

Wie recht Novak doch hat: Die Menschenverfolgung aufgrund "irgendwelcher Informationen" ist ein gesamtösterreichisches Krebsübel. Selbst die Finanzämter lassen sich ungeniert dazu hinreißen, in Grundbücher, Steuererklärungen oder Geheimkonten hineinzuschnüffeln, um mit irgendwelchen Informationen, die sie aus dieser Tätigkeit beziehen, Menschen zu verfolgen.

Transparenzexzesse also, so weit das Auge reicht. Hinz und Kunz schauen ins Grundbuch, und die Medien bringen Informationen. Gegensteuern könnte man am besten mit saftigen Antitransparenzgesetzen und indem man das Grundbuch wieder zu einem Buch mit sieben Siegeln macht. Nicht jeder würde davon profitieren, aber doch alle, die die Jobkombination Politik plus Immobilienhandel ausüben. (Christoph Winder, 21.10.2023)